Lords und Ladies
besonderen Fall erwartet man Kulturelles von uns. Das Bühnenstück kommt den ganzen weiten Weg von Ankh-Morpork hierher.«
»Wie wär’s mit dem Stock-und-Eimer-Tanz«, schlug Bäcker, der Weber, vor.
»Der Stock-und-Eimer-Tanz wird nie wieder getanzt«, sagte Jason. »Der alte Klimper hinkt noch immer, und inzwischen sind drei Monate vergangen.«
Weber, der Dachdecker, blickte auf seine Abschrift des Skripts hinab.
»Wer spielt diesen Burschen namens Siegehenab?« fragte er.
»Meine Rolle gefällt mir nicht besonders«, ließ sich Tischler vernehmen. »Ist zu klein.«
»Seine arme Frau tut mir leid«, sagte Weber automatisch.
»Warum?« brummte Jason. ***
»Und weshalb muß ein Löwe mitspielen?« warf Bäcker, der Weber, ein.
»Weil es ein Bühnenstück ist!« antwortete Jason scharf. »Niemand würde sich für ein Bühnenstück interessieren, bei dem ein Esel mitspielt! Glaubt ihr vielleicht, die Leute gehen ins Theater, um einen Esel auf der Bühne zu sehen? Dieses Stück wurde von einem echten Dramenschmied verfaßt! Ha! Echte Dramenschmiede lassen keine Esel auftreten! Übrigens teilt uns der Autor mit, daß er gern wissen möchte, wie’s gelaufen ist. Und nun seid still!«
»Ich fühle mich gar nicht wie die Feenkönigin«, stöhnte Sodomie Tischler. *
»Bestimmt gewöhnst du dich daran«, meinte Weber.
»Hoffentlich nicht.«
»Und ihr müßt üben«, fügte Jason hinzu.
»Wo denn?« fragte Dachdecker, der Fuhrmann.
»Nun, ich übe auf keinen Fall dort, wo mich die Leute sehen können«, verkündete Sodomie. »Selbst wenn wir uns in den Wald zurückziehen… Bestimmt treiben sich irgendwo Neugierige herum. Ich in einem Kleid!«
»Mit dem Make-up erkennt dich niemand«, meinte Weber.
»Make-up?«
»Die Perücke nicht zu vergessen«, sagte Schneider, der andere Weber.
»Er hat recht«, warf Weber ein. »Wenn wir uns schon zu Narren machen müssen, so sollte uns erst dann jemand sehen, wenn wir den Dreh richtig raus haben.«
»Im Gebüsch«, regte Dachdecker, der Fuhrmann, an.
»Irgendwo weit draußen«, sagte Kesselflicker, der Kesselflicker.
»An einem Ort, den sonst niemand aufsucht«, betonte Dachdecker.
Jason kratzte sich am reibeisenartigen Kinn, als er über eine geeignete Stelle fürs Üben nachdachte. Er erweckte den Eindruck, daß ihm gleich etwas einfiel.
»Und wer spielt Siegehenab?« fragte Weber. »Er hat nicht viel zu sagen, oder?«
Die Kutsche rollte durch eine sehr eintönige Landschaft. Die Region zwischen Ankh-Morpork und den Spitzhornbergen zeichnete sich durch fruchtbaren Boden, ertragreiche Landwirtschaft und ein kaum zu überbietendes Maß an Langeweile aus. Es heißt, Reisen füge dem Geist neue Erkenntnisse hinzu. Nun, in diesem Fall wurde immer wieder die gleiche Botschaft ins Bewußtsein gepumpt. Irgendwann mochte das Gehirn die Geduld verlieren und wie Haferbrei aus den Ohren fließen, um den monotonen Bildern zu entfliehen.
Wenn man in dieser Landschaft weit entfernt jemanden sah, der Kohl schnitt, so beobachtete man ihn, bis er außer Sichtweite geriet. Für die Augen gab es sonst einfach nichts anderes zu tun.
»Ich sehe was, das du nicht siehst«, intonierte der Quästor. »Und es beginnt mit einem H.«
»Ugh.«
»Nein.«
»Horizont«, sagte Ponder.
»Du hast geraten!«
»Na klar habe ich geraten. Es war auch gar nicht schwer zu erraten. Wir hatten F für Firmament, K für Kohl und U für… Ugh. Es fehlte nur noch H für Himmel. Etwas anderes gibt’s hier nicht.«
»Ich habe keine Lust, dieses Spiel fortzusetzen, wenn du einfach nur rätst.« Der Quästor zog den Hut über die Ohren und versuchte, es sich auf dem Sitz so bequem wie möglich zu machen.
»In Lancre gibt es viel zu sehen«, sagte der Erzkanzler. »Wenn dort überhaupt ein Stück Flachland existiert, so befindet es sich im Museum.«
Ponder schwieg.
»Habe früher den einen oder anderen Sommer dort verbracht«, fuhr der Erzkanzler fort. »Tja… Es hätte alles ganz anders kommen können.«
Ridcully sah sich um. Wenn man von einer wichtigen Phase in seinem Leben berichten wollte, so legte man für gewöhnlich Wert auf Zuhörer.
Der Bibliothekar starrte weiterhin aus dem Fenster und schmollte. Seine schlechte Stimmung stand in unmittelbarem Zusammenhang mit dem hellblauen Halsband, auf dem PONGO geschrieben stand. Früher oder später würde jemand dafür büßen müssen.
Der Quästor benutzte seinen Hut auf die gleiche Weise wie eine Napfschnecke ihre Schale.
»Es gab da
Weitere Kostenlose Bücher