Lords und Ladies
neben der Bibliothekstür stehen und zählte im Kopf. Bei »drei« schoß der Bibliothekar durch die Tür – die Sache mit den »seltenen Exemplaren« hatte seinen Widerstandswillen gebrochen.
»Wir brauchen also vier Fahrkarten«, stellte der Erzkanzler fest.
Oma Wetterwachs hatte ihre eigene Methode, mit der sie herausfand, was im Bereich des Steinkreises geschah.
Viele Leute unterschätzen Bienen.
Nicht so Oma Wetterwachs. Sie hatte sechs Bienenstöcke und wußte zum Beispiel, daß es in jenen Völkern keine Individuen gibt. Dafür existiert die kollektive Entität des Schwarms, dessen Zellen – die Bienen – beweglicher sind als die einer Wellhornschnecke, um nur ein Beispiel zu nennen. Schwärme sehen alles und spüren noch viel mehr. Darüber hinaus sind sie imstande, sich über Jahre hinweg an Dinge zu erinnern. Wobei allerdings darauf hingewiesen werden muß, daß ihr Gedächtnis externer Natur ist und aus Wachs besteht. Die Erinnerungen des Schwarms nehmen in Form von Waben Gestalt an. Alles spielt eine Rolle: die Position der Eizellen, Pollen, Zellen der Königin, Honigzellen, verschiedene Arten von Honig – das alles ist Teil der Erinnerungsstruktur.
Und dann die großen dicken Drohnen. Viele Leute glauben, sie hängen das ganze Jahr über im Stock herum und warten darauf, von der Königin zur Kenntnis genommen zu werden. Doch das erklärt nicht, warum sie mit mehr Apparaturen zum Sammeln von Informationen ausgestattet sind als das Dach der CIA-Zentrale.
Eigentlich hielt sich Oma gar keine Bienen. In jedem Jahr nahm sie sich ein wenig altes Wachs für Kerzen und auch das eine oder andere Pfund Honig, das der Stock entbehren konnte. Wie dem auch sei: In der Hauptsache dienten ihr die Bienen als Gesprächspartner.
Zum erstenmal seit der Heimkehr begab sie sich zu den Stöcken.
Und riß die Augen auf.
Bienen quollen aus den Öffnungen. Normalerweise herrschte hinter den Himbeersträuchern Stille, doch jetzt sorgten zahllose kleine Flügel für lautes Brummen. Braune Körper sausten wie horizontaler Hagel durch die Luft.
Oma Wetterwachs wußte nicht, was sie davon halten sollte.
Bei Bienen mußte sie passen. In Lancre gab es kein Gehirn, das sie nicht borgen konnte. Sie war sogar imstande, mit den Augen von Regenwürmern zu sehen * . Doch ein Schwarm, der aus Tausenden von mobilen Teilen bestand… Damit kam sie nicht zurecht. Ein solches Unterfangen war sehr schwer. Immer wieder hatte sie versucht, ein Bienenkollektiv zu borgen, die Welt durch Tausende von Facettenaugen zu sehen. Das einzige Ergebnis ihrer Bemühungen bestand in Migräne und dem vagen Wunsch, mit Blumen zu kopulieren.
Aber wenn man Bienen aufmerksam beobachtete, so ließen sich gewisse Schlußfolgerungen ziehen. Ihre Aktivität, die Richtung, das Verhalten der Wächterinnen…
Ihr Gebaren deutete nun auf außerordentliche Besorgnis hin.
Oma Wetterwachs beschloß, sich hinzulegen und die Gedanken schweifen zu lassen.
Nanny Ogg versuchte es mit einer anderen Taktik. Sie hatte kaum etwas mit Hexerei zu tun, dafür jedoch weitaus mehr mit ihrem Status als Oberhaupt des Ogg-Clans.
Eine Zeitlang saß sie in der pieksauberen Küche, trank Rum, rauchte ihre stinkende Pfeife und betrachtete die Bilder an den Wänden. Sie stammten von den jüngsten Enkeln und präsentierten verschiedene Brauntöne. Die meisten von ihnen zeigten gekrakelte Strichmännchen in Braun mit dem gekrakelten Wort OMA in Braun darunter.
Vor Nanny lag der Kater Greebo auf dem Rücken, streckte alle viere von sich und schien in die Rolle von etwas zu schlüpfen, das er irgendwo im Rinnstein gefunden hatte. Zweifellos freute er sich darüber, wieder zu Hause zu sein.
Schließlich stand Nanny Ogg auf und schlenderte nachdenklich zur Schmiede, in der ihr Sohn Jason Ogg arbeitete.
Der Schmiede kam in jedem Dorf eine wichtige Funktion zu. Sie diente als eine Mischung aus Rathaus, Versammlungsplatz und Gerüchteküche. In diesem Fall hielten sich mehrere Männer in ihr auf, die normalerweise damit beschäftigt waren, zu wildern und den Frauen bei der Arbeit zuzusehen. Doch derzeit genossen sie den Müßiggang.
»Jason Ogg, ich möchte mit dir reden .«
Die Schmiede leerte sich wie durch Zauberei. Vermutlich lag es an irgend etwas in Nannys Stimme. Sie streckte die Hand aus und hielt einen Mann fest, als er versuchte, sich möglichst unauffällig an ihr vorbeizuducken.
»Es freut mich, dich hier anzutreffen, Herr Quarney«, sagte sie. »Bleib doch noch
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