Lord Stonevilles Geheimnis
schockierter darüber, dass er obendrein ihren Vater belogen hatte.
Freddy hatte sie ins Gasthaus mitgenommen, und als er Maria und Mr Pinter dort nicht angetroffen hatte, hatte er die Pastetchen vor Marias Zimmertür stehen lassen. Er hatte Miss Kinsley vorgeschlagen, mit ihren Eltern über den betrügerischen Mr Hyatt zu sprechen, aber sie waren an diesem Vormittag nicht zu Hause. Mr Kinsley war geschäftlich unterwegs, und Mrs Kinsley tätigte Einkäufe.
Also war Freddy mit Miss Kinsley losgezogen, um ihre Mutter zu suchen, und während sie völlig vernarrt ineinander durch die Straßen schlenderten, waren sie irgendwann Mr Pinter in die Arme gelaufen. Da die Zeit knapp war, hatte Mr Pinter sie zurück zum Gasthaus gescheucht und ihnen unterwegs erzählt, wie das Treffen mit Nathan verlaufen war. Ihm war natürlich bewusst, dass die Eltern von Miss Kinsley sich ihnen gegenüber vielleicht nicht so hilfsbereit zeigen würden, wie es die junge Frau zu sein schien.
Maria war es unangenehm, dass Freddy und Mr Pinter Miss Kinsley derart überrumpelt und in Beschlag genommen hatten. Sie ergriff ihre Hände, um sich bei ihr zu entschuldigen. »Ich weiß, wie schlimm das alles für Sie sein muss, und es tut mir leid, dass Sie auf so unschöne Weise die Wahrheit über Mr Hyatt erfahren mussten.«
»Schon gut«, sagte Miss Kinsley reichlich unbekümmert. »Ehrlich gesagt habe ich so etwas schon geahnt.«
»Dann sind Sie also nicht in Mr Hyatt verliebt?«, fragte Maria, denn in diesem Punkt wollte sie ganz sicher sein.
»Du lieber Gott, nein! Ich kenne ihn ja kaum.« Miss Kinsley verzog nachdenklich das Gesicht. »Außerdem sagt er ständig Sachen, die ich nicht verstehe. Er ist zu schlau für mich. Und wenn ich ihn um eine Erklärung bitte, behandelt er mich wie ein Kind. Ich bin kein Kind! Manchmal brauche ich einfach nur ein bisschen Hilfe, um die Dinge zu begreifen.«
»Das ist doch völlig normal«, bemerkte Freddy. »Man kann schließlich nicht immer alles sofort verstehen!«
Mr Pinter sah aus, als hätte er größte Mühe, ernst zu bleiben.
»Aber das Beste hast du noch gar nicht gehört, Mopsy«, rief Freddy. »Sagen Sie es ihr, Miss Kinsley. Schnell!«
Als die junge Dame ihr »das Beste« schilderte, staunte Maria nicht schlecht. Miss Kinsley war keineswegs so dumm, wie sie gedacht hatte. Was sie ihr mitzuteilen hatte, veränderte alles.
»Wären Sie unter Umständen dazu bereit, Ihre Ausführungen vor Gericht zu wiederholen?«, fragte Maria.
»Ich glaube, so lange müssen wir nicht warten«, bemerkte Mr Pinter. »Ich würde sagen, wir machen auf der Stelle von diesen Informationen Gebrauch.«
Maria sah ihn an. »Sie meinen …«
»Ja. Wir sollten Mr Hyatt erneut einen Besuch abstatten.«
»Würden Sie uns vielleicht begleiten, Miss Kinsley?«, fragte Maria. »Auch wenn es eine große Unannehmlichkeit ist.«
»Ach, gar nicht.« Miss Kinsley errötete ganz bezaubernd, als sie Freddy ansah. »Es ist einfach das Richtige.«
»Ich werde euch beide beschützen«, sagte Freddy und klopfte auf das Schwert an seinem Gürtel.
»Du kommst nur mit, wenn du das Schwert hierlässt«, schimpfte Maria, als sie hinter dem Paravent hervorkam. Dann geriet sie ins Grübeln. Wenn Oliver Nathan inzwischen gefunden hatte … »Ach, wenn ich es recht bedenke, können wir es vielleicht doch gebrauchen.«
Auf dem Weg zur Tür blieb sie stehen, um Miss Kinsley in die Arme zu schließen. »Vielen Dank!«
Die junge Frau strahlte. »Keine Ursache.«
Maria sah Freddy an. »Und auch dir, lieber Vetter, bin ich zu Dank verpflichtet.«
Er bekam zwar rote Ohren, markierte aber den starken Mann. »Nichts zu danken, Mopsy. Ein Mann tut, was er tun muss, um seine Familie zu schützen.«
Aber manchmal schadete es auch nicht, wenn einem das Schicksal hilfreich zur Seite stand. Und so hoffte Maria, dass Oliver Nathan durch eine glückliche Fügung noch nicht in die Finger bekommen hatte. Schließlich wollte sie auf keinen Fall, dass die Liebe ihres Lebens wegen Mordes gehängt wurde.
Als sie die Pension erreichten, in der Nathan wohnte, erfuhren sie jedoch, dass Oliver bereits dort eingetroffen war. Der Besitzer schien nicht sehr erfreut über den Trubel in seinem Haus zu sein, den der amerikanische Geschäftsmann verursachte. Er wies ihnen mit mürrischer Miene den Weg zum Empfangszimmer, in das sich die beiden Herren erst wenige Minuten zuvor begeben
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