Lord Garrows widerspenstige Braut
gezwungen war, in der Fremde Geld für die Familie zu verdienen.
Susanna stupste ihn an.
James holte nach, was er bis dahin vergessen hatte. "Lady Susanna, das ist Fergus MacLain."
Sie lächelte den Jungen an. "Guten Tag, Mr. MacLain."
Fergus' Schultern strafften sich bei dieser Anrede. Würdevoll neigte er den Kopf. "Ich wünsche der gnädigen Frau ebenfalls einen guten Tag."
James, der zu ungeduldig für den Austausch weiterer Höflichkeitsfloskeln war, erkundigte sich nach Mr. Colin und Mr. Holmes, woraufhin der Junge in Richtung Straße deutete. "Mr. Holmes ist vor drei, vier Tagen fortgeritten. Mr. Colin ist drinnen. Aber ich traue mich nicht zu ihm, um Sie anzumelden."
"Nun, ich mich schon!" Schnurstracks schritt Susanna die Treppe nach oben. Bevor James sie davon abhalten konnte, öffnete sie die Türen und marschierte hinein. "Schließlich ist das mein Haus", fügte sie hinzu.
Nun, in diesem Punkt hatte Susanna Recht. Warum sollten sie sich wie Gäste benehmen? Er folgte ihr.
"Mr. Colin?" rief er und zog Susanna hinter sich. "Bleib lieber ein paar Schritte zurück. Ich werde reden. Dafür bezahlst du mich schließlich", flüsterte er ihr zu.
Susanna antwortete nicht, hielt sich aber hinter ihm.
Eine der Türen, die aus der Eingangshalle abgingen, öffnete sich. Mr. Colin stand im Türrahmen. Er war ein großer Mann um die vierzig. In seinem gut geschnittenen dunkelgrauen Jackettanzug aus Wollgewebe und den auf Hochglanz polierten Schuhen wirkte er sehr ansehnlich. Prüfend musterte James den Verwalter. Sein Anzug saß zu eng, als dass er eine Pistole am Körper hätte tragen können. Abgesehen von dem dicken Spazierstock, den er in der Hand hielt, war der Verwalter also unbewaffnet.
"Guten Tag, Mr. Colin", begrüßte James ihn erleichtert. Er hoffte, alles ließe sich ohne dramatische Szenen bewerkstelligen.
"Was zum Teufel wollen Sie hier, Garrow?" fragte der Verwalter unhöflich, richtete sich zur vollen Größe auf und blickte arrogant auf ihn herab. "Sie wollen mich doch nicht um eine milde Gabe für Ihre Hand voll Pächter bitten?" Seine Sprache passte nicht zu seinem eleganten Aussehen. Er sprach breiten Yorkshire-Dialekt, kein Hochenglisch. Vom Aussehen her, so dachte James, würde er den meisten Frauen gefallen, mit seinem kleinen roten Mund, dem untadelig gezwirbelten Schnurrbart und den geölten, lockigen dunklen Haaren, in denen noch keine Spur von Grau schimmerte.
"Ich bin hier, um Sie zu entlassen. Packen Sie Ihre Sachen, Mr. Colin. Sie werden Drevers noch heute Nachmittag verlassen. Drevers gehört mir und meiner Frau." James griff in seine Brusttasche und entnahm ihr die Urkunde, die Eastonby ihm gegeben hatte. Er hielt das Papier hoch. Zumindest die Unterschrift des Earls musste Mr. Colin auch auf diese Entfernung erkennen können.
Der elegant gekleidete Verwalter starrte das Dokument an, dann James in seinem ererbten Anzug. Mit dem Spazierstock aus Ebenholz schlug er sich gegen die Wade.
"Das ist eine Fälschung, Garrow. Ich habe keine Nachrichten von Lord Eastonby, die besagen, dass sich irgendetwas an den Eigentumsverhältnissen von Drevers ändern würde. Nehmen Sie die Frau und gehen Sie."
"Dem Earl würde es vermutlich nicht gefallen, wenn Sie seine eigene Tochter von Ihrem Eigentum verweisen!" James lächelte.
Mr. Colins Blick schweifte zu Susanna, die noch immer hinter James stand. Sie nickte dem Verwalter zur Begrüßung knapp zu, schwieg aber weiterhin. James war ihr dankbar dafür, dass sie sich im Hintergrund hielt. Auch wenn er es sich nicht gerne eingestand – er genoss seinen Auftritt.
"Ich gehe nirgendwohin. Wenn Sie Drevers wollen, dann müssen Sie es sich nehmen, Garrow!" schnaubte der Verwalter.
"Wenn Sie darauf bestehen … Aber bitte bedenken Sie, was das bedeutet", erwiderte James. "Ihr Kompagnon, Mr. Holmes, ist heute nicht da, um Ihnen Beistand zu leisten." James wusste, dass die Entscheidung des Verwalters an einem seidenen Faden hing. Es war möglich, dass Mr. Colin ohne weitere Widerworte verschwand. Wenn nicht, würde die Sache mit roher Gewalt entschieden werden. Da Susanna dabei war, wollte er nichts weiter sagen, was Mr. Colin zu einem Kampf reizen würde.
Mr. Colins sah ihn einen Moment unschlüssig an, dann verdüsterte sich seine Miene. "Ich werde Sie töten, Garrow", sagte er und sah zu Susanna hinüber. "Und die Frau gleich mit."
Offenbar glaubt Mr. Colin nicht, dass Susanna Eastonbys Erbin ist, dachte James überrascht. Zugegeben, an
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