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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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erzeugt; gegenüber uns, dem Schiff, den Lords und den Paragonen. Da wir nur vermuten können, woher die Frau stammt und wie sie an Bord der Maschine gelangt sein könnte, waren wir nicht in der Lage, sie an ihren Herkunftsort zurückschicken.«
    Ich sah zu dem Enoe empor. Der Größenunterschied bereitete mir gehörige Probleme und förderte die absurde Angst, daß Gamma ›aus Versehen‹ auf mich treten könnte. »Prill …«, erinnerte ich mich. »Seetha befand sich anstelle von Prill im Flugzeug.« Ich sah mich um. »Wo ist sie?«
    »Das wissen wir nicht.«
    »Was?« schnappte ich. »Willst du etwa behaupten, sie ist nicht hier? Nicht auf dem Schiff?«
    »Nein, Stan. Als wir die Ebene fanden, in der die Lords das Flugzeug untergebracht hatten, waren alle Passagiere vollzählig; du und Prill eingeschlossen. Daher gingen wir davon aus, daß sie mit den übrigen Passagieren in den BRAS-Raum transportiert wurde. Daß Seetha ihren Platz eingenommen hat, überrascht uns gleichermaßen.«
    »Heißt das, Prill befindet sich noch im Sublime?«
    »Es deutet alles darauf hin.«
    »Aber … wo?«
    »Zumindest in keiner der uns zugänglichen Ebenen; weder in einer der primärhistorischen, noch in einer der forschungsorientierten. Ich glaube, daß dieser Austausch beabsichtigt ist. Wir wissen nicht, woher Seetha kommt, aber wir haben eine Vermutung. Womöglich ist sie eine Art Hinweis. Ein lebendes Zeichen.«
    »Ich?« staunte Seetha. »Für was?«
    »Die einzige Person, die uns eine Antwort darauf geben kann, liegt dort«, sagte Gamma und deutete auf den Lord. »Vielleicht kennt er auch das Schicksal von Prill.« Entweder spielte mir meine Phantasie einen Streich, oder ich erkannte in Gammas Gesicht etwas, das sagte: ›und vieles mehr!‹ »Er ist in wenigen Augenblicken um 40 Jahre gealtert. Der Schock, die Eindrücke von elf Paragonen in sich zu vereinen, muß unbeschreiblich sein. Hoffentlich verliert er nicht den Verstand.«
    »Ich würde ihm keine Träne nachweinen«, unterstrich ich meine Abneigung gegen den Lord.
    Gamma erwiderte eine Weile nichts, dann blickte er zu mir herab. »Das sagst du jetzt, Stan …«
     
    Von meiner Heimatstadt Bloomingdale trennten mich zur Zeit nur ein paar zehntausend Jahre und eine Viertelmillion Kilometer. Frisch aus zwei lebenden Ichs zusammengefügt und dem Vakuumtod entronnen, stand ich in einem riesigen Raumschiff, umringt von Dutzenden hünenhafter Außerirdischer, die einen andersartigen Außerirdischen einer Psychotherapie unterzogen. Dennoch gab es Augenblicke, die ich trotz dieser aberwitzigen Situation genießen konnte. Zum Beispiel, wenn einer so überlegen auftretenden Kreatur wie einem Lord vor Verwunderung die Kinnlade heruntersank.
    Wie festgenagelt auf dem Quader liegend, ließ er seinen Blick über den Kordon aus monströsen Kreaturen wandern, und zum ersten Mal erkannte ich an ihm so etwas wie Bestürzung. Der Blick des Lords verharrte schließlich auf mir. Er machte eine schlaffe, fahrige Bewegung, als wolle er nach mir greifen und versuchte, sich aufzurichten. »Stan«, keuchte er. Sein Gesicht färbte sich vor Anstrengung rot. »Was – hast du getan?« Kraftlos sank er wieder zurück und atmete angestrengt. »Was ist das hier für eine Ebene?«
    Wut und Stolz keimten in mir auf. Wut darüber, daß dieser hochnäsige Pudding den Schwarzen Peter mir in die Schuhe zu schieben versuchte, und Stolz, weil er tatsächlich glaubte, ich hätte Norom und die Verschmelzung seiner Paragone auf dem Gewissen.
    »Es ist keine Ebene«, erklärte Gamma, als ich nicht antwortete.
    Der Lord drehte den Kopf. »Sie sprechen unsere Sprache?« Er studierte den Enoe ausgiebig. »Natürlich«, dämmerte es ihm. »Sie sind Gamma.« Er lachte tonlos, als hätte man ihm einen obszönen Witz ins Ohr geflüstert, wurde aber sofort wieder ernst. »Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Husarenstück. Schickt Sie das Sublime?«
    »In gewisser Hinsicht. Sie befinden sich außerhalb der Projektebenen, an Bord unseres Schiffes.«
    »Das – ist völlig unmöglich!« entfuhr es dem Liegenden nach Sekunden. »Ich kann mich nicht in dieser Welt aufhalten. Ich bin ein Paragon!«
    »Nein, Mr. Lord, Sie sind kein Paragon mehr«, berichtigte ihn Gamma.
    »Mr. Lord …« Ich lachte ungeniert auf. »Schweinebacke wäre eine treffendere Titulierung.« Seetha drückte kurz, aber intensiv meine Hand und bedachte mich mit einem tadelnden Blick.
    »Wären Sie ein Paragon, so könnten Sie sich frei bewegen«, überging

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