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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine verführerisch unnahbare Lady
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Immer so tun, als habe man eine Beleidigung oder einen Fauxpas
nicht bemerkt. Immer so tun, als wäre man nicht verletzt. Immer so tun, als
amüsiere man sich bestens. Immer so tun, als wäre man interessiert. Als bedeute
es einem viel. Als bedeute es einem gar nichts.
    »Herrgott«,
sagte sie leise. »Wann spiele ich eigentlich nicht irgendetwas vor?«
»Charlotte?«
    »Ich
brauche ein Bad«, sagte Charlotte etwas lauter und zerrte an ihrem halb
geöffneten Mieder. Ihre Kleider klebten an ihr. Sie wünschte, sie wäre ein
Junge und könnte sie sich einfach vom Leib reißen und in den nächstbesten See
springen. Wahrscheinlich hätte Mr. Carsington früher genau das getan.
    Wahrscheinlich
tat er es noch immer.
    Sie sah ihn
vor sich: die breiten Schultern und schmalen Hüften, die langen muskulösen
Beine ...
    Lass das,
wies sie sich zurecht.
    Zu spät.
    Eine Welle
schmerzlicher Einsamkeit schlug über ihr zusammen, und ihr folgten Sehnsucht
und Verlangen. Sie sah noch sein Gesicht vor sich, als er begriff, was sie
getan hatte. Wie gern sie laut gelacht hätte! Sie hätte ihm am liebsten die
Zunge herausgestreckt. Sie wollte, dass er sie packte, von der Leiter hob und
in seine Arme schloss.
    Zu viele
Gefühle ... vertraute und verderbliche Empfindungen, von denen sie geglaubt
hatte, sie längst im Keim erstickt und vergessen zu haben.
    Sie musste
fort von hier – fort von ihm, von diesem Haus. Es kostete sie Mühe, sich ihre
Ungeduld nicht anmerken zu lassen.
    »Ich werde
auch gleich so weit sein«, sagte Lizzie.
    »Ich warte
draußen im Wagen auf dich.« Charlotte drehte sich um und ging.
    »Daisy ist
ja gar nicht bei dir!«, rief Lizzie. »Wo ist sie?«
    Erst da
fiel Charlotte auf, dass der Hund ihr nicht gefolgt war. »Sie wird noch in der
Bibliothek sein«, meinte sie und ging weiter.
    »Allein?«,
fragte Lizzie entsetzt. »Mit den kostbaren Büchern?«
    »Aber nein.
Mr. Carsington ist bei ihr.«
    »Er ist
hier? Hier im Haus? Charlotte, würdest du bitte stehen bleiben, damit ich nicht
so schreien muss.«
    Charlotte
blieb nicht stehen. »Keine Sorge«, rief sie zurück. »Er wird Daisy nicht
mit seinen Büchern allein lassen.«
    Sie musste
an seine Worte denken ... von wegen, dass sie den Hund sich auf seinen Büchern
erleichtern ließe. Nur dass er sich keiner so schicklichen Umschreibung bedient
hatte, weswegen sie beinahe hatte kichern müssen, wie sie es immer tat, wenn
ihre kleinen Cousins ungezogene Worte benutzen.
    Oh, was war
er doch durchtrieben ... ebenso wie sie.
    Seine
Miene, als er ihren kleinen Scherz durchschaut hatte ... Sie hielt sich die
Hand vor den Mund und eilte nach draußen.
    Und erst
dann, als niemand sie hören konnte außer der Stute Belinda, begann Lady
Charlotte zu lachen ... und auch ein bisschen zu weinen.
    Zwanzig Minuten später
    Auf der Rückfahrt sah Charlotte
zwischen den Bäumen den Teich von Beechwood hindurchschimmern. Das Wasser tunkelte in
der Sonne.
    In einer
abgeschiedenen Ecke des Sees von Lithby Park gab es einen Steg, von dem ihre
Cousins, wenn sie zu Besuch waren, und seit Kurzem auch die beiden älteren
ihrer kleinen Brüder gern nackt ins Wasser hüpften, was Mädchen natürlich nicht
gestattet war.
    Im Geiste
sah sie Mr. Carsington vor sich, nackt, wie er den Steg hinabrannte und ins
Wasser sprang, so wie ihre Brüder und ihre Cousins, und dabei ebenso wie sie
ausgelassen lachte.
    »Charlotte,
vielleicht solltest du mich fahren lassen«, sagte Lizzie. »Mir scheint, du
bist etwas ... Pass auf!«
    Zwei Stunden später
    Nachdem er eine Weile still vor sich
hingewütet hatte, trug Darius Goodbody auf, in der Bibliothek für Ordnung zu
sorgen. Bei der Vielzahl von Dienstboten, die sich im Haus herumtrieben und ihm
zur Hand gehen könnten, würde sein Kammerdiener das im Nu erledigt haben. Dann
wären wenigstens alle beschäftigt, nun, da Lady Lithby nicht mehr da war, und
kämen nicht auf dumme Gedanken.
    Darius
wusste, dass es auch unter Dienstboten eine Hackordnung gab. Manche
Dienstmädchen wurden ausschließlich mit bestimmten Bereichen des Hauses und
bestimmten Aufgaben betraut. Andererseits durfte nicht einmal das ranghöchste
Zimmermädchen sich erdreisten, im Aufgabenbereich eines ihrer männlichen
Kollegen auch nur einen Staubwedel zu schwingen. Doch damit sollte Goodbody
sich abmühen, der derlei Finessen nicht nur verstand, sondern sie für
unerlässlich hielt. Vielleicht hätte Darius mehr Interesse gezeigt, wenn eines
der Mädchen hübsch gewesen wäre.

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