Lords und Ladies
Korb gelegen hat.
Der Ausdruck darin deutet auf unheilbare Gutmütigkeit hin. Sie zupft an
den Saiten eines Banjos und singt – das heißt, sie versucht es zumindest.
Bei dem Lied geht es um einen Igel.
Während am ersten Besen nur einige Beutel hängen, muß der zweite
eine weitaus umfangreichere Ladung befördern. Sie besteht aus purpur-
nen Plüscheseln, Korkenziehern in der Form von urinierenden Knaben,
Weinflaschen in Strohkörben und anderen internationalen Kulturgütern.
Inmitten dieser Fracht liegt der gemeinste und am strengsten riechende
Kater der ganzen Scheibenwelt. Derzeit schläft er.
Die dritte – und zweifel os letzte – Besenreiterin ist auch die jüngste.
Während sich ihre Begleiterinnen wie Raben kleiden, trägt sie fröhlich-
bunte Sachen, die ihr jetzt nicht passen und wahrscheinlich auch in zehn
Jahren noch den Eindruck erwecken, von jemand anders zu stammen.
Eine Aura vager Hoffnung umgibt sie. Blumen stecken in ihrem Haar,
aber sie verwelken al mählich, so wie sie selbst.
Die drei Hexen überfliegen die Grenze des Königreichs Lancre, und
kurz darauf erreichen sie die gleichnamige Stadt. Über dem Moor dahin-
ter gehen sie tiefer und landen schließlich in der Nähe eines hohen
Steins, der ihr Territorium markiert.
Sie sind zurück.
Alles ist wieder in bester Ordnung.
Etwa fünf Minuten lang.
Ein Dachs hatte sich im Abort niedergelassen.
Oma Wetterwachs stieß mehrmals mit dem Besenstiel nach ihm, bis er
verstand, was sie wollte, und davonschlurfte. Anschließend nahm sie den
Schlüssel – er hing neben dem Alamanach Uhnd Kalennder vom letzten
Jahr – und stapfte über den Pfad zur Hütte.
Ein ganzer Winter war vergangen! Sicher gab es eine Menge zu tun.
Zum Beispiel… Es galt, Skindels Ziegen zu holen, die Spinnen aus dem
Kamin zu vertreiben, die Frösche aus dem Brunnen zu verbannen. Hin-
zu kam natürlich, daß sich Oma um die Angelegenheiten der anderen
Leute kümmern mußte, weil sie al ein nicht damit zurechtkamen. Wer
weiß, was sie anstellten, wenn keine Hexen in der Nähe weilten…
Aber es konnte wohl kaum schaden, erst einmal auszuruhen.
Im Kessel fand sie ein Rotkehlchennest. Durch eine zerbrochene Fen-
sterscheibe waren die Vögel ins Innere der Küche gelangt. Vorsichtig
trug Oma den großen Topf nach draußen und zwängte ihn in die Nische
über der Tür, damit die Wiesel nicht daran herankamen. Sie benutzte
eine Pfanne, um Wasser zu erhitzen.
Dann zog sie die Uhr auf. Uhren hatten kaum einen Nutzen für He-
xen, aber Oma Wetterwachs fand Gefal en an ihrem Ticken. Sie glaubte,
daß dadurch eine gemütliche Atmosphäre entstand. Schon Mutter hatte
das gute Stück jeden Tag aufgezogen.
Mutters Tod war nicht gerade überraschend eingetreten, und das aus
zwei Gründen. Erstens: Als Hexe wußte Oma Wetterwachs zumindest
teilweise, was die Zukunft brachte. Zweitens: Es mangelte ihr nicht an
medizinischer Erfahrung, und daher wußte sie die Zeichen zu deuten. Sie
hatte sich also darauf vorbereiten können. Erst am nächsten Tag weinte
sie, als die Uhr während des Leichenschmauses plötzlich stehenblieb. Sie
ließ ein Tablett mit Schinkenröl chen fal en und zog sich auf den Abort
zurück, damit niemand ihre Tränen sah…
Nun hatte sie Zeit, über solche Dinge nachzudenken, über die Vergan-
genheit…
Die Uhr tickte. Das Wasser kochte. Oma Wetterwachs öffnete ihr am
Besenstiel befestigtes Gepäck, holte einen kleinen Teebeutel hervor und
wusch die Kanne aus.
Das Feuer brannte, vertrieb Klammheit und Leere aus dem Raum. Die
Schatten reckten sich.
Zeit, um an die Vergangenheit zu denken. Die Zukunft offenbart sich
den Hexen, und daher wußte Oma Wetterwachs: Bald mußte sie sich um
etwas kümmern, das sie selbst betraf…
Dann sah sie aus dem Fenster.
Nanny Ogg balancierte auf einem Stuhl und strich mit der Kuppe des
Zeigefingers ganz oben über den Schrank. Als sie den Finger betrachtete,
zeigte sich kein Schmutz daran.
»Hmpf«, brummte sie zufrieden. »Scheint einigermaßen sauber zu
sein.«
Die Schwiegertöchter atmeten auf.
»Bisher«, fügte Nanny einschränkend hinzu.
Neuerliches Entsetzen erwachte in den drei jungen Frauen.
Nanny Oggs Verhältnis zu ihren Schwiegertöchtern bildete den einzi-
gen Makel in ihrem ansonsten so freundlichen Wesen. Bei Schwieger-
söhnen sah die Sache ganz anders aus. Nie vergaß sie ihre Namen und
Geburtstage; die jungen Männer gesellten sich der Familie wie
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