Lord Tedric 02 - Raumpiraten
seltsame Geschichte. Vor einem Monat verschwand er plötzlich aus dem Palast. Wir hörten etwas von einem gestohlenen Schiff, doch ich bin mir nicht sicher, ob er etwas damit zu tun hat.«
»Er langweilte sich«, murmelte sie.
»Ich glaube, er ertrug es einfach nicht, ehrbar zu werden. Er ist ein Gesetzloser und kennt nichts anderes.«
»Kürzlich hörte ich von einem Piratenschiff, das im Xylo-Sektor operieren soll.«
»Glaubst du, es ist Wilson?«
»Ich weiß es nicht, möglich wäre es. Das Schiff, das er gestohlen hat – wenn er es gestohlen hat – ist sehr schnell.«
»Wenn er es wirklich ist, wünsche ich ihm viel Glück. Tu mir einen Gefallen, Tedric, laß ihn eine Weile gewähren, fange ihn nicht zu schnell. Gönne ihm sein Vergnügen, laß ihn sein, wer er ist. Wilson ist ein bemerkenswerter Mensch – pardon, ich wollte sagen, eine bemerkenswerte Person. Er muß einfach frei sein.«
Tedric schüttelte den Kopf. »Wer ihn auch immer fangen wird, ich bin es nicht. Wie du weißt, habe ich eine wichtige Verabredung.«
»Und wie geht es meinem Bruder?«, fragte sie.
Die Beantwortung dieser Frage fiel Tedric nicht so leicht. Matthew Carey hatte sich seit seiner Rückkehr zur Erde in jeder Hinsicht kooperativ gezeigt. Er hatte sofort eine öffentliche Erklärung abgegeben, in der er auf seinen Thronanspruch verzichtete, und seinen Vater für die Umstände verantwortlich gemacht, unter denen er die Macht an sich gerissen hatte.
Als Gegenleistung für diese Erklärung hatte Prinz Randow von seiner Bestrafung abgesehen.
Carey lebte nun am kaiserlichen Hof. Doch Tedric traute ihm nicht. Er hatte den Mann noch nie gemocht, doch jetzt wurde Tedric von einem Gefühl beherrscht, daß viel stärker war als einfache Abneigung. Trotz seiner Niederlage benahm sich Carey zu zuversichtlich, zu anmaßend, als wüßte er etwas, das die anderen nicht einmal ahnten.
Alycs Frage versuchte Tedric deshalb so unverbindlich wie möglich zu beantworten: »Matthew geht es gut. Ich sehe ihn in der Woche ein oder zwei Mal. Gelegentlich spricht er von dir. Er hat mir einmal erzählt, daß er vorhat, dich auf Milrod zu besuchen, sobald Randow es erlaubt.«
»Und du hast das geglaubt?« Die Schärfe in ihrer Stimme verwunderte ihn.
»Ich wußte nicht, ob ich ihm glauben sollte oder nicht.«
»Ich glaube ihm kein Wort. Tedric, ich kenne Matthew genau. Was er von mir hält, möchte ich hier lieber nicht wiedergeben. Für ihn gehöre ich nicht mehr zur Familie. Er hat mich längst abgeschrieben, würde mich am liebsten niemals mehr wiedersehen.«
»Das hat er mir jedenfalls nicht gesagt.«
»Gesagt hat er es mir auch nicht. Nach unserer Ankunft auf der Erde bin ich ihm einmal begegnet. Er war höflich und freundlich, trotzdem glaubte ich ihm kein Wort.«
»Du bist immer noch seine Schwester, das verbindet doch.«
»Aber nicht, wenn nur das gleiche Blut in den Adern fließt. Was Matthew angeht, gibt es außer der Blutsverwandtschaft zwischen uns beiden keine andere Gemeinsamkeit. Ein echter Carey kann nicht jahrelang untätig am gleichen Ort herumsitzen, sondern er kämpft, strebt nach irgend etwas, sucht den Kräftevergleich mit dem Universum.
Ich bin zu passiv, um eine echte Carey zu sein. Ich lasse die Dinge einfach auf mich zukommen, versuche nicht, sie durch irgendwelche Handlungen zu beeinflussen und auf andere abzuwälzen. Vermutlich ist meine Blindheit daran schuld. Besäße ich mein Augenlicht noch, bin ich überzeugt davon, daß Vater mich zur Imperatorin gemacht hätte. Denn ich war immer seine Favoritin.«
»Dann bin ich beinahe froh, daß du blind bist. Denn wärest du unser Feind auf der Erde gewesen, bezweifle ich, daß wir den Kampf gewonnen hätten.«
Dieses Kompliment schien sie zu freuen, denn sie lächelte. »Vielen Dank für deine Worte, Tedric, doch kommen wir zur Sache. Bis jetzt haben wir nur über andere geredet. Ich habe dich aus einem ganz bestimmten Grund eingeladen, Tedric, denn ich bin auf etwas sehr Wichtiges gestoßen. Es ist so unglaublich, daß sich alles in mir dagegen sträubt, es zu glauben.«
»Worum geht es?« In Wirklichkeit wußte er es schon, ohne das sie es ausgesprochen hatte. »Es geht um die Stimmen, die du hörst, nicht?«
»Ich weiß jetzt, was sie sind, wer sie sind.«
»Wer?«
Ihre Stimme sank zu einem Flüstern herab. »Seitdem ich hierher zurückgekehrt bin, ist alles anders geworden. Ganz sicher nicht, weil Vater tot ist – er war auch zu Lebzeiten selten zu Hause
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