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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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untereinander kommunizierten und mein Steckbrief inzwischen in jeder Station prangte, bezweifelte ich. Ebensowenig konnte ich mir vorstellen, daß sie alle Prill- und Stan-Modelle beseitigen würden, um die Ereigniskette, deren Triebfeder ich war, zu unterbrechen. Sie bildeten mit ihren Kolonien autarke Kommunen, um die Klone ohne Einflüsse von außen zu studieren. Der einzige, der Kommunikation betrieb und zu wissen schien, wohin der Hase lief, war Gamma. Er mußte zumindest so etwas wie eine Radiostation besitzen, um senden zu können. Vielleicht bildete die Gamma-Station das Ende der Straße. Vielleicht führte für Prill und mich von dort ein Weg zurück zur Erde. Aber selbst wenn; Gamma war verdammt weit weg, reduziert auf eine Stimme im Radio. Ihn hatte ich hier nicht zu erwarten.
    Ich preßte mein Ohr gegen die Eingangstür. Kein Laut war zu hören, was mich nicht verwunderte. Falls die Architektur dieser Station mit der aller anderen übereinstimmte, lag hinter dem Eingang ein kurzer Korridor, der zu einem Lift führte. Mit ihm gelangte man hinab in die eigentliche Station, die in rund fünfzig Metern Tiefe lag. Es war kaum vorstellbar, daß sich ein Lebewesen im Korridor hinter der Tür aufhielt. Der Wächter ruhte im Stand by- Modus und erzeugte keine Geräusche.
    Lauschend gegen die Tür gelehnt, vernahm ich plötzlich ein schmatzendes Geräusch, das mich erstarren ließ. Ehe ich es schaffte, mein Gewicht zu verlagern, schwang die Tür nach innen auf und ließ mich haltlos nach vorn kippen. Hinter dem Eingang befand sich kein Korridor, sondern lediglich ein schmaler Treppenabsatz, von dem weitere Stufen in die Tiefe führten. Innerhalb eines Sekundenbruchteils erspähte ich das Ende der Treppe etwa drei Meter unterhalb des Eingangs und konnte gerade noch meine Hände schützend vor den Kopf reißen, ehe ich kopfüber die Stufen hinabstürzte. Gleichzeitig erscholl ein Schlag wie von einem gewaltigen Gong, der den gesamten Raum mit ohrenbetäubendem Dröhnen erfüllte, als die aufschwingende Tür gegen die Betonwand prallte.
    Von lähmenden Schmerzen und dem Gefühl überwältigt, mir beim Sturz sämtliche Rippen gebrochen zu haben, blieb ich am Ende der Treppe liegen. Dunkelheit umgab mich, lediglich vom Eingang drang schummriges Licht herab. Ich lag auf einem Steg aus stabilen Metallrosten, der von schlichten Eisengeländern begrenzt wurde. Dahinter, so schien es, herrschte bodenlose Leere. Es war unangenehm kalt, die Temperatur schien nur knapp über dem Gefrierpunkt zu liegen.
    Die Eingangstür glitt unaufhaltsam wieder zu. Ich sah den Lichtspalt schmaler und schmaler werden, dann erklang ein dumpfer Schlag, und ich lag in nahezu vollkommener Finsternis. Nur eine entfernte Lichtquelle, vermutlich eine Leuchte über dem Lift, spendete ein wenig Helligkeit. Vom Aufstoßen der Tür bis zu diesem Augenblick waren vielleicht zehn Sekunden vergangen.
    »Identifizieren Sie sich!« schmetterte aus der Dunkelheit eine Stimme, die klang, als rede jemand aus zehn Mündern gleichzeitig.
    Ich rappelte mich unter Schmerzen auf und erkannte etwas Riesiges, sich unablässig Bewegendes am Ende des Steges. Es hielt sich in der Nähe der Lichtquelle auf und knarrte, quietschte und raschelte wie ein Baum, den man wütend hin und her bog.
    »Identifizieren Sie sich!« wiederholte das Ding aus der Ferne.
    Benommen starrte ich auf den eigenartigen Schatten. Das, was sich dort bewegte, war definitiv keine Überwachungseinheit, aber erst recht kein Mensch. Ich begann trotz der Kälte zu schwitzen. Die Schmerzen hemmten meine Bewegungen, der Sturz hatte mich verletzlich gemacht. Ich tastete nach der Browning, stellte aber zu meiner Ernüchterung fest, daß sie mir beim Sturz aus dem Holster gerutscht sein mußte. Mit viel Glück lag sie noch auf dem Steg, wahrscheinlicher aber war, daß sie über dessen Rand in die Tiefe gestürzt war.
    Ich kroch über die Gitterroste und tastete den Boden ab, ein Verhalten, das dem Ding am Lift scheinbar den Impuls gab, sich um mein leibliches Wohl zu kümmern. Es begann, ungelenk auf mich zuzuhopsen, und verursachte dabei einen Lärm, als bewege es sich auf einem Preßlufthammer vorwärts. Dabei wippte und zappelte es – sich scheinbar nur auf einem einzigen riesigen Fuß fortbewegend – so grotesk auf und ab, daß ich befürchtete, es würde sich selbst zu Fall und schlimmstenfalls den Gittersteg zum Einsturz bringen.
    »Bewegen Sie sich nicht!« rief es. »Bleiben Sie ruhig liegen und

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