Lord Stonevilles Geheimnis
guten Ehemann abgeben würde. Ich hätte Prudence niemals dazu ermuntern dürfen, sich für ihn zu interessieren, und diese Ehe niemals fördern dürfen.« Sie seufzte bekümmert. »Aber ich dachte, Prudences Liebe würde ihn verändern.«
»Genau wie Sie denken, dass meine Liebe Oliver verändern wird.«
Die alte Dame sah verblüfft und zugleich hoffnungsvoll auf. »Sie lieben ihn?«
Maria starrte sie verdutzt an. Grundgütiger, es war die Wahrheit. Sie liebte ihn tatsächlich. Es hatte keinen Sinn, es zu leugnen.
Doch er würde ihre Liebe niemals erwidern können. Für ihn war Liebe »nur ein vornehmes Wort für Begierde«.
Als ihr die Tränen kamen, kämpfte sie mit aller Kraft dagegen an und ergriff Mrs Plumtrees Hände. »Bitte sagen Sie es ihm nicht, ich flehe Sie an! Er wird es ausnutzen, um von mir zu bekommen, was er will.«
»Meine Liebe …«
»Schwören Sie, dass Sie es ihm nicht sagen! Denken Sie an Ihre Tochter.«
»Ich denke ja an meine Tochter. Sie würde sich etwas Besseres für ihren Sohn wünschen als das Leben, das er zurzeit führt.« Mrs Plumtree umklammerte Marias Hände überraschend fest. »Sie denken, er wäre wie sein Vater, aber eigentlich kommt er nach seiner Mutter. Ich weiß nicht, warum er unbedingt den Weg seines Vaters einschlagen musste, aber so ist er nicht, das schwöre ich Ihnen.«
»Wie können Sie sich dessen so sicher sein?«, fragte Maria im Flüsterton.
Aus Mrs Plumtrees blauen Augen sprach unendlicher Kummer. »Irgendetwas ist an jenem Abend vorgefallen, bevor wir zur Jagdhütte geritten sind. Mein Enkel sagte, er habe Streit mit seiner Mutter gehabt, und dass sie aus diesem Grund losgeritten sei, um Lewis zu suchen. Oliver wollte mir nicht sagen, worum es bei dem Streit ging, aber ich weiß, dass es ihn tief verletzt hat. Die Wunde hat er seitdem standhaft ignoriert, aber er braucht jemanden, der sie heilt. Und ich glaube, dass Sie das können.«
»Ich will es aber nicht.« Maria entzog Mrs Plumtree ihre Hände. »Ich will mein Leben zurück, mein ganz normales amerikanisches Leben mit Leuten, die sagen, was sie denken, und tun, was sie …« Sie hielt inne. Selbst ihr normales amerikanisches Leben war eine Lüge, wie Nathan bewiesen hatte.
Dennoch war es besser, als Oliver zu lieben und darunter zu leiden, dass er sie nicht ebenso lieben konnte.
»Wie ich sehe, kann ich Sie nicht davon abhalten zu gehen«, sagte Mrs Plumtree. »Also werde ich Sie nicht weiter behelligen. Ich kann Sie nur eindringlich bitten, ihn noch nicht aufzugeben. Nicht, solange noch Hoffnung besteht. Ich bin davon überzeugt, dass er Sie trotz allem noch überraschen kann.«
»Natürlich sind Sie davon überzeugt – und Sie sollten es auch sein. Sie sind schließlich seine Großmutter. Aber ich kann es mir nicht leisten, so blind zu sein.«
Damit wendete sich Maria wieder ihren Koffern zu.
Mrs Plumtree ging zum Toilettentisch. »Aber die nehmen Sie doch mit, oder?«
Maria drehte sich um und sah, dass sie die Schatulle mit der Perlenkette in der Hand hielt, die Oliver ihr geschenkt hatte. »Natürlich nicht. Sie steht mir nicht zu.«
»Oh doch!« Mrs Plumtree hielt ihr die Schatulle hin. »Sie hat meiner Tochter gehört. Ich möchte, dass Sie sie tragen.«
»Verzeihen Sie mir, aber unter den gegebenen Umständen kann ich sie nicht annehmen.«
Mrs Plumtree schüttelte den Kopf. »Sie sind genauso dickköpfig wie Oliver.«
»Es ist das Einzige, das wir miteinander gemein haben.«
»Nun, das haben wir wohl alle drei miteinander gemein.« Ein kleines Lächeln spielte um Mrs Plumtrees Mundwinkel. »Also gut. Ich werde die Kette aufbewahren, bis Sie zurückkehren«, sagte sie, dann fügte sie herzlich hinzu: »Sie sind hier jederzeit willkommen, meine Liebe. Was immer zwischen Ihnen und Oliver geschehen mag.«
Maria sah sie überrascht an.
Mrs Plumtrees Lächeln wurde breiter. »Ich hätte Sie natürlich lieber in der Familie, aber falls nichts daraus wird, wäre es mir eine große Freude und Ehre, wenn Sie mich als Ihre Freundin betrachten würden.«
Maria bekam einen Kloß im Hals. »Vielen Dank, es würde mich sehr glücklich machen, mit Ihnen befreundet zu sein.«
»Und ich werde Ihr Geheimnis bewahren, obwohl ich nicht glaube, dass es etwas nützt. Meiner Meinung nach wird Oliver Sie nicht so leicht gehen lassen, wie Sie denken.«
»Vertrauen Sie mir, er wird sich dazu beglückwünschen, dass er
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