Lord Tedric 02 - Raumpiraten
ergreifen?«
Nolan strich sich nachdenklich über das Kinn.
»Ich für meine Person bezweifle dies.« Er grinste.
»Doch verkehrt wäre es sicherlich nicht, nicht wahr?«
Auch Mo-leete lächelte jetzt. Es war ein seltsames Lächeln, denn Mo-leetes Zähne besaßen nicht die Regelmäßigkeit des menschlichen Gebisses. Die Kiefer der Wykzl wiesen Zahnlücken auf, seine Zähne waren seltsam geformt, wichen von der üblichen Symmetrie ab.
»Nein, Freund Nolan, ich glaube nicht, daß uns selbst Gott jetzt noch helfen könnte.«
*
Auf der Vishnu, die wie ein Fremdkörper in der Rebellenflotte wirkte, saß Wilson, der abtrünnige Roboter, im Kommandostand und dachte nach. Im Grunde wollte er sich keine Gedanken machen, konnte aber nichts dagegen tun, da sein Gehirn niemals ermüdete. Außerdem gab es im Moment keine bessere Beschäftigung. Seine Gedanken gingen seltsame Wege.
Warum mische ich, ein Roboter, mich eigentlich in die Probleme der Menschen? Ich bin schon ein rechter Dummkopf. Zum Teufel, ich bin ebenso eine Laune der Natur wie ein Geschöpf der Menschen, und die Tatsache, warum ich in den Laboratorien mit einem Herz und Gefühlen ausgerüstet worden bin, hat mir bisher niemand ausreichend erklärt. Ich bin aber trotzdem kein Mensch. Wenn ich auch mehr menschliche Eigenschaften besitze als viele von ihnen, werde ich ohne Vater und Mutter niemals als einer der ihren akzeptiert. Ich mag Tedric, und Nolan halte ich trotz all seiner Fehler für einen netten Burschen. Nicht mit den einzelnen habe ich Probleme, sondern mit der Rasse – der ganzen verdammten menschlichen Rasse. Die Dynarx haben wie üblich dazu die richtige Einstellung: Wenn alles durcheinander ist, dann muß man eben mit diesem Durcheinander leben. Wenn nichts mehr einen Sinn und Zweck hat, ist ohnehin alles gleich. Ich bin ein Gesetzloser, kann mich nicht ändern, weil ich so erschaffen worden bin. Äußerlich habe ich zwar Ähnlichkeit mit einem Menschen, doch das ist nur Tarnung. Darunter verbirgt sich ein Körper aus Stahl, Drähten und komplexen Stromkreisen. Ich bin ein Gesetzloser, kann mich nicht ändern, weil ich so erschaffen worden bin. Ich bin Wilson, der abtrünnige Roboter.
Beiläufig warf er einen Blick auf die Navigationsinstrumente des Schiffes. In etwa neun Minuten würde er aus dem N-Raum in den Normalraum eintreten. Das bedeutete, daß Tedric mit dem Flaggschiff der Rebellenflotte schon seit einer Minute in das Solarsystem eingetreten war. Mit anderen Worten: der Kampf hatte begonnen.
Halt aus, Tedric, dachte Wilson. Halt aus, was immer sie auch auf dich abfeuern. Wir andern sind unterwegs, werden ihnen schon bald die Hölle heiß machen.
Und diese Gedanken dachte er mit einer Inbrunst, die ihn selbst verwunderte.
*
Für den Submenschen Keller war die Rebellion gegen den Imperator Matthew I. zu einem heiligen Privatkrieg geworden. Der Sieg bedeutete für ihn viel mehr als die gewaltsame Ablösung derer, die die Macht in den Händen hielten. Für ihn bedeutete er Freiheit, Befreiung ... Keller hatte seinen Standpunkt noch nie mit einem anderen diskutiert, deshalb wußte er nicht, ob seine Meinung richtig war. Und doch glaubte er daran.
Keller besaß eine Frau namens Jania, die in den Dalkaniumminen von Evron 11 arbeitete. Die Minen gehörten der Careyfamilie, die die Submenschen wie Sklaven behandelte, obwohl die Sklaverei im Empire offiziell nicht existierte. Und doch erkannten die reinrassigen Menschen die Submenschen nicht als gleichberechtigte Wesen an, was auch der Grund für ihre Unterdrückung war.
Trotz Jahrhunderte langer Rassenvermischung war die Trennung zwischen den reinrassigen Menschen und den Submenschen nur zu deutlich. Die Submenschen waren das Ergebnis verschiedener Experimente, die vor der Entstehung des Empire mit dem Ziel, dem genetischen Erbgut irdischer Tiere menschliche Eigenschaften, insbesondere Intelligenz, beizufügen, unternommen wurden.
Keller selbst, das wußte er, besaß noch viel von dem genetischen Erbgut eines schon längst ausgerotteten Haustieres, daß man damals Hund genannt hatte. Doch ein Hund lief auf vier Beinen, Keller dagegen ging aufrecht. Ein Hund konnte nicht denken, sich nicht über die Zukunft den Kopf zerbrechen, wie Keller es tat. Er wußte, er war ein Mensch, und betrachtete sich als solchen, ebenso wie alle anderen Submenschen, denen er in seinem Leben begegnet war. Doch die reinrassigen Menschen betrachteten sie mit anderen Augen, besaßen keine Skrupel, mit ihnen
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