Lords und Ladies
etwas. Wie geht das Geschäft?«
Auf diese Worte reagierte Lancres einziger Ladenbesitzer ebenso wie eine dreibeinige Maus auf den Anblick einer athletischen Katze. Sein Gesicht verriet Verzweiflung.
»Ach, schlecht, schlecht«, stöhnte er, obwohl er es eigentlich besser wissen sollte. »Es könnte kaum schlimmer sein, Frau Ogg.«
»Ist also alles wie immer, wie?«
Stummes Flehen gesellte sich der Verzweiflung in Quarneys Miene hinzu. Er wußte, daß ihm etwas drohte, und deshalb baten seine Augen um Barmherzigkeit.
»Nun«, fuhr Nanny fort, »du kennst doch die Witwe Pirsch aus Schnitte, nicht wahr?«
Quarneys Mund klappte auf.
»Sie ist gar keine Witwe«, erwiderte er. »Sie…«
»Wollen wir wetten?«
Quarneys Mund blieb offenstehen, der Rest seines Gesichts veränderte sich zu einem Ausdruck gebannten Schreckens.
»Du wirst ihr Kredit gewähren, bis sie den Bauernhof auf Vordermann gebracht hat«, stellte Nanny fest.
Quarney nickte stumm.
»Das gilt auch für die anderen Männer, die draußen lauschen«, fügte Nanny hinzu und hob dabei die Stimme. »Es kann bestimmt nicht schaden, der Witwe dann und wann einen Korb mit Essen vor die Tür zu stellen. Und sicher braucht sie Hilfe bei der Ernte. Ich weiß, daß ich mich auf euch verlassen kann. Und jetzt könnt ihr gehen…«
Sie stoben davon und ließen eine triumphierende Nanny Ogg in der Tür zurück.
Jason Ogg richtete einen hoffnungslosen Blick auf sie. Der große, muskulöse und mehr als hundert Kilo schwere Mann schien sich plötzlich in einen vierjährigen Knaben zu verwandeln.
»Jason?«
»Ich muß das hier fertigkriegen, für den alten…«
Nanny hörte ihm gar nicht zu. »Nun, was ist hier geschehen, während ich fort gewesen bin, Junge?«
Geistesabwesend stocherte Jason mit einer Eisenstange im Feuer.
»Äh, in der Silvesternacht hat’s gestürmt, und eine von Mütterchen Peasons Hennen legte das gleiche Ei dreimal, und Kükenarms Kuh brachte eine siebenköpfige Schlange zur Welt, und drüben in Schnitte regnete es Frösche…«
»Es war also nichts Besonderes los.« Nanny Ogg begann damit, sich beiläufig und gleichzeitig recht bedeutungsvoll die Pfeife zu stopfen.
»Es war ziemlich ruhig«, meinte Jason. Er zog die Eisenstange aus dem Feuer, legte sie auf den Amboß und hob den Hammer.
»Früher oder später finde ich’s heraus«, ließ sich Nanny Ogg vernehmen.
Jason drehte nicht den Kopf, aber der Hammer verharrte mitten in der Luft.
»Mir bleibt nie etwas verborgen«, betonte Nanny. »Das weißt du ja.«
Das heiße Eisen verfärbte sich: Aus der Farbe von frischem Stroh wurde ein helles Rot.
»Und du weißt auch, daß du dich immer besser fühlst, wenn du dich deiner Mutter anvertraut hast«, sagte Nanny Ogg.
Das Eisen kühlte weiter ab: Helles Rot metamorphierte zu leise zischendem Schwarz. Jason war an die Hitze der Schmiede gewöhnt, doch jetzt brach ihm der Schweiß aus.
»Du solltest das Eisen bearbeiten, bevor’s kalt wird«, riet Nanny ihrem Sohn.
»Es ist nicht meine Schuld, Mama! Wie hätte ich sie aufhalten können?«
Nanny lehnte sich auf dem Stuhl zurück und lächelte zufrieden.
»Wen meinst du, Junge?«
»Die junge Diamanda und Perdita und die Rothaarige aus dem Blöden Kaff und noch ‘n paar. Dem alten Peason habe ich gesagt: Mama wird sich bestimmt drüber ärgern. Ja, das habe ich gesagt. Und auch mit ihnen habe ich gesprochen. Wartet’s nur ab – Oma Wetterwachs wird außer sich geraten und sehr , äh, sarkastisch sein, wenn sie davon erfährt. Habe ich ihnen gesagt. Aber die Mädchen haben nur gelacht und gemeint, sie könnten sich die Hexerei ohne irgendwelche Hilfe beibringen.«
Nanny nickte. In diesem Punkt hatten sie durchaus recht. Man konnte sich die Hexerei selbst beibringen. Aber in dem Fall mußten Lehrer und Schüler besonders schlau sein.
»Diamanda?« wiederholte sie. »Diesen Namen höre ich jetzt zum erstenmal.«
»Eigentlich heißt sie Lucy Tockley«, erwiderte Jason. »Sie meinte, Diamanda klingt mehr nach einer Hexe.«
»Aha. Die junge Dame mit dem großen Schlapphut?«
»Ja, Mama.«
»Malt sich ihre Fingernägel schwarz an?«
»Ja, Mama.«
»Der alte Tockley hat sie zur Schule geschickt, nicht wahr?«
»Ja, Mama. Sie ist zurückgekehrt, während du unterwegs warst.«
»Aha.«
Nanny Ogg entzündete ihre Pfeife am Schmiedefeuer. Schlapphut, schwarze Fingernägel und Bildung. Lieber Himmel…
»Wie viele sind es?« fragte sie.
»Etwa ein halbes Dutzend. Und sie
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