Lords und Ladies
würde…
Ziellos wanderte sie durch die vielen Zimmer des Schlosses, und das Rascheln ihres Kleids verlor sich fast im dumpfen Dröhnen, das von den Turbinen der Eintönigkeit und Monotonie stammte:
SummbrummSummbrummSummbrumm…
Den ganzen Morgen über hatte sie sich mit Tapisserien beschäftigt, weil Millie mehrmals betont hatte, so etwas gehöre zu den Lieblingsbeschäftigungen von Königinnen. Jetzt lag das Stichtuch mit den Mustern und der Botschaft »Mögen die Götter dieses Hauses segnigen« unbeachtet auf einem Stuhl.
In der langen Galerie hingen Wandteppiche, die historische Schlachten zeigten und von anderen gelangweilten Königinnen stammten. Magrat fragte sich, wie man die Kämpfer dazu gebracht hatte, lange genug in Reglosigkeit zu verharren. Sie betrachtete Dutzende von Gemälden, die ihre Vorgängerinnen zeigten: Gemahlinnen früherer Könige, hübsch, nach der Mode ihrer jeweiligen Epoche gekleidet – und das Opfer gnadenloser Langeweile.
Schließlich kehrte sie ins Solarium zurück. Dabei handelte es sich um einen großen Raum ganz oben im Hauptturm. Rein theoretisch diente er dazu, besonders viel Sonnenschein zu empfangen. Diesem Zweck wurde er durchaus gerecht. Doch er fing nicht nur Sonnenlicht ein, sondern auch Wind und Regen. Er stellte eine Art Treibnetz für alles dar, was der Himmel zu bieten hatte.
Magrat zog an der Glockenkordel, was normalerweise einen Diener veranlassen sollte, zu ihr zu eilen. Nichts geschah. Sie zog noch einige Male und freute sich insgeheim darüber, auf diese Weise etwas Bewegung zu bekommen. Als auch weiterhin niemand kam, entschied sie schließlich, die Küche aufzusuchen. Die ehemalige Hexe hätte dort gern mehr Zeit verbracht: In jenem Bereich des Schlosses erwarteten sie nicht nur angenehme Wärme, sondern vielleicht auch ein Gesprächspartner. Aber Nobbleß oblidsch – Königinnen lebten weiter oben.
Weiter unten traf sie Shawn Ogg, der den Backofen des großen Eisenherds säuberte und daran dachte, daß diese Arbeit einem Angehörigen des Militärs nicht gebührte.
»Wo sind die anderen?« fragte Magrat.
Shawn richtete sich ruckartig auf und stieß mit dem Kopf an die Herdklappe.
»Autsch! Entschuldige! Ähm! Die anderen… sind auf dem Platz. Ich bin nur hier, weil Frau Scorbic damit drohte, mir das Fell über die Ohren zu ziehen, wenn ich nicht den ganzen Dreck abschrubbe.«
»Was passiert auf dem Platz?«
»Es heißt, dort treten zwei Hexen gegeneinander an.«
»Was? Doch nicht deine Mutter und Oma Wetterwachs, oder?«
»Nein. Es geht um Frau Wetterwachs und eine neue Hexe.«
»Eine neue Hexe in Lancre?«
»Davon hat Mama gesprochen, ja.«
»Ich sehe mir die Sache an.«
»Oh, ich glaube, das wäre keine gute Idee«, meinte Shawn.
Magrat richtete sich auf und gab sich majestätisch.
»Zufälligerweise sind Wir die Königin«, verkündete sie. »Fast. Wenn du dich noch einmal erdreistest, Uns zu sagen, was Wir tun und lassen sollen, dann… Dann lassen Wir dich die Aborte reinigen!«
»Ich habe sie schon gereinigt«, erwiderte Shawn ruhig. »Das gilt auch für den großen Kleiderschrank…«
»War sicher nicht leicht.« Magrat schauderte. »Wir haben das Ding gesehen.«
»Es könnte schlimmer sein«, behauptete Shawn. »Und außerdem habe ich den Mittwochnachmittag frei. Wie dem auch sei: Ich wollte dich eben nur darum bitten, mir Gelegenheit zu geben, das Horn zu holen – um angemessene Fanfaren erklingen zu lassen.«
»Wir brauchen keine Fanfaren, herzlichen Dank.«
»Aber das gehört dazu…«
»Wir können selbst in die Trompete blasen, wenn das erforderlich wird.«
»Ja, Fräulein.«
»Fräulein was?«
»Fräulein Königin.«
»Und bald heißt es Frau Königin – vergiß das nicht.«
Magrat eilte zum Platz, wobei das Gewand der Königin wie eine Geschwindigkeitsbeschränkung wirkte, die sich nicht ignorieren ließ.
Mehrere hundert Personen hatten sich hier eingefunden, und am Rand der Menge fand die ehemalige Hexe eine sehr nachdenkliche Nanny Ogg.
»Was ist hier los?« fragte sie.
Nanny drehte sich um.
»Oh, entschuldige«, sagte sie. »Hab’ keine Fanfaren gehört. Ich würde gerne knicksen, aber ich hab’s wieder in den Beinen, weißt du.«
Magrat sah an ihr vorbei zu den beiden im Zentrum des Kreises sitzenden Gestalten.
»Was machen sie da?«
»Es handelt sich um einen Wettkampf im Starren.«
»Aber sie blicken zum Himmel hoch.«
»Ein gerissenes Früchtchen, jene Diamanda«, erwiderte Nanny Ogg.
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