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Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Titel: Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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auf den Schädel bekommen und ist daran gestorben. Ich hoffe nur, daß mein Kollege und der Polizeipräsident ebenso verschwiegen sind. Natürlich habe ich sie gewarnt, nach allem, was Sie mir gestern schon gesagt haben.«
    »Das ist ja alles schön und gut«, meinte Wimsey, »aber was für konkrete Beweise haben wir schließlich gegen diese Frau? Ein geschickter Verteidiger reißt uns den ganzen Fall in Fetzen. Das einzige, was wir ihr mit Sicherheit nachweisen können, ist der Einbruch in das Haus in der Hampstead Heath und der Kohlediebstahl. Die anderen Todesfälle wurden bei den Untersuchungen als natürlich bezeichnet. Und was Miss Findlater betrifft – selbst wenn wir beweisen könnten, daß es Chloroform war – an Chloroform ist nicht schwer heranzukommen –, es ist schließlich kein Arsen oder Zyanid. Und selbst wenn auf dem Schraubenschlüssel Fingerabdrücke wären –«
    »Es sind keine drauf«, sagte Parker finster. »Diese Frau weiß, was sie will.«
    »Weswegen wollte sie denn Vera Findlater überhaupt umbringen?« fragte der Arzt plötzlich. »Nach allem, was Sie mir erzählt haben, war doch das Mädchen ihre wertvollste Zeugin. Sie war die einzige, die bestätigen konnte, daß Miss Whittaker für die andern Verbrechen – falls es Verbrechen waren – ein Alibi hatte.«
    »Sie könnte zuviel über die Beziehungen zwischen Miss Whittaker und Mrs. Forrest herausbekommen haben. Mein Eindruck ist, daß sie ihren Zweck erfüllt hatte und jetzt gefährlich wurde. Nun hoffen wir die Forrest und die Whittaker überraschen zu können, sobald sie Verbindung aufnehmen. Wenn uns das erst gelungen ist –«
    »Autsch!« sagte Dr. Faulkner. Er war ans Fenster getreten.
    »Ich will Sie ja nicht unnötig erschrecken, aber soeben sehe ich Sir Charles Pillington im Gespräch mit dem Sonderkorrespondenten des Wire. Der Yell hat heute morgen auf einer ganzen Seite die Banditenversion gebracht, nebst einem patriotischen Artikel über die Gefährlichkeit, farbige Ausländer zu hofieren. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß der Wire nicht zögern würde, Erzengel Gabriel persönlich zu bestechen, um die Geschichte des Yell zu übertrumpfen.«
    »O verdammt!« rief Parker, schon auf dem Weg zum Fenster.
    »Zu spät«, sagte der Arzt. »Der Wire -Mensch ist schon im Postamt verschwunden. Sie können natürlich noch anrufen und versuchen, das Schlimmste zu verhindern.«
    Dies tat Parker und wurde vom Wire -Redakteur höflich dahingehend beruhigt, daß die Geschichte nicht bei ihm angekommen sei, und falls sie noch komme, werde er sich Inspektor Parkers Instruktionen zu Herzen nehmen.
    Der Redakteur des Wire hatte die reine Wahrheit gesagt. Die Geschichte war vom Redakteur des Evening Banner entgegengenommen worden, der Schwesterzeitung des Wire. In Krisenzeiten ist es eben manchmal ganz natürlich, wenn die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut. Schließlich handelte es sich um einen Exklusivbericht.

22
Eine Gewissensfrage
    Ich weiß, du hältst auf Religion, Glaubst an das Ding, das man Gewissen nennt, Und an der Pfaffen Brauch und Observanz, Die ich dich sorgsam hab erfüllen sehn.
    TITUS ANDRONICUS
    Donnerstag, der 23. Juni, war der Vorabend von Johanni. Das schlichtgrüne Werktagskleid, in dem die Kirche sich nach der hochzeitlichen Verzückung der Pfingsttage ihren Alltagsaufgaben widmete, war abgelegt, und wieder strahlte der Altar in Weiß. In der Jungfrauenkapelle von St. Onesimus war die Vesper aus – ein feiner Weihrauchdunst schwebte wie ein Wölkchen unter dem düsteren Dachgebälk. Ein sehr kurzer Altardiener erstickte mit einem sehr langen Löschhütchen aus Messing die Kerzen und mischte in den Wohlgeruch den unangenehmen, wenngleich geheiligten Geruch von heißem Wachs. Die kleine Gemeinde älterer Damen erwachte zögernd aus ihrer Andacht und verzog sich unter einer Serie tiefer Kniefälle. Miss Climpson sammelte einen Stapel kleiner Gesangbüchlein ein und suchte ihre Handschuhe. Dabei ließ sie ihr Gebetbuch fallen, und es fiel zu ihrem Verdruß hinter die lange Kniebank, wobei ein kleiner Pfingstregen von Osterkärtchen, Lesezeichen, Heiligenbildchen, getrockneten Palmen und Ave Marias in die dunkle Ecke hinter dem Beichtstuhl flatterte.
    Miss Climpson entfuhr ein unwirsches »Ach!«, während sie hinterhertauchte – doch sogleich bereute sie diesen ungebührlichen Zornesausbruch an heiligem Ort. »Disziplin«, murmelte sie, als sie das letzte verlorene Schäflein unter einem Kniekissen

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