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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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ausreichend mit Sauerstoff versorgt.«
    Sie legte sich zurück. »Nur für einen Augenblick«, erklärte sie, schloß die Augen und legte ihren Arm darüber.
    Gamma untersuchte Gennard. Der Atem des Luniden hörte sich an, als stünde seine Lunge voll Blut. Seine Hände zitterten, der Mund war halb geöffnet. Seine zusammengebissenen Zähne schimmerten rot. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß der Schock durch seine Verletzungen ihm noch irgendwelche Psycho-Sperenzchen erlauben würde.
    »Er stirbt«, verkündete Gamma. »Ein Wunder, daß er überhaupt noch am Leben ist. In seinem Körper gibt es wohl kaum noch ein Organ, daß nicht beschädigt ist. Seine Wirbelsäule ist gebrochen, von seinem zermalmten Becken und den Beinen spürt er nichts.« Er holte tief Luft, als hätte auch er Probleme, zu atmen. »Wir haben ihn sträflich unterschätzt«, sagte er.
    »Nein«, widersprach ich. »Niemand von uns konnte ahnen, daß er diese psychokinetischen Fähigkeiten auch als Mensch besitzt.«
    »Er schon«, meinte er und sah hinüber zu Rothals. »Ich hätte auf ihn hören sollen. Er hatte uns gewarnt, daß ein Lord ein unkalkulierbares Risiko darstellt. Anhand der Aufzeichnungen hatten wir das Advenion als eine Gemeinschaft von Spirituellen interpretiert. Oder wie das Sublime es forderte: von Geistwesen. Wir glaubten, es hätte sich um Geisteswissenschaftler im herkömmlichen Sinne gehandelt. Nun wissen wir, daß es paranormal begabte Geistliche waren …« Und ungewohnt kleinlaut fügte er hinzu: »Schätze, damit haben wir unsere Option verspielt, wieder nach Hause zu gelangen. Das Sublime und alles, was sich in ihm befindet, wird in wenigen Tagen nicht mehr existieren. Wir und die Passagiere des Flugzeugs sind vermutlich die Letzten unserer beiden Rassen. Uns bleibt nichts anderes mehr zu tun, als die Kuppel zu sprengen. Tut mir leid, Stan. Radio Gamma, Ende …«
    »Das Flugzeug!« rief Seetha plötzlich und ließ uns herumwirbeln. Sie deutete im Liegen aufgeregt in die Höhe. »Es bewegt sich!«
    Ein Blick nach oben bestätigte es. Der Bug der Maschine sank herab, wies nach wenigen Sekunden genau auf die Kuppel. »Es stürzt!« erkannte ich. »Es kommt direkt auf uns zu! Das ist …« Ich sah zu Gennard. Der Lunide hatte die Augen geöffnet – blau strahlende, blutunterlaufene Augen. Sein starrer Blick hing ebenfalls an dem Flugzeug. »Hören Sie auf damit!« schrie ich ihn an. Gennard reagierte nicht. Ich lief zu ihm hin. »Sie sollen aufhören, verdammt!« Ich holte mit dem Fuß aus, doch mein Tritt endete an einer unsichtbaren Barriere, die ihn umgab. Sofort jagte ein höllischer Schmerz durch mein Bein bis hinauf in die Hüfte.
    »Wir müssen aus dem Observatorium raus!« entschied Gamma. »Bei der Geschwindigkeit wird sich das Flugzeug durch die Kuppel in das halbe Schiff bohren!«
    Seetha kam herbei und stützte mich, da ich mit dem linken Bein kaum aufzutreten vermochte. Mein Fuß fühlte sich an, als hätte ich in einen Starkstromgenerator getreten. Gamma stand vor der Stelle, an der sich bei unserem Eintreten die Wand geteilt hatte. Als er ihre Oberfläche berührte, wurde er von einer Energieentladung zurückgeschleudert und zischte etwas, das sich unschwer als Verwünschung deuten ließ.
    »Es ist sinnlos.« Gennard Stimme war kaum zu vernehmen. »Ich bin euer Alpha und euer Omega.«
    »Können Sie nicht dafür sorgen, daß ihn der Boden verschluckt?« Seetha sah den Enoe hilfesuchend an. »Oder ihn wenigstens aufspießt?«
    Meine Anerkennung, dachte ich, und warf einen Blick auf das Flugzeug. Wenn es mit der augenblicklichen Geschwindigkeit weiterstürzte, traf es die Kuppel in weniger als dreißig Sekunden.
    »Worauf warten Sie?« schrie Seetha, als Gamma nicht reagierte. »Er bringt uns doch alle um!«
    »Es geht nicht«, erklärte der Enoe. »Gennard isoliert das gesamte Observatorium.«
    Die blutverkrusteten Lippen des Lords verzogen sich zu einem Grinsen. Er lachte lautlos, den Blick weiterhin in die Höhe gerichtet. »Eins ist wie das andere, Enoe. Niemand kann es aufhalten. Nie-« Er hustete Blut, wandte seinen Blick jedoch nicht von seinem Werk ab. »Körper sind Fehler«, flüsterte er. »Der Wille des Sublime geschehe -«
    »Er ist verrückt«, urteilte ich.
    »Nein«, widersprach Gamma. »Verblendet.«
    »Dann tun Sie etwas!« Seethas Stimme überschlug sich fast. »Töten Sie ihn!«
    »Das ist nicht mehr nötig«, erklärte Gamma. »Er ist bereits tot.« Der Enoe ging neben Gennard in die

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