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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Zweck, sich auf eine Diskussion einzulassen. Im Prinzip wünschte er sich nichts anderes, als die nächsten hundert Jahre in der Universität verbringen zu können. Er dachte in diesem Zusammenhang daran, große Mahlzeiten einzunehmen und sich zwischendurch möglichst wenig zu bewegen. Er war ein dicklicher junger Mann mit der Gesichtsfarbe eines Geschöpfs, das unter Steinen lebte. Man hatte ihn immer wieder aufgefordert, etwas aus seinem Leben zu machen, und genau darum ging es ihm: Er stellte sich sein Leben als Aufenthalt im Bett vor.
    »Lancre ist viel zu weit entfernt, Erzkanzler«, wandte der Dozent für neue Runen ein.
    »Unsinn«, knurrte Ridcully. »Es gibt einen neuen Mautweg bis nach Sto Helit. Jeden Mittwoch fährt eine Kutsche. Quääästor! Gebt ihm noch eine getrocknete Froschpille… Stibbons, wenn du imstande bist, dich fünf Minuten lang mit diesem Universum zu befassen, so besorg uns Fahrkarten. Na bitte. Alles klar, oder?«
     
    Magrat erwachte.
    Und wußte, daß sie keine Hexe mehr war. Das Gefühl war einfach da, gehörte zur normalen Bestandsaufnahme, mit der sich jeder Körper in den ersten Sekunden nach dem Ende des Schlafs befaßt: Arme – 2, Beine – 2, Existenzangst – 58 %, vage Schuld – 94 %, Hexenpotential – 0,0.
    Eins der Probleme bestand darin, daß sie sich gar nicht erinnern konnte, jemals etwas anderes als eine Hexe gewesen zu sein. Magrat Knoblauch, dritte Hexe – die sanfte und sentimentale. Das war ihre Identität gewesen.
    Sie wußte natürlich, daß sie es in dieser Hinsicht nie sehr weit bringen konnte. Mit gewissen einfachen Zauberformeln kam sie einigermaßen gut zurecht, und sie kannte sich mit Kräutern aus, aber sie hatte die Hexerei nicht so im Blut wie Oma und Nanny. Die Alten versäumten nie, ihr das immer wieder unter die Nase zu reiben.
    Nun, jetzt mußte sie lernen, als Königin zurechtzukommen. Wenigstens gab es in Lancre nicht noch andere Königinnen. Sie brauchte also nicht zu befürchten, daß ihr dauernd jemand über die Schulter sah und Dinge sagte wie: »Du hältst das Zepter nicht richtig !« Ja, genau…
    Jemand hatte ihr während der Nacht die Kleidung gestohlen.
    Magrat stand auf und hüpfte im Nachthemd über die kalten Fliesen. Als sie die Tür fast erreicht hatte, schwang sie wie von ganz allein auf.
    Eine dunkelhaarige junge Frau kam herein, halb verborgen hinter einem Stapel Wäsche. Nun, in Lancre kannte man sich…
    »Millie Chillum?«
    Der Wäschestapel wackelte, als die Zofe dahinter einen Knicks machte.
    »Jagnäfrau?«
    Magrat hob einen Teil des Stapels.
    »Ich bin’s, Magrat«, sagte sie. »Hallo.«
    »Jagnäfrau.« Wieder ein Knicks.
    »Was ist los mit dir, Millie?«
    »Jagnäfrau.« Knicks, Knicks.
    »Ich bin’s. Du brauchst mich nicht auf diese Weise anzusehen.«
    »Jagnäfrau.«
    Das nervöse Knicksen dauerte an. Magrat spürte, wie ihre Knie aus reiner Solidarität zuckten. Allerdings mangelte es ihnen an Synchronisation. Magrats Knie beugten sich ausgerechnet dann, wenn Millie ihre zierliche Gestalt nach einer weiteren hastigen Verbeugung straffte.
    »Wenn du noch einmal ›Jagnäfrau‹ sagst, bin ich sehr streng mit dir«, drohte die Ex-Hexe und schob sich an der Zofe vorbei.
    »Jagn… ja, Euer Majestät, Gnäfrau.«
    Jenseits der Fenster zeigte sich das erste Licht des neuen Tages.
    »Ich bin noch nicht Königin, Millie«, schnaufte Magrat, während sie über die Treppe nach oben eilte. »Und du kennst mich seit zwanzig Jahren.«
    »Jagnäfrau. Aber du wirst bald Königin. Und meine Mutter hat mir aufgetragen, respektvoll zu sein.« Millie knickste einmal mehr.
    »Na schön. Wo sind meine Sachen?«
    »Ich habe sie hier, Euer Bald-Majestät.«
    »So etwas habe ich nie getragen. Und hör endlich damit auf, dauernd zu knicksen. Davon wird mir ganz schwindlig.«
    »Der König hat dies hier extra von Sto Helit kommen lassen, Gnäfrau.«
    »Hat er das? Und wann?«
    »Keine Ahnung, Gnäfrau.«
    Er wußte, daß ich heimkehre , dachte Magrat. Aber wie? Und woher? Was ist hier eigentlich los?
    Das Gewand schien aus mehr Spitze zu bestehen als jedes, das Magrat jemals zuvor gesehen hatte, doch dabei handelte es sich gewissermaßen nur um die Spitze des Eisbergs. Normalerweise trug die ehemalige Hexe ein einfaches Kleid mit sich selbst unmittelbar darunter, doch für die Gemahlinnen von Herrschern kam etwas so Einfaches offenbar nicht in Frage. Millie hatte eine Art technisches Diagramm mitgebracht, das jedoch kaum half.
    Sie

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