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Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Titel: Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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nicht?«
    »So ist es – eine recht unerfreuliche Geschichte«, meinte Lord Peter nur, »und jetzt habe ich einen ähnlichen Fall an der Hand und bitte um Ihre Hilfe.«
    »Bitte setzen Sie sich doch«, sagte Schwester Philliter und ging mit gutem Beispiel voran. »Inwiefern habe ich mit der Sache etwas zu tun?«
    »Soviel ich weiß, kennen Sie Dr. Edward Carr – früher Leahampton –, ein gewissenhafter Mensch, nur ein bißchen arm an Welterfahrung – nicht klug wie die Schlangen, wie uns die Bibel rät, sondern ziemlich das Gegenteil.«
    »Was!« rief sie. »Glauben Sie denn, daß es Mord war?«
    Lord Peter sah sie ein paar Sekunden an. Ihr Gesicht verriet Eifer, ihre Augen glühten unter den dichten, geraden Brauen.
    Sie hatte ausdrucksvolle Hände, ziemlich groß, mit kräftigen, flachen Gelenken. Er sah, wie ihre Finger die Lehnen ihres Sessels umspannten.
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, antwortete er lässig, »möchte aber Ihre Meinung hören.«
    »Meine?« – Sie besann sich rasch. »Wissen Sie, ich darf über meine Fälle ja eigentlich nicht reden.«
    »Sie haben mir Ihre Meinung schon gesagt«, meinte Seine Lordschaft grinsend. »Obwohl ich dabei vielleicht eine gewisse Voreingenommenheit zugunsten von Dr. Carrs Diagnose berücksichtigen sollte.«
    »Nun ja – schon; aber es ist nicht nur das Persönliche. Ich meine, daß ich mit Dr. Carr verlobt bin, würde mein fachliches Urteil über einen Krebspatienten nicht beeinflussen. Ich habe mit ihm zusammen an vielen Fällen gearbeitet und weiß, daß auf seine Meinung Verlaß ist – wie ich auch weiß, daß es sich mit seinen Fahrkünsten genau umgekehrt verhält.«
    »Schön. Ich verstehe das so: wenn er sagt, daß der Tod unerklärlich war, dann war er es auch. Das hätten wir also. Nun zu der alten Dame selbst. Soweit ich verstanden habe, war sie gegen Ende leicht verdreht, nicht ganz zurechnungsfähig, wie Sie es wohl nennen würden.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das sagen würde. Natürlich, wenn sie unter Morphium stand, war sie oft stundenlang bewußtlos oder höchstens bei halbem Bewußtsein. Aber bis zu meinem Weggehen, würde ich sagen, war sie – nun ja, ganz da. Gewiß, sie war eigensinnig – oder was man bei günstiger Beurteilung ein Original nennen würde.«
    »Aber wie Mr. Carr mir erzählte, hatte sie doch so merkwürdige Vorstellungen – daß man sie vergiften wolle.«
    Die Schwester rieb langsam mit den Fingern über die Sessellehne und zögerte.
    »Falls es das Ihrem Berufsethos etwas leichter macht«, sagte Lord Peter, der erriet, was unter den roten Haaren vor sich ging, »sollte ich Ihnen vielleicht sagen, daß ich dieser Sache zusammen mit meinem Freund, Kriminalinspektor Parker, nachgehe, was mir sozusagen ein Recht gibt, Fragen zu stellen.«
    »Nun, wenn das so ist – in diesem Falle werde ich wohl frei reden können. Das mit dieser Vergiftungsangst habe ich nämlich nie ganz verstanden. Ich habe nie etwas davon gemerkt – keine Abneigung, meine ich, keine Angst vor mir. In der Regel läßt ein Patient es sich doch anmerken, wenn er merkwürdige Vorstellungen von der Krankenschwester hat. Die arme Miss Dawson war aber immer ausgesprochen nett und liebenswürdig. Sie hat mich zum Abschied sogar geküßt und mir ein kleines Geschenk gegeben und gesagt, es tue ihr sehr leid, mich zu verlieren.«
    »Und keine Nervosität, wenn sie von Ihnen ihr Essen bekommen hat?«
    »Ach, wissen Sie, die letzte Woche durfte ich ihr gar nicht mehr das Essen bringen. Miss Whittaker sagte, ihre Tante habe seit neuestem solch merkwürdige Vorstellungen, und hat ihr alle Mahlzeiten selbst gebracht.«
    »Oh! Das ist sehr interessant. Dann war es also Miss Whittaker, die zum erstenmal von dieser kleinen Exzentrizität gesprochen hat?«
    »Ja. Und sie hat mich gebeten, Miss Dawson gegenüber nichts davon zu erwähnen, um sie nicht aufzuregen.«
    »Haben Sie es doch erwähnt?«
    »Nein. Ich würde auf keinen Fall mit einem Patienten über so etwas sprechen. Dabei kommt nichts Gutes heraus.«
    »Hat Miss Dawson je mit jemand anderem darüber gesprochen? Etwa mit Dr. Carr?«
    »Nein. Laut Miss Whittaker hatte ihre Tante auch Angst vor ihm, weil sie meinte, er stehe mit mir im Bunde. Natürlich hat das den Unfreundlichkeiten, die hinterher gesagt wurden, erst die Würze gegeben. Es könnte ja durchaus sein, daß sie uns einmal einen Blick oder ein paar leise Worte hat wechseln sehen und sich daraufhin einbildete, wir führten etwas im

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