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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Armbrust um die Schul-
    ter geschlungen.
    »Angeblich hat man hier das Einhorn gesehen.«
    Ein weiterer Teil der Tür zersplitterte.

    »Befindet es sich da drin?«
    Nanny nickte.
    »Esme hat es vom Wald bis hierher gezogen«, sagte sie.
    »Aber es ist ein gefährliches wildes Tier!«
    Nanny Ogg rieb sich die Nase. »Ja, stimmt. Wie dem auch sei: Esme
    weist alle notwendigen Qualifikationen auf. Wenn’s darum geht, Einhör-
    ner zu zähmen, meine ich. Mit Hexerei hat das nichts zu tun.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich dachte, gewisse Dinge in Hinsicht auf das Einfangen von Einhörnern seien allen Leuten bekannt«, sagte Nanny in einem bedeutungsvol en Tonfall. »Es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, wenn du
    mir diesen diskreten Hinweis gestattest. Esme konnte damals schneller laufen als du, nicht wahr? Ließ sich nie von einem Mann einholen.«
    Ridcully starrte Nanny mit offenem Mund an.
    »Ich hingegen…«, fuhr Jasons Mutter fort. »Fal e dauernd über die erste Baumwurzel. Selbst dort, wo’s überhaupt keine gibt.«
    »Soll das heißen, sie hat nie… Ich meine, nachdem ich Lancre ver-
    ließ…«
    »Du brauchst deshalb kein Mitleid mit ihr zu haben«, sagte Nanny. »In
    unserem Alter spielen solche Dinge ohnehin keine Rol e mehr. Vermut-
    lich hätte Esme überhaupt keinen Gedanken daran vergeudet, wenn du
    nicht zurückgekehrt wärst.« Ihr fiel plötzlich etwas ein. »Hast du Casa-
    nunda irgendwo gesehen?«
    »Hal o, meine kleine Rosenknospe«, erklang eine fröhliche und hoff-
    nungsvolle Stimme.
    Nanny drehte sich nicht um.
    »Du erscheinst immer dort, wo man nicht hinsieht«, kommentierte sie.
    »Bin dafür berühmt, Frau Ogg.«
    In der Schmiede herrschte Stille. Nach einer Weile ertönte ein Häm-
    mern, das nur von Jasons Hammer stammen konnte.
    »Was machen sie da drin?« fragte Ridcully.

    »Etwas, das ein Einhorn veranlaßt, nicht mehr auszuschlagen«, antwor-
    tete Nanny.
    »Was war in dem Sack, Frau Ogg?« erkundigte sich Casanunda.
    »Das, was ich holen sol te«, entgegnete Nanny. »Das alte Teeservice aus
    Silber. Ein Erbstück der Familie. Ich habe es nur zweimal gesehen – das
    zweite Mal vorhin, als ich es im Sack verstaute. Ich schätze, Esme hat es
    nie benutzt. Das Milchkännchen ist wie eine seltsame Kuh geformt.«
    Inzwischen hatten sich noch mehr Leute vor der Schmiede eingefun-
    den. Die Menge fül te den ganzen Platz.
    Das Hämmern hörte auf. Jasons ruhige Stimme erklang:
    »Wir kommen jetzt raus.«
    »Sie kommen jetzt raus«, sagte Nanny.
    »Was hat sie gesagt?«
    »Sie meinte, sie kommen jetzt raus.«
    »Sie kommen jetzt raus !«
    Die Menge wich zurück. Und die Tür schwang auf.
    Oma Wetterwachs trat nach draußen und führte das Einhorn. Das Tier
    ging ruhig und sanft; die Muskeln unter dem weißen Fel bewegten sich
    wie Frösche in Öl. Die Hufe klapperten auf dem Kopfsteinpflaster. Ridcul y bemerkte, daß sie glänzten.
    Gehorsam folgte das Geschöpf der Hexe zur Mitte des Platzes. Dort
    gab Oma es frei und klopfte ihm auf die Hinterbacke.
    Das Einhorn wieherte leise, drehte sich um und galoppierte über die
    Straße in Richtung Wald…
    Nanny Ogg erschien hinter Oma Wetterwachs und sah dem Tier eben-
    fal s hinterher.
    »Silberne Hufeisen?« murmelte sie. »Halten bestimmt nicht sehr lange.«
    »Und silberne Nägel. Halten lange genug.« Oma sprach zur Welt im
    großen und ganzen. »Sie bekommt das Einhorn nie zurück, selbst wenn sie tausend Jahre lang ruft.«
    »Ein Einhorn zu beschlagen…« Nanny schüttelte den Kopf. »Auf so
    eine Idee konntest nur du kommen, Esme.«

    »Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht«, sagte Oma.
    Inzwischen war das Einhorn nur noch ein weißer Fleck in der Heide-
    landschaft. Schließlich verschwand es im Zwielicht des Abends.
    Nanny Ogg seufzte und brach damit einen subtilen Bann.
    »Das wär’s also.«
    »Ja.«
    »Gehst du zum Tanz im Schloß?«
    »Was ist mit dir?«
    »Nun… Herr Casanunda hat mich gebeten, ihm den Langen Mann zu
    zeigen. Du weißt schon. Mit al em Drum und Dran. Wahrscheinlich
    liegt’s an seiner Zwergennatur. Leute wie er sind immer sehr an Erdar-
    beiten und dergleichen interessiert.«
    »Ich kann einfach nicht genug davon bekommen«, bestätigte Casanun-
    da.
    Oma verdrehte die Augen.
    »Denk daran, wie alt du bist, Gytha«, mahnte Oma Wetterwachs.
    »Oh, das ist ganz einfach«, erwiderte Nanny. »Das eigentliche Problem
    besteht darin, vorübergehend zu vergessen, wie alt ich bin. Übrigens: Du

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