Lords of Salem: Roman (German Edition)
strömen«, sagte er.
» Bringt mir den Helm!«, brüllte Hawthorne.
Aber Mather war ihm zuvorgekommen. Die Holzkiste stand bereits neben Hawthorne auf dem Boden. Er klappte den Deckel hoch und zog einen grob geschmiedeten, eingefetteten Helm heraus. Das Eisen, das das gesamte Gesicht bedecken würde, war mit Löchern übersät, zwei unter den Augen und mehrere in einem Halbkreis über der Stirn. Für Uneingeweihte wirkte es, als wäre die Oberfläche mit Rost bedeckt, aber Hawthorne wusste, dass es sich um das Blut vergangener Hexen handelte.
Als Morgan sprach, benutzte sie wieder die Teufelsstimme. Blut floss nun an den Seiten des Stuhls herunter und bildete eine Pfütze auf dem Boden. Sie lachte. » Erfreut euch an meinen momentanen Schmerzen«, sagte sie. » Das Blut, das ich im Todeskampf vergieße, wird der Ozean sein, über den wir segeln, und du, mein lieber Reverend Hawthorne … dein Geschlecht soll das Schiff sein, mit dem der Meister seine Reise vollendet!«
» Ich habe nichts mit dir zu schaffen«, zischte Hawthorne. » Und meine Nachkommen ebenfalls nicht.«
Morgan setzte ein grundloses, schreckliches Grinsen auf. » Nein, Hawthorne«, sagte sie. » Wir werden Salems immerwährende Plage sein.«
Diese letzten Worte wiederholte sie, Salems immerwährende Plage, Salems immerwährende Plage , wieder und wieder, bis sie erst zu einem Singsang und schließlich zu einer Art monotonem Summen wurden. Hawthorne mühte sich mit dem Helm ab. Wieder fuhr ein Windstoß durch den Raum, die Hexen waren plötzlich von ihren Knebeln befreit, und ihre Schreie mischten sich in das Pfeifen des Winds. Es gelang ihm, den Helm aufschnappen zu lassen. Er öffnete sich an einem Scharnier in der Mitte und teilte sich in zwei Hälften.
Hawthorne eilte zum Stuhl und legte die hintere Hälfte um Morgans Schädel. Trotz Virgils Tod und obwohl Dean weinte, seinen Bruder im Arm hielt und offenbar zu nichts mehr zu gebrauchen war, verspürte er endlich Zuversicht. Das Ende des Albtraums war in Sicht. Er richtete sich auf und bemühte sich, die vordere Hälfte des Helms anzubringen. Morgans Singsang lenkte ihn ab.
» Rezitiere nur weiter«, sagte er. » Es gibt kein Entrinnen vor dem wahren Wort Gottes! Und es gibt keine Auferstehung aus den Tiefen der Hölle!«
Dann hatte er es geschafft, den Helm vor Morgans Gesicht zu schließen. Er verriegelte ihn mithilfe der eisernen Spange.
Hinter ihm skandierten die Hexen wie aus einem Mund: » Satans immerwährende Plage!«
» Lasst uns unter den Augen unseres geliebten Gottes heute Nacht Richter, Geschworene und Henker sein. Entzündet die Feuer … Reinigt Salem von dem Fluch!«, rief Hawthorne.
Doch Dean blieb über seinen Bruder gebeugt stehen und hielt den Leichnam umschlungen.
» Dean!«, schrie Hawthorne. » Um Gottes willen, die Feuer!«
Der bärenhafte Mann schien zu sich zu kommen. Er ließ seinen Bruder sanft zu Boden sinken und tapste zu einer der Fackelhalterungen an der Wand. Er nahm die Fackel und zog sie am Rand der Rinne entlang. Der Zunder fing Feuer, und eine Flammenwand breitete sich schnell durch die Rinne aus. Die Hexen begannen zu schreien, eine wahrhafte Symphonie der Qualen, als die Haut an ihren Beinen verbrannte und Blasen warf. Der Geruch verkohlten Fleischs erfüllte die Luft.
Wieder erhob sich der Wind. » Die Nägel!«, rief Hawthorne.
Mather trat vor. Er hielt fünf Metallnägel und einen Holzhammer in den Händen. Hawthorne nahm einen der Nägel und den Hammer. Er schlug einen Nagel nach dem anderen durch die Löcher im Helm.
Er begann bei den Augen, trieb die Nägel nur so weit hinein, dass sie Morgan erblinden ließen und ihre Augäpfel in den Höhlen fixierten. Ihr Körper zuckte unkontrolliert, die Adern am Hals traten hervor, und sie konnte den Kopf kaum noch rühren. Dann schlug er einen Nagel in die linke Seite ihrer Stirn. Er wusste, dass die Spitze das Fleisch an ihrer Schläfe aufreißen, langsam durch den Knochen dringen, schmerzhaft am offenen Gehirn entlangschaben und das Gewebe dort nur leicht beschädigen würde. Der Nagel an der rechten Seite würde das Gleiche anrichten, und gemeinsam würden sie den minimalen Spielraum, den sie unter der Maske noch hatte, in Nichts auflösen. Ihr Körper zappelte weiter, und gedämpfte Schreie hallten durch den Helm. Es war schrecklich anzuhören, doch nie zuvor war Hawthorne so überzeugt gewesen, dass Gottes Wille geschah.
Hawthorne konnte sich nicht des Gedankens erwehren, der Schmerz sei
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