Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes
Schilde.«
»Was war mit den Mädchen?«
»Um die Zeit waren gerade neue gekommen. Mit ihnen hat sie wahrscheinlich nicht darüber gesprochen, und ich würde mich sowieso nicht mit dem Personal über einen Patienten unterhalten.«
»Natürlich nicht. Warum waren die andern Mädchen fortgegangen? Wie viele waren es überhaupt? Sind alle gleichzeitig gegangen?«
» Zwei sind gegangen. Das waren Schwestern. Die eine hat furchtbar viel Porzellan zerschlagen, bis Miss Whittaker ihr gekündigt hat, und da ist die andere auch gleich gegangen.«
»Ach ja, man kann es schon satt bekommen, sein kostbares Crown Derby auf dem Fußboden herumkullern zu sehen. Schön. Dann hatte das also nichts mit … es hat nicht irgendwelche kleinen …«
»Es lag nicht daran, daß sie mit der Krankenschwester nicht ausgekommen wären, falls Sie das meinen«, sagte Schwester Philliter lächelnd. »Es waren sehr artige Mädchen, nur nicht sonderlich intelligent.«
»Verstehe. Aber hat es nun einmal irgendeinen merkwürdigen, ganz andersartigen Vorfall gegeben, der Licht auf die Geschichte werfen könnte? Ich glaube, einmal war ein Rechtsanwalt zu Besuch und hat Ihre Patientin furchtbar aufgeregt. War das zu Ihrer Zeit?«
»Nein. Das habe ich nur von Dr. Carr gehört. Aber er hat weder den Namen dieses Anwalts erfahren noch den Zweck seines Besuchs, noch sonst etwas.«
»Schade«, sagte Seine Lordschaft. »Von diesem Anwalt hatte ich mir viel versprochen. Sind Sie nicht auch anfällig für diesen finsteren Charme, den so ein Rechtsanwalt an sich hat, der plötzlich mit einem kleinen Köfferchen anrückt, die Leute mit geheimnisvollen Mitteilungen erschreckt und beim Weggehen die dringende Anweisung hinterläßt, man solle ihn sofort rufen, wenn etwas geschehe. Ohne diesen Anwalt hätte ich Dr. Carrs medizinisches Problem wahrscheinlich nicht mit dem Respekt behandelt, den es verdient. Er ist wohl nie wiedergekommen oder hat geschrieben?«
»Das weiß ich nicht. Oder – Moment! Da fällt mir etwas ein. Ich erinnere mich, wie Miss Dawson wieder einen ihrer hysterischen Anfälle in dieser Art hatte und dasselbe sagte, was sie damals gesagt hat – daß ›man versuche, sie vor der Zeit unter die Erde zu bringen‹.«
»Wann war das?«
»Ein paar Wochen bevor ich ging. Soviel ich weiß, war Miss Whittaker mit der Post zu ihr hinaufgegangen, wobei auch ein paar Sachen zu unterschreiben waren, und das scheint sie sehr erregt zu haben. Ich kam gerade von einem Spaziergang zurück und fand sie in einer schrecklichen Verfassung wieder. Die Mädchen hätten Ihnen darüber wirklich mehr sagen können als ich, denn sie waren auf dem Gang mit Abstauben und dergleichen beschäftigt und haben sie toben hören, worauf sie schnell heruntergekommen sind und mich nach oben geschickt haben. Ich selbst habe sie natürlich nicht gefragt, was da losgewesen sei – es geht nicht an, daß Krankenschwestern hinter dem Rükken ihres Arbeitgebers mit dem Personal tratschen. Miss Whittaker hat mir erklärt, ihre Tante habe eine ärgerliche Mitteilung von einem Notar bekommen.«
»Ja, das klingt, als wenn etwas daran sein könnte. Wissen Sie noch, wie die Mädchen hießen?«
»Wie war denn noch der Name? Er war komisch, sonst würde ich mich nicht erinnern – Gotobed, so hießen sie – Bertha und Evelyn Gotobed. Ich weiß nicht, wohin sie dann gegangen sind, aber das werden Sie gewiß herausbekommen.«
»Nun noch eine letzte Frage, und ich bitte Sie, bei der Antwort alles über christliche Nächstenliebe und üble Nachrede zu vergessen. Was ist Miss Whittaker für eine Frau?«
Ein undefinierbarer Ausdruck huschte über das Gesicht der Schwester.
»Groß, hübsch, von sehr entschiedenem Wesen«, sagte sie, ganz wie jemand, der gegen seinen Willen strenge Gerechtigkeit walten läßt. »Eine ungemein tüchtige Krankenschwester – sie war am Royal Free, wie Sie wissen, bis sie zu ihrer Tante zog. Ich meine, sie war eine Krankenschwester wie fürs Theater. Mich hat sie nicht gemocht, und ich sie auch nicht, Lord Peter – es ist wohl besser, wenn ich Ihnen das gleich sage, dann können Sie alles, was ich über sie sage, vielleicht etwas milder betrachten –, aber gute Arbeit wußten wir beide zu schätzen, und wir haben einander respektiert.«
»Was in aller Welt kann sie denn gegen Sie gehabt haben, Miss Philliter? Ich wüßte wirklich nicht, wann ich je einer liebenswerteren Person begegnet wäre, wenn Sie mir die Bemerkung gestatten.«
»Das weiß ich
Weitere Kostenlose Bücher