Lord Camerons Versuchung
Hotel in einem der nicht so mondänen Viertel abgestiegen. Rona war recht ängstlich gewesen und hatte sich nicht weit weg vom Hotel gewagt, deshalb hatte Ainsley nur wenig von Paris gesehen.
Cameron zeigte ihr eine neue Welt. Er führte sie in Geschäfte, die alles verkauften, was ein Hausbesitzer sich nur wünschen konnte, zu Kunsthändlern, die bestrebt waren, Cameron das Allerbeste zu verkaufen, und in Läden, die mit teuren Kunstobjekten handelten. Ainsley konnte fertige Kissen kaufen oder welche nach ihrem Geschmack bestellen. Das tat sie auch, aber schließlich ging sie doch in ein Geschäft, das sich auf luxuriöse Stickgarne spezialisiert hatte, und stattete sich mit einem neuen Stickkorb aus, gefüllt mit allem, was sie brauchte. Es war einfach wunderbar.
Sie aßen in einem Café zu Mittag, und Ainsley entdeckte noch etwas, was in Paris besonders gut war – Kuchen. Ainsley liebte Kuchen, und die süßen Gebäckstücke mit ihren vielen dünnen, durch Schokolade oder Konfitüre oder Sirup getrennten Teigschichten befriedigten ihre Seele. Sie aß ein extra großes Stück während ihrer vierten Einkaufstour und leckte die Gabel ab, als sie aufsah und bemerkte, dass Cameron sie amüsiert beobachtete.
Ainsley zuckte die Schultern. »Ich liebe Kuchen.«
»Paris hat die besten Kuchen«, erklärte Daniel und machte sich über sein zweites Stück her. »Jedes Café an diesem Boulevard bietet seine eigene Spezialität an. Du kannst hier auf und ab gehen und jeden Tag eine andere probieren.«
Ainsley lächelte. »Dann lass uns genau das tun.«
Cameron lachte, und sein Lachen klang warm. Es war das erste Mal, dass er so herzlich lachte, seit Ainsley in Doncaster zu ihm in den Zug gestiegen war. Ainsley freute sich über dieses Lachen, während sie auch noch das letzte Krümelchen Schokoladencreme zu erwischen versuchte.
An jenem Abend entführte Cameron sie in eine weitere neue Welt, eine, die Ainsley nur aus den Magazinen kannte, die sich mit dem Leben der oberen Zehntausend beschäftigten. Cameron selbst suchte aus, was sie anziehen sollte – ein Satinkleid in Dunkelrot und Silber, von dem Isabella sich vorgestellt hatte, es könne gut zu der Brillantkette aussehen, die Cameron Ainsley in Kilmorgan geschenkt hatte.
»Das ist wohl kaum matronenhaft zu nennen«, sagte sie, als Cameron ihr das Collier umlegte und das Schloss zuschnappen ließ.
Camerons Blick begegnete ihrem im Spiegel des Frisiertisches. »Nie mehr etwas Matronenhaftes für dich, Ainsley MacKenzie. Du bist eine wunderschöne Frau. Ich will, dass alle sehen, wie schön du bist, und mich beneiden.«
»Ich habe einen Scherz gemacht.«
Er küsste ihren Nacken. »Aber ich nicht.«
Ainsley fand es schwindelerregend, so gar nicht wie sie selbst auszusehen, als Cameron sie in das Pariser Nachtleben einführte, in die Welt der Avantgarde. Und noch schwindelerregender war es, Cameron an ihrer Seite zu haben, in seinem schwarzen Frack und dem Kilt in den Farben der MacKenzies. Er war ein mächtiger Mann von rauer Attraktivität, und er gehörte jetzt ihr. Die Frauen sahen sie voller Neid und Neugier an und fragten sich, wer wohl das blonde Nichts war, das den begehrten Lord Cameron eingefangen hatte.
»Ich möchte nachher noch Kuchen essen«, sagte Ainsley, als sie im Restaurant
Drouant
Champagner tranken. »Den aus Schokolade mit der Cremefüllung. Ich glaube, es ist mein Lieblingskuchen, aber ganz sicher bin ich mir nicht. Ich muss noch sehr viele andere probieren.«
Über Kuchen zu reden war unverfänglich. Wann immer Ainsley bis jetzt die Rede darauf gebracht hatte, das Bett miteinander zu teilen, hatte sich Camerons Blick verhärtet, und er hatte das Thema gewechselt. Seine Laune verschlechterte sich, sobald Ainsley das Wort Bett erwähnte. Ihre Gespräche hatten sich daher auf Belanglosigkeiten reduziert, und wenn sie sich liebten, war es intensiv, aber ohne viele Worte.
»Die meisten Frauen schlendern die Boulevards entlang, um Schmuck und Hüte zu kaufen«, sagte Cameron jetzt. »Du steuerst direkt auf die nächste Boulangerie zu.«
Ainsley passte sich seinem lässigen Ton an. »Vielleicht ist das so, weil wir in Miss Pringles Exklusiver Akademie nur sehr wenig Kuchen bekommen haben. Ich habe dort begriffen, dass ich ihn mir stehlen musste, wenn ich welchen haben wollte.«
»Das ist also die Erklärung für deine kriminelle Ader.«
»Der Kuchen war es wert, gestohlen zu werden, damit du es nur weißt. Die Köchin war Französin, und sie
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