Lords of Salem: Roman (German Edition)
von der Salem Historical Society bekäme, um sie daran zu erinnern, dass der Besitz eines historischen Hauses eine Verantwortung gegenüber der Gemeinde mit sich brachte, und sie anzuregen, es ordentlich instand zu halten, falls sie eine Geldbuße vermeiden wollte.
Heidis Wohnung war alles andere als historisch. Die Wand hinter ihrem Bett war mit dem Poster eines verlebt wirkenden Keith Richards bedeckt, der neben einem Schild lehnte, auf dem stand: Patience Please. A Drug Free America Comes First! Das Bett war mit Kissen überhäuft und sie selbst von zerknüllten Laken umwickelt.
Sie lag auf dem Bauch. Ihre gebleichten Dreadlocks verbargen das Gesicht. Ihr schlanker nackter Körper war von leuchtenden Tattoos bedeckt, darunter eine aufgewühlte Seeszene mit Fischen und einem Kraken, der über ihren Arm kroch. Der andere Arm wurde vollständig von schwarzumrandeten goldenen Totenköpfen eingenommen, die aneinander nagten und miteinander verschwammen. Zerfetzte Fledermausflügel zogen sich über ihre Schultern und trafen sich auf dem Rücken.
Ihr Vater hätte sich wahrscheinlich im Grab umgedreht, wenn er die Tätowierungen hätte sehen können. Das sagte ihre Mutter manchmal zu ihr – keinesfalls aus Gemeinheit, wirklich, sie konnte einfach nicht anders. Und vielleicht auch, weil sie dachte, sie könne Heidi so davon abhalten, sich noch weitere Tattoos zuzulegen. Das erste hatte sie wochenlang vor ihrer Mutter verborgen, indem sie nur langärmlige T-Shirts trug, wenn sie in der Nähe war, aber dann war sie ihr zufällig in der Stadt über den Weg gelaufen, und die Sache war erledigt. Ihre Mutter hatte sich mehr darüber aufgeregt, dass Heidi das Tattoo versteckt hatte, als über das Tattoo selbst, also hatte sie aufgehört, es zu verbergen. Doch es gab Dinge, die sie noch immer vor ihrer Mutter geheim hielt.
Aber ich war kein schlechtes Kind , dachte Heidi. Nein, sie war ziemlich normal gewesen, ein wenig merkwürdig vielleicht, doch das hatte sich geändert, als sie älter wurde und sich entwickelte. Während der achten oder neunten Klasse war sie von einem Mädchen, das kaum bemerkt wurde, zu einem Mädchen geworden, das fast zu viel Aufmerksamkeit genoss. Doch es geschah auf eine Weise, die sie misstrauisch machte; sie hatte immer das Gefühl, es wäre nur ein glücklicher Zufall, und von einem Tag auf den anderen könnten die Leute wieder aufhören, sie zu beachten.
Als der Radiowecker ansprang und Metal durchs Zimmer dröhnte, wurde sie wach und drehte sich auf die Seite, um die Lautstärke runterzudrehen. Ihr Körper war grazil und wohlproportioniert. Sie hatte sich letzte Nacht nicht damit aufgehalten, ihr dunkles Make-up um die Augen abzuwaschen, und es war ein wenig verlaufen.
Sie schaltete den Wecker aus und richtete sich im Bett auf. Auf dem Nachttisch tastete sie nach ihrer Cateye-Brille, fand sie und setzte sie auf.
Sie seufzte. Wieder eine lange Nacht. Sie hatte vorgehabt, nur ein Glas zu trinken und dann nach Hause und früh ins Bett zu gehen, damit sie am nächsten Tag für ihre Spätschicht beim Radiosender munter und ausgeruht wäre. Jetzt war es schon Nachmittag. Sie erinnerte sich an den einen Drink, doch dann hatte sie sich noch einen genehmigt und danach noch einen. Später war alles etwas neblig geworden. Zum Glück hatte sie es geschafft, den Wecker zu stellen, bevor sie ausgegangen war, sonst wäre sie wahrscheinlich nicht rechtzeitig für ihre Schicht aufgewacht.
Am Fußende des Betts stand Steve, Heidis großer Labradormischling, und wedelte mit dem Schwanz. Als er bemerkte, dass sie ihn ansah, begann sein ganzer Körper zu wackeln, und er lief zur Seite des Bettes, wo er ihr näher kommen konnte. Heidi gähnte.
» Steve …«, sagte sie und unternahm einen halbherzigen Versuch, seinen Kopf zu tätscheln. Als er seinen Namen hörte, stellte Steve die Ohren auf. » Wie wär’s, wenn du mir zur Abwechslung mal Frühstück machst?«, fragte sie.
Steve wedelte weiter mit dem Schwanz.
» Nicht Besonderes«, sagte Heidi, die allmählich etwas munterer wurde. Sie gähnte erneut. » Pochierte Eier mit Schinken und Sauce hollandaise, frisch gepressten Orangensaft und vor allem Kaffee.«
Einen Moment lang beobachtete Steve sie aufmerksam, aber als nichts weiter geschah, drehte er sich einmal im Kreis und legte sich neben das Bett. Heidi sah ihn einfach nur an.
» Das war wohl ein höfliches ›Leck mich am Arsch‹«, sagte sie schließlich.
Sie befreite sich aus den Laken, stand auf
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