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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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»Du wirkst verwirrt. Soll ich mich für eine Weile aus der Frau zurückziehen und ihr Bewußtsein reaktivieren? Willst du dich mit ihr paaren?«
    »Bitte?!«
    »Ich habe gehört, daß ihr es betreibt, um euch zu entspannen …«
    »Das ist nicht witzig, Gamma!«
    Mein Mentor wandte sich ab, sah eine Weile hinaus aufs Meer. »Nun ja«, meinte er dann, »komm mit, ich will dir etwas zeigen.«
    »Warte«, sagte ich und hielt ihn am Arm fest.
    »Also doch Entspannung?«
    »Nein!« Die Vorstellung, daß Gamma erpicht darauf war, einen solchen Akt aus ›wissenschaftlichem Interesse‹ in Prills Körper mitzuerleben, erfüllte mich mit Abscheu. »Was war das für eine Höllenmaschine, die uns auf dem Grat angegriffen hat?«
    »Ein Dragger. Seine Attacke galt allerdings nur dem Klon der Frau. Du bist zu wertvoll. Nikobal hätte dir kein Härchen gekrümmt.«
    »Ich empfand es nicht so.«
    »Sie haben es hauptsächlich auf mich abgesehen. In unserem Interesse mußte ich das Implantat in Sicherheit bringen. Leider konnte ich den Übergang nicht mehr schließen. Man wird Assembler auf uns ansetzen. Sie sind uns mit Sicherheit schon auf den Fersen. Wenn sie hier auftauchen, sollten wir uns besser nicht mehr auf dieser Ebene aufhalten.«
    »Dragger, Assembler – das klingt, als wären die Lords in der Baubranche tätig.«
    »Damit liegst gar nicht mal so falsch«, erklärte Gamma zu meiner Verwunderung. »Beide Modelle waren ursprünglich automatisch agierende Hilfsmaschinen, geschaffen für den Bau einer Konstruktion, die sich BRAS-Raum nennt. Die Dragger besaßen die Funktion von Transportern, die gewaltige Baufragmente zu ihren Montageplätzen beförderten. Die Assembler fügten diese Fragmente zusammen. Die Läufer bewegten sich seinerzeit in Legionen innerhalb dieses Bauwerks, um Kleinteile zu transportieren und die Montage zu unterstützen. Die winzigen Stationsläufer hingegen waren für die Elektronik sowie die Mikro- und Nanotechnologie der Anlage zuständig. Im Grunde sind diese Maschinen nichts weiter als modifizierte Fabrikationsroboter, fast so, als würde man einen Bulldozer deiner Zeit nach einhundert Jahren umrüsten, um ihn als Kampfmaschine gegen Aggressoren einzusetzen.«
    »Pflugscharen zu Schwertern«, sinnierte ich. »Und dieser BRAS-Raum …?«
    Gamma schüttelte den Kopf. »Wenn wir unser Ziel erreicht haben, erkläre ich dir, was es damit auf sich hat. Die Assembler sind nun keine Monteure mehr, sondern Jagdmaschinen. Und eine Gelegenheit wie diese bietet sich den Lords nicht alle Tage.«
    »Dann handelst du nicht im Interesse des Sublime?«
    Gamma grinste. »Sagen wir mal so: Ich handele nicht im Interesse der Lords. Dort, wo du herkommst, würde man mein Leitmotiv mit ›den Teufel zur Taufe tragen‹ umschreiben.«
    »Aber …?«
    »Dies ist nicht der geeignete Ort für Erklärungen«, entschied Gamma. »Willst du zurück auf die Erde oder nicht?«
    »Natürlich!«
    »Dann vertraue mir, Stan. Folge mir zur nächsten Kolonie. Es ist nicht weit.«
    Ich studierte die Einöde. Falls es in der Nähe eine Station oder Siedlung gab, mußte sie unter der Erde liegen – oder hinter dem Horizont. Und bis dorthin war es durchaus weit. Gamma lief forschen Schrittes voraus. Ich hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Nach etwa einer halben Stunde Fußmarsch war von besagter Kolonie noch immer nichts zu sehen, und ich begann an Gammas Entfernungssinn zu zweifeln. Er schien jedoch von der Sinnhaftigkeit seines Tuns überzeugt zu sein. »Nur noch um die Ecke!« verkündete er und deutete auf den sich schnurgerade in die Ferne erstreckenden Deich.
    Ich fuhr mir mit der Hand über die Augen und betrachtete eine Weile meine Füße beim Gehen. Gamma bog unvermittelt vom Weg ab und folgte einem Querpfad, der den Deich hinab ins Hinterland führte. Nachdem ich ihm vielleicht zweihundert Meter in die Steppe gefolgt war, bemerkte ich eine Veränderung. Sie begann als hauchdünner Dunstschleier, der vor uns über der Landschaft lag. Er erstreckte sich über Hunderte von Metern und gewann an Dichte, je näher wir ihm kamen. Aus dem Dunst wurde Nebel, aus dem Nebel bildeten sich Formen, aus den Formen Gebäude. Schließlich liefen wir über eine breite, sandige, von wuchtigen Sandsteinkuppelbauten gesäumte Straße. Ungeachtet des Regens, der in den letzten Minuten wieder eingesetzt hatte, herrschte auf ihr reges Treiben. Fassungslos betrachtete ich die buntgekleideten Menschen und die Fassaden der Gebäude. Die Kleidung der

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