Lord Garrows widerspenstige Braut
entfernt entlang der Straße standen.
Sogar dieser kleine Kerl weiß schon Bescheid, dachte James amüsiert. Neuigkeiten verbreiteten sich in Windeseile – viel schneller, als ein Ponywagen fahren konnte. Außer Mr. Colin hatte bestimmt ganz Drevers schon erfahren, dass er geheiratet hatte. Aber James wusste, dass man von ihm erwartete, diese Neuigkeiten offiziell zu bestätigen. "Die Dame in meiner Gesellschaft ist Lady Susanna, die Tochter des Earl of Eastonby. Sie ist die neue Eigentümerin von Drevers. Und sie ist meine Frau", antwortete er schließlich.
"Oh!" Der Junge tat überrascht, so dass James unwillkürlich lachen musste. Er winkte Fergus mit einer Hand weg. "Nun, mach schon, Junge!"
Nicht unbedingt zufrieden damit, was sich ereignet hatte, aber froh, dass der Verwalter weg war, kehrte James zurück ins Haus. Er würde ein Wörtchen mit der hübschen jungen Amazone reden müssen, die er geheiratet hatte. Gedankenverloren schüttelte er den Kopf.
Brauchte Susanna überhaupt einen Mann? Sie hatte ihn heute vor Mr. Colin komplett zum Narren gemacht. Er zweifelte nicht daran, dass der junge Fergus den Schuss durch die offene Eingangstür beobachtet hatte. Er würde jedem davon erzählen. Nach dieser Tat würde Susanna keine Autoritätsprobleme mehr haben oder sich über mangelnden Respekt beschweren müssen. Er seinerseits würde in der Achtung der Leute wohl etwas sinken: Schließlich hatte er es seiner Frau überlassen, einen Schurken unschädlich zu machen, während er untätig daneben stand!
James sah auf die Steinschlosspistole hinunter, die er immer noch in der Hand hielt. Er hatte nicht einmal die Zeit gehabt, das Ding auch nur zu entsichern! Langsam steckte er es zurück in die Jacketttasche und ging zurück zu seiner Frau. Er war Susanna etwas schuldig. Sie war eine hervorragende Schützin.
Oder hat sie … hat sie etwa auf den Kopf des Mannes gezielt?
Er lächelte. Selbst wenn das der Fall gewesen war, würde niemand Susanna glauben, dass ihr Schuss sein Ziel verfehlt hatte. Sie hatte Mr. Colin den Spazierstock einfach aus der Hand geschossen. Ob sie das nun vorgehabt hatte oder nicht, spielte überhaupt keine Rolle für ihren Erfolg, mit dem auch er sehr zufrieden sein konnte.
Susanna stand in der Eingangshalle und blickte ihrem Mann entgegen. Eigentlich hatte sie erwartet, dass er sie mit Vorwürfen überschütten würde, sobald er die Türschwelle übertreten hatte. Nun, sollte er doch. Sie war die Predigten ihres Vaters gewöhnt und würde seine Worte einfach ignorieren. Was sie viel mehr bedrückte, war die Tatsache, dass sie am ganzen Körper zitterte.
Susanna ließ den Spazierstock fallen und starrte den Revolver an, den sie in der Hand hielt. Ihre dünnen grünen Tafthandschuhe und die Spitzen, die ihre Pagodenärmel säumten, waren vom Schießpulver versengt worden. Es war wirklich passiert. Sie hatte es wirklich getan.
Noch nie in ihrem ganzen Leben hatte sie mit einer Schusswaffe auf einen Menschen gezielt. Und jetzt hatte sie auf einen ihr wildfremden Mann geschossen. Sie hatte ihn erschießen wollen! Entsetzt schloss Susanna die Augen und dankte Gott, dass er ihren Schuss fehlgeleitet hatte. Egal, wie schändlich Mr. Colin sich benommen hatte, sie hatte nicht das Recht, ihn dafür zu töten. Und dennoch – sie hatte solche Angst gehabt, als er James mit dieser grässlichen Stichwaffe so heimtückisch angriff …
Susanna öffnete die Augen. James stand vor ihr und sah sie fragend an.
"Ja, was ist?"
"Sag mal – willst du mir Schießunterricht geben?"
Susanna atmete tief ein. Ihr war schwindlig. "Nur, wenn du darauf bestehst!"
Es überraschte sie, dass er plötzlich schallend lachte. "Verflixt – so etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Du wirst eine Legende werden. Das ist dir doch klar?"
Susanna blieb stocksteif stehen. "Meinst du, du könntest hier irgendwo ein Glas Sherry für mich auftreiben, James?" fragte sie mit schwacher Stimme, händigte ihm den Revolver aus und rieb sich die Augen. "Ich fühle mich plötzlich so … komisch."
Bevor sie wusste, wie ihr geschah, hob er sie hoch und brachte sie in das nächste Zimmer. Auf einem schmalen Sofa ließ er sie nieder. "Geht es dir gut?" fragte er, schob ihre Röcke beiseite und setzte sich neben sie. Er klang aufrichtig besorgt.
"Ich … ich glaube schon."
"Wirklich?" Er zog sie an sich. "Jetzt kannst du ruhig ein wenig weinen."
Sie drückte ihn weg und sah zu ihm hoch. "Weinen? Warum sollte
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