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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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eigenartig gekleidet, manche von ihnen recht originell, andere kurios oder einfach nur nichtssagend. Einige der Kleidungsstücke ähnelten dem Anzug meines Klons an Bord der Maschine. Wie Bürger des amerikanischen Nordwestens sahen sie jedenfalls nicht aus. Ihre Körper waren in eine seltsame Masse gebettet. Auf den ersten Blick hätte sie wie Stoff gewirkt, wären die Körper nicht halb in ihr versunken gewesen. Ich legte meine Hand auf das eigenartige Polster. Als ich Druck ausübte, paßte es sich meinen Fingern augenblicklich an und nahm sie in sich auf. Ich zog die Hand wieder hervor. Fünf tiefe Löcher befanden sich im Polster, als hätte ich in einen zähen Teig gegriffen, der nun langsam wieder zufloß. Am Ende war seine Oberfläche so glatt wie zuvor.
    Zur Linken eines jeden Schläfers war ein langgezogenes Kontrollpaneel im Quader integriert, eine Miniaturausgabe des Pultes, das von dem Morner auf der Pyramide bedient wurde. Auf dem Display, das sich jeweils über die gesamte Körperlänge erstreckte, leuchtete ein Kolonne verschiedenfarbiger Symbole und Schriftzeichen. Ich warf einen Blick auf Seetha, die mit schaudergezeichneter Miene durch die Reihen der Liegenden wanderte. Gamma schritt die Quader wesentlich besonnener ab. Vor jedem Schläfer blieb er stehen, sah ihn lange an und ging weiter zum nächsten. Sowohl er wie auch Seetha entfernten sich dabei von mir. Sublime- Prill leuchtete weiterhin unbeweglich auf der Pyramide. Lediglich Gennard lungerte drei Quaderreihen hinter mir herum und ließ mich nicht aus den Augen; zumindest, solange ich nicht zu ihm hinübersah. Er mißtraute mir, das war unübersehbar. Ich wollte gar nicht wissen, wieviel Aspekte von Lords in ihm vereint waren, deren Stationen ich heimgesucht hatte. Höchstwahrscheinlich war auch Nikobal ein Teil von ihm.
    Ich ignorierte ihn und betrachtete die fremdartigen Symbole. Auch hier gab es ein Feld mit einem leuchtenden roten Dreieck. Kurzentschlossen berührte ich es mit den Fingerspitzen. Ein leises Summen erklang. Der Schläfer auf der Liege tat einen Atemzug, öffnete übergangslos die Augen und blinzelte verstört in das Weiß des Superzellen-Himmels. Er verdrehte die Augen, sah mich an.
    »Wo bin ich?« Seine Stimme war zwar leise, aber dennoch fest. Recht ungewöhnlich für einen Jahrtausendjährigen. Ich betrachtete ihn fasziniert. »Wer sind Sie?« fragte er, als ich nicht antwortete. Sein Dialekt klang merkwürdig. »Hatte …« Er richtete sich halb auf, sah sich um. »Hatte ich einen Unfall? Wo sind meine Frauen?«
    Gennard tauchte neben mir auf, schob mich wortlos beiseite und drückte auf ein Feld mit einem blauen Doppelkreis. Der Mann auf dem Quader verdrehte die Augen und sank wieder zurück in sein Futteral.
    »Es ist nicht gut, wenn er das hier sieht«, bestimmte der Lunide. »Keine Erinnerungen!«
    »Er liegt hier seit einer Ewigkeit, aber er spricht, als wäre er lediglich aus einem Nickerchen erwacht«, staunte ich. »Von welchen Frauen redete er?«
    Gennard verzog die Mundwinkel, atmete hörbar ein und aus. »Gewisse Dinge ändern sich im Laufe der Jahrhunderte.« Er tippte auf das Paneel. »Sesh Cohen«, las er gleichgültig vom Display ab, »aus Seattle, Cascadena. Alter 38. Exobioniker. Verheiratet, drei Frauen, drei Kinder. Krankenakte, Transferzeit, Rückführungskoordinaten, et cetera, et cetera …« Er sah auf mich herab. »Laß ab sofort deine Finger von den Stasis-Liegen! Begnüge dich mit dem, was das Sublime dich sehen läßt. Die Superzelle ist das Metier der Morner.«
    »Washington«, sagte ich.
    »Bitte?«
    »Seattle liegt im Bundesstaat Washington.«
    Gennard rückte den zur Seite gesunkenen Kopf des Schläfers gerade. »Nach den Aquadest-Kriegen nicht mehr.«
     
    Ehe ich etwas entgegnen konnte, hüllte uns Licht ein. Für Sekunden war jedwede Form ausgeblendet, selbst Gennard nicht mehr erkennbar. Als die Helligkeit wieder wich, lag die nächste Pyramide kilometerweit entfernt. Wir standen inmitten des Quadermeeres, zwei oder vielleicht auch 20 000 Kilometer von unserem letzten Aufenthaltsort entfernt. Ich hörte Seethas bestürzten Schrei, ehe ich die Schläfer auf den Liegen erkannte. Gennard zischte eine Verwünschung in seiner Lunidensprache und bedachte das Sublime, das sich nun inmitten unserer kleinen Gruppe aufhielt, mit einem vorwurfsvollen Blick. Er rief ihm etwas zu, das klang wie: »Kemonesch!«
    Prills Körper wandte sich zu uns um, behielt aber die Augen geschlossen. »Seidisch

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