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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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wir erkannten, daß ihn die Schwerkraft nicht mehr hemmte. Der Lunide sah uns alle an, dann zu Boden.
    »Ave, Sublime!« grüßte er mit belegter Stimme.
    »Ich tat es nicht aus Barmherzigkeit, Gennard«, sagte die Erscheinung, der die Gedanken aller Anwesenden offenzuliegen schienen. »Du lebst, weil es notwendig ist.« Dann, an Gamma gewandt: »Für deinen Artgenossen kann ich nichts mehr tun. Sein Strang ist zu weit entfernt, kaum mehr wahrzunehmen.« Prills Körper schwebte zur gegenüberliegenden Seite des Raums, als behagte dem Sublime unsere körperliche Nähe nicht. Von dort aus sprach es: »Ich bin die Seele vieler Seelen, all euer Wissen und Streben, eure Furcht und eure Hoffnung. Mein Verlangen, zum Geist aller Menschen zu werden, wird dennoch unerfüllt bleiben. Ich habe versucht, Antworten auf mich zu finden. Ich suchte meinen Ursprung, wußte, daß ich bin, aber nicht, warum. Es gab für mich nie einen Grund, den Erdstrang über eine Million fahre in die Vergangenheit zurückzuwandern. Das Bewußtsein der voreiszeitlichen Menschen ist nicht hoch genug entwickelt, um mich zu bereichern. Ich habe einen Fehler begangen. Den Fehler, zu glauben, daß Erfahrung mehr Macht besitzt als Worte; daß sie aller Worte entbehrt. Ich habe mich getäuscht. Statt euch nach außen zu wenden und die Ordnung wieder herzustellen, habt ihr euer Augenmerk nach innen gerichtet, um euer Hiersein zu ergründen. Wir sind uns im Wesen ähnlicher, als ich glaubte, Enoe. Mein Kompliment. Euer Vorstoß war wohl der erste gelungene chirurgische Eingriff an einer Altosphäre.«
    »Es war unser gutes Recht, Antworten zu suchen«, entgegnete Gamma.
    »Ich weiß um eure Bemühungen, mit mir in Kontakt zu treten. Ich nahm jede eurer Bewegungen wahr, jedes Wort und jeden Gedanken. Ich konnte euch hören, aber es war mir nicht möglich, euch zu antworten. Die Brücke zwischen eurer und meiner Realität war zu groß. Es war von weitaus größerer Bedeutung, euch hier zu wissen. Ich habe versucht, in euren Reihen Vermittler aufzuspüren, doch keiner von euch erwies sich als Medium. So entschloß ich mich, ein Medium zu erschaffen, denn es war unumgänglich, mit euch in Kontakt zu treten.
    Du willst wissen, weshalb ich euch an diesen Ort gebracht habe. Ihr seid hier, um die Passagiere des Flugzeugs mit auf euer Schiff zu nehmen und gemeinsam den BRAS-Raum und dieses Sonnensystem zu verlassen.«
    »Das ist unvereinbar mit dem Vertrag!« protestierte Gennard. Kaum von den Toten auferstanden, schwoll ihm schon wieder der Kamm.
    »Lassen Sie es reden«, bestimmte der Enoe. »Wir haben monatelang auf diesen Augenblick gewartet.«
    Gennard fuhr herum. »Ich bin ein Mitglied des Rates!« erregte er sich. »Einzig ich bin berechtigt, zu sprechen!«
    Kurz herrschte Schweigen, dann klang es aus Prills Mund: »Es kostet mich viel Kraft, mich in eurer Realität aufzuhalten. Eine zu lange Verschmelzung wird den Wirtskörper töten. Ich weiß, daß ihr viele Fragen habt. Die Superzelle wird sie euch beantworten.«
    »Nein!« schrie der Lunide auf. »Das ist ein Sakrileg! Ich lasse nicht zu, daß …«
    Prills Lider gingen zum ersten Mal auf; sie offenbarten weiß glühende Augen ohne Pupillen, die Gennards Rage im Ansatz erstickten. »Der alte Vertrag besitzt keine Bedeutung mehr!« erklärte die Stimme eindringlich. »Wachsen, Lernen, Sammeln; ja, es hätte ewig gehen können. Doch viel Zeit ist vergangen. Wenige fahre für dich, Jahrtausende für mich. Der Plan ist erfüllt.« Die Augen erwiderten seinen Blick lange. »Er muß erfüllt sein!«
    »Aber – warum?«
    »Weil ich sterben werde, Gennard.«
    Der Lunide setzte zu einer Erwiderung an, schüttelte jedoch nur ungläubig den Kopf. »Aber – das ist unmöglich«, urteilte er dann tonlos. »Völlig unmöglich!«
    »Ist es das wirklich?« Das Sublime glitt auf ihn zu, die Augen sahen ihn forschend an. »Die Ewigkeit – auch ich kann sie euch nicht schenken. Euer Streben nach Höherem; leider nur eine kosmische Episode. Der Traum von Unantastbarkeit und Unsterblichkeit … hat er euch geblendet? Glaubst du nicht mehr an den Dämon, der alles zu sich holt – selbst die Zeit?«
    Gennard sah die Erscheinung an wie in Trance.
    »Wovon spricht es?« fragte ihn Gamma, dem Gennards Betroffenheit nicht entging.
    »Von – einem Kollapsar!« Der Lunide rang hörbar nach Fassung. »Von dem einzigen Feind, den wir zu fürchten haben; ein Körper mit unvorstellbarer Schwerkraft, ein wandernder Neutronenstern oder

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