Lord Tedric 02 - Raumpiraten
gebräunte Hand aus. »Tedric, würdest du mich bitte zum Hubschrauber zurückbringen.«
»Natürlich, Alyc, ich werde dich hintragen.«
»Nein, ich gehe selbst.«
»Entschuldige, ich wollte dich nicht kränken ...«
Sie lachte und berührte ihn am Arm. »Tedric, mir ist es egal, was du meintest. Ich verzeihe dir. Doch laß uns jetzt gehen.«
Er wußte nie genau, woran er mit ihr war – was sie mit ihren Worten sagen wollte. Was mochte sie im Moment empfinden? Wilson hatte Melor Carey mehrere Lösegeldforderungen geschickt, doch bis jetzt hatte es dieser nicht für nötig befunden, darauf zu antworten. Sein Schweigen verwunderte Tedric, doch Alyc schien es nicht zu stören. Wieso?
Sie verließen das Zelt. Der rauhe Wind schien hier weniger stark zu wehen. Tedric legte eine Hand an die Stirn, um seine Augen vor dem aufwirbelnden Sand zu schützen. Alyc dagegen benötigte keinen solchen Schutz.
Drei leuchtende Monde am Firmament erhellten die Nacht. Der Wind hatte die Wolken vom Himmel vertrieben, über den beiden Menschen entfalteten die Sterne ihre ganze Pracht. Der Hubschrauber stand etwa vierzig Meter von Rande des Nomaden-Lagers entfernt.
Das Heulen des Windes machte jede Unterhaltung beinahe unmöglich, und Tedric schwieg, bis sie den Hubschrauber fast erreicht hatten. Auch Alyc zog es normalerweise vor, zu schweigen, wenn sie mit dem einen oder anderen Entführer allein war. Doch jetzt brach sie mit dieser Gewohnheit. Obwohl sie beinahe schreien mußte, um verstanden zu werden, sagte sie: »Ich bin froh, daß du micht begleitest, Tedric.«
»Es macht mir nichts aus«, antwortete er. »Wilson und Phillip würden ohnehin noch stundenlang reden. Tatsächlich gibt es aber nichts mehr zu sagen.«
»Da ist etwas, das ich dich schon immer fragen wollte.«
Sein Erstaunen wuchs. Was konnte sie ihn schon fragen wollen? »So?«
»Dein Name, er ist so seltsam. Wie bist du dazu gekommen?«
Natürlich wußte Alyc nichts von seiner Herkunft und seinem Werdegang. Tedric hatte vor ihr nichts zu verbergen, doch sie hatte ihn nie nach diesen Dingen gefragt, und er sah keinen Grund, von sich aus Erklärungen abzugeben. Um ihre Frage jetzt zu beantworten, bedurfte es einer langen Erklärung, und der Augenblick dazu war denkbar ungeeignet. Also beschränkte er sich darauf, zu antworten: »Es ist nur ein Name – sonst nichts.«
»Hast du nur diesen einen Namen? Heißt du nur Tedric?«
»Ich habe keine Familie, wenn es das ist, worauf du hinaus willst.«
»Nein, das interessiert mich nicht. Ich ...«
Sie blieb plötzlich stehen, wandte sich um und ergriff mit beiden Händen seinen Arm. Ihr Gesicht trug einen angespannten Zug. So ernst hatte Tedric sie noch nie gesehen. Er begriff, daß sie eine sehr bedeutsame Entscheidung getroffen hatte. »Ich möchte wissen, ob man dich jemals Lord Tedric von den Marschen genannt hat.«
Er hätte nicht verblüffter sein können, wenn sie behauptet hätte, seine Mutter zu kennen. Lord Tedric von den Marschen war der Name, den er schon oft in seinen eigenen Träumen gehört hatte. Es war sein alter Name, sein wirklicher Name. So hatte man ihn da, wo er geboren war und seine Jugend verbrachte, bevor ihn die Wissenden hierher geschickt hatten, genannt. Sogar Phillip Nolan kannte Tedric’s vollen Namen nicht. Also konnte auch Alyc ihn nicht irgendwoher erfahren haben.
»Wo hast du diesen Namen gehört? Hat ihn dein Bruder erwähnt, oder dein Vater?«
Seine Besorgnis mußte sie als Verärgerung aufgefaßt haben, denn sofort ließ sie ihn los und trat ein paar Schritte zurück.
»Ich ... Tedric, bitte, tu mir nicht weh. Sie waren es nicht – ich war es.«
»Was heißt das, du warst es? Ich werde dir nichts tun, sag mir nur, woher du den Namen weißt.«
»Von ... von den Stimmen in meinem Kopf. Sie reden, und ich höre ihnen zu. Manchmal habe ich sie diesen Namen erwähnen hören: Lord Tedric von den Marschen.«
»Wer redet? Welche Stimmen? Wo hörst du sie? Hier, oder wo sonst?«
Sie schüttelte den Kopf, als wolle sie seine drängenden Worte abwehren.
»Ich höre sie überall, immer. Laß uns gehen, Tedric, ich kann hier nicht reden.«
Sie hatte recht, hier war nicht der geeignete Ort. Er ergriff ihren Arm und führte sie zum Hubschrauber. Sie stolperte und fiel gegen ihn, wie in totaler Erschöpfung, und er begriff plötzlich, welch ungeheure Kraft es sie gekostet haben mußte, sich ihm anzuvertrauen. Sie scherzte nicht, diese mysteriösen Stimmen schienen tatsächlich zu
Weitere Kostenlose Bücher