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Lord Stonevilles Geheimnis

Lord Stonevilles Geheimnis

Titel: Lord Stonevilles Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Jeffries
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doch gesagt, niemand wisse wirklich, was …«
      »Ich war dort.«
      In ihrem Kopf begann sich alles zu drehen. »Sie haben es gesehen?«, fragte sie fassungslos.
      »Nein. Ich bin zu spät gekommen.«
      »Dann wissen Sie also gar nicht genau, was damals vorgefallen ist.«
      Sein schroffes Lachen erschütterte sie bis ins Mark. »Oh doch, das weiß ich! Sie ist hinter ihm hergeritten, weil sie wütend auf ihn war wegen … eines Vorfalls. Ich wollte, dass Großmutter ihr folgt, weil ich wusste, dass nur sie sie beruhigen konnte, aber Großmutter hielt das für übertrieben. Erst als es dunkel wurde und meine Mutter immer noch nicht zurück war, sind Großmutter und ich zur Jagdhütte geritten.«
      Seine Stimme wurde immer leiser, und Maria musste näher an ihn herantreten, um ihn trotz des Regens verstehen zu können, der inzwischen eingesetzt hatte und laut auf das Dach trommelte.
      »Es brannte kein Licht«, erzählte Oliver weiter. »Alles war unheimlich still. Ich sollte draußen warten, während Großmutter nachsah, ob die Pferde im Stall waren, aber ich habe nicht auf sie gehört. Ich bin einfach in die Hütte gelaufen.« Er erschauerte. »Ich war derjenige, der sie gefunden hat.«
      »Oh, Oliver!«, hauchte Maria bestürzt. Es musste schrecklich sein, einer solchen Gewaltszene ansichtig zu werden, aber wie viel furchtbarer war es erst, die eigenen Eltern tot daliegen zu sehen? Bei der Vorstellung, wie Oliver allein dort gestanden und sich Vorwürfe gemacht hatte, weil er seiner Mutter nicht schon früher nachgeritten war, drehte sich Maria der Magen um. Wie hatte er diese Bürde nur die vielen Jahre tragen können?
      Sie ging zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter, doch er schien es gar nicht wahrzunehmen.
      »Überall waren Blutspritzer, vom Boden bis zur Decke«, sagte er mit brüchiger Stimme. »Ich habe heute noch Albträume davon. Mutter lag mit einem Loch in der Brust auf dem Teppich. Die Pistole lag neben ihrer schlaffen Hand. Und Vaters Gesicht …«
      Als Oliver schauernd verstummte, streichelte Maria seinen Rücken, aber sie wusste, dass es kaum ein Trost für ihn sein konnte.
      Nach einer Weile sprach er mit festerer Stimme weiter. »Es war offensichtlich, dass ich nichts mehr für ihn tun konnte, doch ich stürzte auf Mutter zu, weil ich dachte, sie hätte sich bewegt, aber es war natürlich nur eine Illusion gewesen. Als ich sie in die Arme schloss, war sie schon kalt. Ich war im Nu voller Blut. So fand mich meine Großmutter kurz darauf. Blutverschmiert und tränenüberströmt wiegte ich meine Mutter in den Armen. Sie musste sie mir fast gewaltsam entreißen.«
      Maria fing an zu schluchzen. Sie weinte wegen des schmerzlichen Verlusts, den Oliver erlitten hatte. Und wegen des Jungen, der etwas gesehen hatte, das er niemals hätte sehen dürfen.
      Ihm entfuhr ein erstickter Seufzer. »An das, was danach kam, erinnere ich mich nur dunkel. Großmutter wickelte mich in eine Decke oder so etwas, und wir ritten so schnell nach Hause, als wäre der Leibhaftige hinter uns her. Unterwegs habe ich die Decke verloren, und so sahen mich ein paar Stallburschen in meiner blutverschmierten Kleidung. Mir war es völlig egal, aber Großmutter wusste, was die Leute denken würden. Nachdem sie den hiesigen Constable benachrichtigt hatte, musste ich mich splitternackt ausziehen und ihr meine Kleider zum Verbrennen geben. Dann hat sie den Stallburschen Schweigegeld gezahlt und sich die Geschichte mit dem Einbrecher ausgedacht. Es würde mich nicht überraschen, wenn sie auch den Constable bestochen hat.«
      Seine Stimme wurde kalt. »Es hat nicht viel genützt. Die Bediensteten haben zwar Stillschweigen bewahrt, aber wir hatten damals eine Wochenendgesellschaft, und unseren Gästen ist der Aufruhr und die Tatsache, dass ich einige Zeit verschwunden war, natürlich nicht entgangen. Und so fing die Gerüchteküche an zu brodeln.«
      Maria war entrüstet. »Menschen können so grausam sein!«
      »Ja.« Er wandte sich ihr zu, und in seinen rotgeränderten Augen brannten Tränen. »Aber jetzt wissen Sie, warum ich niemals aus Geldgründen heiraten würde. Und ich werde auch nicht zulassen, dass Sie eine Geldheirat eingehen. Es ist eine Falle, die tödlich sein kann.«
      Ohne jede Vorwarnung gab er ihr einen langen, leidenschaftlichen Kuss, der ihr gleichsam die Seele raubte. Sie klammerte sich an seine Schultern, an seine breiten Schultern, die so viel zu tragen hatten, und

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