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Loreley

Titel: Loreley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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übrigen das Zeichen zum A b sitzen. Als er sich umsah, stand Fee bereits neben ihm, lächelte sanft und schwieg, wie es sich für das Weib e i nes Edelmannes geziemte.
    »Versorgt die Tiere«, wies Baan seinen Verwalter an, »und reicht den Männern e i ne kräftige Mahlzeit. Schenkt an jene, die es wünschen, Wein aus – die anderen werden sicher so s chnell wie möglich ihre Weiber wiedersehen wollen. Fee und ich werden in unseren Gemächern spe i sen. Wir wünschen keine Störungen.«
    Guntram verbeugte sich und machte sich sogleich auf, das Gewünschte zu veranla s sen. Baan nahm Fee bei der Hand und führte sie hastig ins Innere des Bergfrieds. Schnell stiegen sie die steinerne Wendeltreppe zum ob e ren Stockwerk hinauf. Dort oben befanden sich ihre Räumlichkeiten: eine große Schlafkammer, die sie tei l ten, und eine zweite, kleinere, die fest benutzt werden würde, sobald sich ein Stammhalter a n kündigte.
    Fee spürte, dass etwas in Baan vorging. Er war w ü tend, und er schien selbst nicht genau zu wissen, we s halb. Die Tür der Schlafkammer fiel hinter ihnen zu, ein wenig zu heftig, und sie waren kaum einige Schritte ins Zimmer getreten, als Baan schon heru m fuhr und Fee in die Augen sah.
    »Sag mir, was geschehen ist!«, verlangte er.
    Sie hob mit Unschuldsmiene ihre Augenbrauen. »Was meinst du?«
    Die Ungewissheit zehrte an ihm, das verriet jede se i ner Bewegungen, vor allem aber das unruhige Flackern in seinen Augen. Irgendetwas war nicht, wie es sein sol l te, das war ihm klar, aber er konnte sich nicht entsinnen, was es war. Es hatte mit der Reise zu tun, mit Fee und mit dem überstürzten Aufbruch. Er hatte etwas getan, das nicht richtig war, aber er wusste nicht, ob er die Schuld dafür bei sich selbst oder bei Fee suchen sollte.
    Es ist, erfuhr Fee vom Anderen, als fehle ihm ein Stück seiner Erinnerung. Aber er kann die entsprechende Lücke nicht finden. Alles ist da: der Ritt, die Ankunft, die Abreise, der Heimweg. Auch seine Entscheidung, nicht einmal einen halben Tag auf Burg Rheinfels zu verweilen. Aber er kann d iesen Entschluss nicht mehr nachvollzi e hen. In seiner Erinnerung fehlt kein Zeitraum, sondern eine Motivation. Das ist es, was ihn so veruns i chert.
    Er starrte sie noch einen Augenblick länger an, dann fuhr er schlagartig herum und ging an dem großen Ba l dachinbett vorbei zum Fenster. Das Glas war gelb und undurc h sichtig, nicht das feine Material, das auf Burg Rheinfels verwendet wurde. Der einfallende Lich t schimmer verlieh Baans Gesicht eine ungesunde, gelbl i che Färbung.
    »Irgendetwas stimmt nicht mit mir«, sagte er, ohne Fee anzusehen.
    »Vielleicht hast du Fieber«, sagte sie mit falscher B e sorgnis. »Der anstrengende Ritt – «
    »Nein!«, unterbrach er sie scharf und drehte sich um. Ein Lichtkranz lag um sein langes, dunkles Haar. Zum ersten Mal erlebte sie ihn wütend. Vor allem auf sich selbst, gewiss, aber jetzt war da auch eine Spur von Ar g wohn, der gegen Fee gerichtet war.
    »Warum wolltest du gleich wieder abreisen?«, fragte er und beobachtete aufmer k sam jede ihrer Regungen.
    Sie sah beschämt zu Boden. »Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst. Ich habe mein ganzes Leben auf Burg Rheinfels verbracht, und es war bestimmt nicht immer einfach, das weißt du.« Sie hatte ihm noch vor der Hoc h zeit erzählt, wie ihr Onkel ihre Freundschaft mit Ailis geplant und gesteuert hatte. Und sie hatte auch über ihren Vater gesprochen, der äußerlich hart und unnahbar wir k te, im Inneren aber ein gebrochener Mann war. Ve r schwiegen hatte sie ihm freilich, dass es vor allem das Verhalten dieser beiden gewesen war, das sie bewogen hatte, sein Werben anzunehmen.
    »All die Erinnerungen«, fuhr sie fort, »waren auf e i nen Schlag wieder da, als wir durch das Tor ritten. Es war, als hatt e mir jemand mit einem Strick den Hals z u geschnürt. Ich musste dort weg, verstehst du?« Sie schenkte ihm ein verschämtes Lächeln und einen Auge n aufschlag, der weit mehr als nur Reue verhieß.
    Doch sie hätte ahnen müssen, dass Baan zu schlau war, um sich so leicht übertö l peln zu lassen. »Während der Hochzeitsfeier schien dir die Anwesenheit deiner Familie keine solchen Sorgen zu bereiten.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Dass da noch etwas anderes gewesen sein muss. Ich verstehe nicht, weshalb du dort weg wolltest, ehe du überhaupt irgendwem aus deiner Familie begegnet bist.« Sie sah ihm an, dass er in Gedanken hinzusetzte: Und ich verstehe nicht,

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