Lord Garrows widerspenstige Braut
Umgang mit den Menschen in den Highlands, insbesondere mit den Frauen: Es isch nöd immer so, wia mer meint. "
Als sie verwirrt die Stirn runzelte, wiederholte er in Englisch: "Es ist nicht immer so, wie man meint."
10. Kapitel
An dieses Fest wird sich der ganze Umkreis noch lange erinnern, dachte James, als er die etwas mehr als zwanzig Meilen lange Strecke von Beauly nach Hause ritt. Alle in Drevers waren froh gewesen, dass der verhasste Mr. Colin abgelöst worden war. Schon alleine deswegen würden die Menschen in Drevers für Susanna durchs Feuer gehen. Außerdem hatte sie den Mann eigenhändig angeschossen. Die Leute in Drevers hatten ihr große Bewunderung gezollt. Und da Susanna zugleich standesbewusst und leutselig war, hatte sie ihren Gästen im Laufe des Festes auch ihren Stolz zurückgegeben.
Auch er selbst war stolz auf seine Frau. Wenn sie ihn nur nicht ständig aus der Fassung bringen würde – er könnte sie fast lieben. Aber jedes Mal, wenn er das Gefühl hatte, ihre Verbindung wäre tragfähig, tat sie irgendetwas völlig Skandalöses.
James wagte nicht daran zu denken, welche Kinder diese Frau ihm gebären würde: Sie würden am Galgen baumeln, noch ehe sie volljährig waren, wenn sie ihre Impulsivität und sein Temperament erbten. Er schüttelte den Kopf, entsetzt über das Abschweifen seiner Gedanken. Bevor nicht irgendwie ein Vertrauensverhältnis zwischen ihnen entstand, war es sinnlos, an Kinder überhaupt zu denken.
Er grübelte. Zuerst hatte er gedacht, sie würde nur vor der ehelichen Vereinigung zurückscheuen. Nun, sie war weiß Gott leidenschaftlich genug. Dieses Problem hätte er irgendwann lösen können. Aber mittlerweile dämmerte ihm, dass mehr hinter ihrer Verweigerungshaltung steckte als Angst vor dem Akt an sich. Er hatte nur noch nicht herausbekommen, was es war. Nun, er hoffte, während seiner einwöchigen Abwesenheit hätte sie ihre Meinung geändert.
James blickte zurück auf die Ochsenkarren, die ihm folgten. Er hatte zwei Wagenladungen an Vorräten, Saatgut und Werkzeug in Beauly erstanden, die fast ausschließlich für Drevers bestimmt waren. Mit einem unguten Gefühl hatte er die Händler mit einem Wechsel auf das Konto bei der Bank in Edinburgh bezahlt, das der Earl für Susanna eingerichtet hatte, welches aber auf seinen Namen lief.
Es war ihm unangenehm gewesen, ihr Geld zu benutzen – doch er hatte keine andere Wahl gehabt. Schließlich hatte er der Hochzeit wegen aufhören müssen zu arbeiten und konnte kein eigenes Geld mehr verdienen. Daher hatte er beschlossen, alles was Susanna und er selbst für den Gebrauch in Galioch bestimmt hatten, als Anzahlung auf sein Gehalt als Verwalter von Drevers anzusehen.
Der Anwalt, dem er in Beauly einen Besuch abgestattet hatte, hatte sich ohnehin geweigert, das Konto in Edinburgh oder das Eigentum an Drevers auf Susannas Namen umzuschreiben. Offen hatte er James ins Gesicht gesagt, dass er verrückt sein müsse, so etwas von ihm zu verlangen. Angeblich gäbe es keine rechtliche Handhabe für so etwas. Darüber hinaus hatte der Mann James versichert, dass er auch von jedem anderen Anwalt hören würde, dass es unmöglich war, Susanna das Eigentum an Drevers rechtsgültig zu übertragen.
Stattdessen hatte James Susanna lediglich das übliche Drittel an allen Geldern und an allem Grundbesitz testamentarisch vermachen können. Der Rest würde automatisch an eventuelle Kinder fallen. Beim Gedanken daran verzog er das Gesicht. Wie sollte er das einer Frau erklären, die ohnehin der Ansicht war, die Männer hätten sich gegen die Unabhängigkeit aller Frauen verschworen? Noch dazu, wo er ihr sein Ehrenwort gegeben hatte …
Susanna war der Ansicht, Drevers wäre ihr Eigentum. Aber auf dem Papier gehörte es nach wie vor ihm – und das würde vermutlich auch so bleiben. Vorsorglich hatte er vor dem Anwalt zwar eine Erklärung unterschrieben, in der er Susanna mit Wirkung vom Unterzeichnungsdatum Drevers übereignete. Vor Gericht würde diese Urkunde, obwohl der Anwalt sie beglaubigt hatte, aber keinen Bestand haben. Dabei hatte James immer gedacht, dass es Frauen in Schottland mit eigenem Vermögen gab! Dabei verhielt es sich so, dass eine Frau verwitwet oder eine Waise sein musste, um über ihr Eigentum selbst verfügen zu können – und dann auch nur bis zur Hochzeit. James seufzte. Er wusste, er würde Susanna gegenüber ausweichend bleiben müssen, was das Thema Frauen und Eigentum anging.
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