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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Heißluftballon. Ich erkannte keinerlei Struktur auf dem Flugkörper, er war einfach nur schwarz. Das, was an seiner Unterseite hing, konnte alles mögliche sein; Fangarme, Fangklauen, Beine, Greifzangen, Antennen, Kanonen – sie befanden sich in ständiger Bewegung. Einige der Metalltentakel mochten gut und gern fünfzig Meter lang sein.
    Gamma zischte etwas in einer vokallastigen Sprache, die ich nicht verstand. »Das ist Nikobal«, fügte er für mich verständlich hinzu. »Sieht aus, als wäre er mächtig sauer. Innerhalb der Projektebenen einen Dragger einzusetzen, kommt schon einer Verzweiflungstat gleich.«
    »Was jetzt?«
    »Rennen!« antwortete Gamma und stürmte bergauf. »Renn, so schnell du kannst!«
    »Können wir dieses Ding nicht mit dem Strahler vom Himmel holen?« rief ich und zog die Waffe aus der Jacke.
    Zwei funkelnde Sterne lösten sich aus der Schwärze, schossen rasend schnell auf uns zu.
    »Vergiß den Strahler«, rief Gamma. »Lauf!«
    Das letzte Wort wurde von einer Zwillingsdetonation verschluckt, die den Bergrücken erzittern ließ. Giftgrüne Fontänen stoben gen Himmel wie Plasmageysire. Die Geschosse – oder was immer es gewesen sein mochte – waren etwa einhundert Meter hangaufwärts eingeschlagen. Trotz der Entfernung regnete ein Hagel aus Gesteinssplittern und heißem Sand auf uns herab.
    Ich äußerte einen Fluch, steckte den Strahler weg und begann Gamma hinterherzurennen. Es waren kaum mehr zweihundert Meter bis zur Brücke. Mein Mentor hatte bereits die Hälfte der Distanz geschafft, sprintete – von beiden Läufern flankiert – der Lichtpyramide entgegen. Zwischen ihm und mir explodierte das Erdreich, ein weiterer Einschlag hinter mir trieb mir eine Druckwelle in den Rücken und warf mich fast zu Boden. Das monströse Flugobjekt war auf weniger als einen Kilometer herangeschwebt. Ich hielt schützend meine Arme vors Gesicht, schlug einen Bogen um den tiefen, heißen Krater, den die Explosion vor mir aufgerissen hatte. Staub vernebelte mir für Sekunden die Sicht, dann leuchtete die Brücke wieder vor mir.
    Gamma hatte die Brücke erreicht und hechtete wie ein dressierter Tiger hinein. Ich sah, wie das Objekt seine Farbe änderte. War es zuvor weiß, so leuchtete es mit einem Mal blau. Prills Körper schien transparent zu werden und in ein Dutzend verschiedener Richtungen auseinanderzustreben, dann hatte das Licht ihn verschluckt.
    »Stan!« erscholl über mir eine mächtige, verzerrte Stimme. Der Himmel verdunkelte sich, etwas Massiges, Schwarzes zischte an mir vorbei, verfehlte mich knapp. Ich vernahm ein metallisches Krachen, wie von einer zuschnappenden Baggerschaufel. Für eine Sekunde sah ich nach oben. Was mich um Haaresbreite verfehlt hatte, war eine gewaltige Metallzange an einem flexiblen, baumdicken Kranarm. Der Bug der Flugmaschine war so schwarz wie der Rest, doch transparent; die Frontscheibe eines Cockpits. Hinter ihr glaubte ich einen massigen Schatten zu erkennen, der entfernt menschlich wirkte …
    »Betrete auf keinen Fall die Konvergenzzelle!« drang die unwirkliche Stimme irgendwo vom Rumpf der Maschine herab. »Du wirst sterben, Stan!«
    Ich rannte unbeirrt weiter, selbst einer Maschine gleich, Tränen in den Augen, Feuer in den Lungen, glaubte zu spüren, wie die Menschenfangzange hinter meinem Rücken heranschoß, sich öffnete und …
    Licht vor mir.
    »Stan!«
    Licht um mich herum. Kuben, Pyramiden, Kugeln. Explodierte in alle Richtungen. Blau. Dann giftgrün, glühend heiß, Plasmaregen auf meiner Haut. Licht. Der Donner folgte mir …
     
    Sein Grollen kam aus weiter Ferne. Zuerst glaubte ich, es seien die Einschläge von Geschossen, doch trotz meiner Benommenheit erkannte ich bald, daß es Gewitterdonner war.
    Gewitterdonner!
    Ich lag auf dem Bauch, unter meinen Händen und meinem Gesicht (zwischen meinen Zähnen!) feiner, warmer Sand. Wellen rauschten in unmittelbarer Nähe. Ich öffnete die Augen, hob den Kopf, sah mich geblendet in der unerwarteten Umgebung um und staunte: Ich lag an einem Meeresufer! Warmer, auflebender Wind wehte mir ins Gesicht, blies feinen Sand über den Boden, der prickelnd über meine Haut strich. Meine Augen schmerzten von der Helligkeit. Der Strand war vielleicht fünfzig Meter breit und erstreckte sich von Horizont zu Horizont. Er stieg sanft an und wurde von einem grasbewachsenen Deich begrenzt, der die Sicht auf das Hinterland versperrte. Von Gamma war weit und breit nichts zu sehen. Mißtrauisch beäugte ich den

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