Lord Garrows widerspenstige Braut
töricht , dachte sie.
Verlegen schlug der Mann die Augen nieder und murmelte: "… nun, ja, mit einer jungen Frau, Mylady. Es war offenbar der Erbe von Ambrose – das wird jedenfalls in Kingussie erzählt. Natürlich wollte er nicht, dass jemand erfuhr, dass er sich mit diesem, äh, Mädchen traf. Er hat also oben im ersten Stock zwei Zimmer gemietet."
"Die beiden sind doch nicht verbrannt?" fragte Susanna entsetzt.
"Nein. Das Feuer brach oben im Dachgeschoss aus. Niemand wurde getötet. Der junge Lord warf seine, äh, Gefährtin aus dem Fenster, weil ihnen das Feuer den Weg nach draußen versperrte. Unten waren genug Männer, um die Frau aufzufangen. Sie ist unversehrt. Dem jungen Lord erging es nicht so gut. Er brach sich beim Sturz das Bein. Aber auch das wird wieder heilen, meinte der Wirt." Verlegen räusperte sich der Reiter, bevor er fortfuhr: "Die beiden waren in einer ähnlichen Kutsche wie Sie unterwegs. Der Wirt meinte, sie hätten gut bezahlt, aber keine Namen genannt. Sie sind angeblich geradewegs nach oben gegangen. Der Wirt sagte, danach wäre ein Mann gekommen, der nach dem Paar gefragt hätte. Er wollte wissen, woher sie kamen. Aber der Wirt konnte oder wollte ihm nichts sagen. Der Mann dachte wohl, er wisse genug. Drei Stunden später jedenfalls brach das Feuer aus." Er zuckte mit den Schultern und sah sie bedeutungsvoll an.
"Dass die beiden ein Geheimnis daraus gemacht haben, wer sie sind, ließ unseren Verfolger wohl annehmen, dass es sich um uns handelte", dachte James laut. Susanna, die denselben Gedanken hatte, musste unwillkürlich schaudern. "Das Feuer kann kein Zufall gewesen sein."
"Sicher nicht."
"Gute Arbeit, Quarles!" bedankte sich James. Er zog eine Münze aus seiner Tasche und schob sie dem Reiter zu, der die Belohnung einsteckte, dankbar nickte und sich dann entschuldigte.
Mittlerweile war das Essen serviert worden, das James bestellt hatte. Der Wirt schien kein Englisch zu sprechen. Er hatte sich mit James in einer für Susanna unverständlichen Sprache unterhalten. Ob das wohl Gälisch gewesen war? Susanna warf ihm einen kurzen Blick zu, um sich dann wieder ihrem Essen zu widmen. Es gab braunes Brot und Eintopf. Schweigend aßen sie im flackernden Licht der Öllampe ihre Teller leer. Susanna war froh, bald daheim zu sein, fort von der Straße. Daheim . Was mochte das für ein Ort sein?
Als sie wieder unterwegs waren, versuchte Susanna, aus James herauszubekommen, was sie erwarten würde. "Haben die Garrows immer in Galioch gelebt?" erkundigte sie sich.
"Nein. Erst seit es uns der König als Lehen gegeben hat. Nach dem Charlies Year ."
"Du meinst Prince Charles Edward?"
"Ja." Er warf ihr einen skeptischen Blick zu. "Willst du wirklich Unterricht in schottischer Geschichte geben?"
"Ja", äffte sie seinen breiten Dialekt nach. "Ihr wart 1745 auf der Seite der Aufständischen?"
"Viele von uns", meinte er unbestimmt. "Aber fangen wir von vorn an: Die Familie der Garrows lässt sich bis weit ins 14. Jahrhundert nachweisen. Der erste Garrow war Alexander Stewart. Er war ein Sohn von Robert, dem zweiten Bruce – ein unehelicher natürlich. Alexander hatte den Beinamen 'Wolf von Badenoch' – weil er so bösartig war. Er hat nie davor zurückgescheut, sich auf seine Verwandtschaft zum König zu berufen, um der Strafe für seine Gewalttaten zu entgehen, und war als Lüstling bekannt."
"Berüchtigt heißt das!" korrigierte Susanna.
James nickte. "Er hat sich so oft scheiden lassen, dass er exkommuniziert wurde. Um sich dafür zu rächen, hat er die Kathedrale in Elgin abgebrannt", fuhr er fort.
"Verschone mich mit den grausigen Details", kommentierte Susanna trocken. "Ich glaube, so genau will ich es dann doch nicht wissen. Deine Familie ist also nicht katholisch?"
"Alexander wurde wieder in den Schoß der Kirche aufgenommen, als er öffentlich Buße tat, meine Liebe. Er war der Sohn des Königs."
"Aber warum bist du dann nicht katholisch? Du bist doch nicht katholisch, oder?" Susanna fiel zu ihrem Entsetzen erst jetzt auf, dass sie keine Ahnung hatte, in welche Glaubensrichtung sie eingeheiratet hatte.
"Ich bin Presbyterianer, wenn auch widerwillig", erklärte er und kam zurück auf seine Familie. "Wegen Alexander, von dem ich eben erzählt habe, lautet der Name unserer Familie auf Gälisch 'Sohn des wilden bösen Mannes', 'Macgarraidh'. Irgendwann wurde der Name dann englisch ausgesprochen und geschrieben, kurz vor oder vermutlich noch im Jahr 1746."
"Im Jahr der
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