Lord Camerons Versuchung
lassen.«
Giorgio hatte sich an Cameron gewandt, um ihm eine Frage über Pferde zu stellen, und die beiden Männer waren bereits in ein Gespräch über dieses Thema vertieft.
Ich war bereits verdorben, liebe Phyllida. Cameron hat nur dafür gesorgt, dass ich es akzeptiere.
»Sicherlich hätten Sie das Geld auch ohne Erpressung zusammenbringen können«, sagte Ainsley.
»Ganz und gar nicht. Meine sogenannten Freundinnen waren so aufrecht und engstirnig wie Sie. Sie gehorchen lieber den Regeln und leben im Elend, als sich mutig ein paar Augenblicke des Glücks zu gönnen. Außerdem wollte ich Ihre Kleine Majestät dafür bestrafen, dass sie mich in eine Ehe mit einem eiskalten Mann gezwungen hat. Für Mr Chase ist eine Ehefrau nicht mehr als eine Maschine, die neben ihm steht und die rechten Dinge zur rechten Zeit sagt – um ihm zu nutzen. Ich bin überrascht, dass er mich abends nicht in eine Vitrine gestellt und jeden Morgen wieder aufgezogen hat.«
»War Signor Prario das Glück, um das die Königin Sie gebracht hatte?«, fragte Ainsley, die sich an ihr Gespräch im Garten erinnerte. »Der Grund, aus dem Sie Mr Chase heiraten mussten?«
»Nein, nein, Giorgio habe ich erst vor einem Jahr kennengelernt. Aber es war eine ähnliche Situation – vor zehn Jahren hat mich der hinreißendste Mann der Welt gebeten, ihn zu heiraten, aber die Königin hat mir ihre Zustimmung verweigert. Er war nicht reich und nicht hochgeboren genug, um sich über die Einwände der Königin hinwegzusetzen, und sie hat meine Familie überredet, sich auf ihre Seite zu stellen. Ich war zu jung und zu ängstlich, um mit ihm davonzulaufen. Er ist seit Langem fort, in Amerika, wahrscheinlich ist er inzwischen mit einer anderen verheiratet. Mr Chase suchte zur selben Zeit nach einer gesellschaftlich angesehenen Ehefrau, und die Königin hat meine Familie beeinflusst, mich mit ihm zu verheiraten. Unsere gute Victoria hat mich für zehn lange Jahre in Kummer und Elend gestoßen. Daher habe ich beschlossen, dass sie ein wenig dafür leiden sollte, auch wenn sie wohl nie ganz begreifen wird, was sie mir angetan hat.«
Ainsley verstand diesen Beweggrund durchaus. Phyllida war eine sehr emotionale Frau, und an einen Mann gekettet zu sein, der kein Interesse an ihr hatte, musste sehr, sehr hart gewesen sein. Ainsleys Heirat mit John Douglas hatte nicht ihrer eigenen Wahl entsprochen, aber zumindest war er ein sehr angenehmer Mann gewesen. Freundlich und nett hatte er sein Bestes getan, um seine junge Braut glücklich zu machen. Dass er damit keinen allzu großen Erfolg gehabt hatte, war nicht seine Schuld.
Eines jedoch verstand Ainsley bei der Sache nicht. »Wenn Sie Signor Prario so sehr lieben, Phyllida, warum haben Sie dann etwas mit Cameron angefangen?«
Phyllida wischte die Frage mit einer Handbewegung zur Seite. »Weil Cameron den Ruf hat, seinen Ladys sehr teure Geschenke zu machen.« Phyllida schaute bezeichnend auf Ainsleys Brillantkette, und Ainsley hörte auf, die Kette zu befingern. »Giorgio und ich wollten fort, aber keiner von uns hatte auch nur einen Penny. Er hat Geld durch das Singen verdient und ich auf die einzige Weise, die ich kannte – durch andere Männer. Cameron ist sehr großzügig, das müssen Sie zugeben.«
»Und Signor Prario hat das nicht gestört?«
Giorgio war jetzt völlig von der Diskussion mit Cameron in Anspruch genommen, die sich dem Sport im Allgemeinen zugewandt hatte. Er sah nicht im Mindesten betrübt darüber aus, dass Cameron einst der Liebhaber seiner Geliebten gewesen war.
»Giorgio weiß, dass ich ihn bis zum Wahnsinn liebe«, sagte Phyllida. »Er weiß, dass Leute wie wir Gönner brauchen – bei Sängern verhält es sich da nicht anders als bei Frauen. Er hat jetzt die Gönnerschaft eines älteren Franzosen gewonnen, der für junge Tenöre schwärmt. Deshalb haben wir keine Geldsorgen.« Phyllida sah Ainsley direkt in die Augen. »Meine Liebe, Sie wissen nicht, wie es ist, nachts mit einem Mann einzuschlafen, der sie anbetet. Am Morgen die Augen aufzumachen und ihn zu sehen und zu wissen, dass der Tag mit Entzücken gefüllt sein wird. Es ist ein Segen.«
Nein, Ainsley wusste nicht, wie das war. Sie musste den Blick abwenden und schützte Interesse an dem letzten Tropfen Champagner in ihrem Glas vor.
Phyllida sprach weiter, ohne dass ihr bewusst geworden war, an welch heikles Thema sie gerührt hatte. »Ich kann jetzt schon sagen, dass Sie gut für Cameron sind – Himmel, er hat Sie
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