Loretta Chase
DeLucey. »Aber ziemlich nass sind sie geworden.«
»Herrgott
noch mal, Peter – deine Hand!«, schnauzte sein Vater ihn an.
Peter
reichte ihm seine Hand, und Lord Northwick zog sich mit schmerzlicher
Anstrengung, die er nicht verbergen konnte, empor.
»So, das
ist doch gleich viel besser«, meinte Seine Lordschaft. »Ich komme schon
zurecht.«
Sie gab es
auf. Männer konnten so stur sein. »Gut, wie Sie meinen. Aber Sie sollten beim
Laufen aufpassen«, sagte sie. »Wenn Sie einen scharfen Schmerz ...«
»Suchen Sie
wieder nach gebrochenen Rippen, Mrs. Wingate?«
Sie drehte
sich nach der Stimme um, die so tief und so vertraut war.
Rathbourne
bahnte sich den Weg durch das dichte Gestrüpp. Regen prasselte auf seinen
unbedeckten Kopf und rann ihm den Hals hinab. In seinen Armen trug er Olivia,
geborgen in seinem weiten Umhang.
»Mama«,
jammerte sie herzzerreißend und steckte den Kopf heraus.
Zum ersten
Mal in ihrem Leben sah das Gör tatsächlich schuldbewusst drein. Bathsheba
beschloss sogleich, ihr nicht so schnell zu verzeihen.
»Olivia«,
sagte sie. »Du hast dich ganz schön schmutzig gemacht.«
Dann wandte
sie ihre Aufmerksamkeit wieder Rathbourne zu, der sie mit der Andeutung eines
verständnisvollen Lächelns bedachte. »Lord Northwick ist eben ganz schrecklich
gestürzt«, ließ sie ihn wissen. »Er will nur nicht zugeben, dass er
verletzt ist.«
»Eine
maßlose Übertreibung, absolut lächerlich. Ich bin bloß gestolpert«, beschied
Lord Northwick. »Aber egal. Wir sollten zusehen, dass wir die Kinder
schleunigst ins Haus bekommen.«
Obwohl er
sich weniger geschmeidig als sonst bewegte, schien er doch tatsächlich keinen
ernstlichen Schaden davongetragen zu haben.
Das dachte
sie zumindest, bis sie an den Weg gelangten, der hinauf zum Pförtnerhaus
führte. Statt ihm zu folgen, nahm Seine Lordschaft die Abzweigung, die in die
andere Richtung führte.
»Wusste ich
es doch!«, rief Bathsheba triumphierend. »Sie haben eine Gehirnerschütterung.
Ich wusste, dass Sie diesen Sturz nicht unbeschadet überstehen konnten.«
Northwick
drehte sich um und sah sie an.
»Das
Cottage liegt dort oben auf dem Hügel«, klärte sie ihn auf. »Im Westen,
nicht im Osten.«
»Ich sagte auch ,ins Haus'«, erwiderte er. »Womit
ich Throgmorton House meinte. Und das liegt in dieser Richtung, Mrs. Wingate.
Wenn Sie mir nun bitte folgen wollen.«
Kapitel 18
Ohne
Benedicts und
Bathshebas Einwänden Gehör zu schenken, schickte Lord Northwick seinen Sohn
voraus, um den Earl auf gewisse Gäste vorzubereiten. Dann geleitete er,
würdevoll humpelnd, das durchnässte und vor Kälte schlotternde Grüppchen zum
Familiensitz.
Dort
standen Lord Mandeville und die Damen und sahen mit stoischem Blick zu, wie die
Ankömmlinge durch die prächtige Eingangshalle marschierten, matschige Fußspuren
hinter sich ließen und einen wenig erfreulichen Geruch mit sich brachten.
Benedict wusste, dass es dem Earl, während er Bathsheba und ihre Tochter
liebend gern hochkant hinausgeworfen hätte, nicht im Traum einfiele, Lord
Rathbourne und seinem Neffen dieselbe Behandlung angedeihen zu lassen – ganz
gleich, wie unansehnlich sie aussahen und wie unappetitlich sie rochen.
Lord
Mandeville war ein Gentleman, und er wusste, was sich gehörte, und er würde
tun, was sich gehörte – auch wenn er alldieweil die Zähne zusammenbeißen
musste, bis sie knirschten.
Ein
Gentleman hat zuallererst seine Pflicht zu tun und seine eigenen Wünsche
hintanzustellen.
Folglich
fanden die Besucher alsbald heiße Bäder und Zimmer im Gästeflügel für sich
bereit. Dienstboten schwärmten herein, um ihnen aufzuwarten. Ein Arzt traf ein,
um Olivia und Peregrine zu untersuchen – und auf Bathshebas Beharren hin auch
Northwick. Natürlich widersetzte Seine Lordschaft sich diesem Ansinnen. Aber nachdem
auch seine Gattin und seine Mutter sich auf Bathshebas Seite stellten, sah er
sich zur Einsicht gezwungen, wenngleich er sich nicht willig fügte.
Einige
Stunden später waren alle sauber, trocken, warm und verköstigt.
Eigentlich
konnte er sich nicht beschweren, sagte sich Benedict.
Obwohl er
heute Nacht nicht das Bett mit Bathsheba würde teilen können, hielt er sich an,
nicht enttäuscht zu sein. Schließlich hatte er ohnehin nicht erwartet, sie
jemals wieder in seinen Armen zu halten. Außerdem nahm derweil alles andere
einen glücklicheren Verlauf, als er jemals zu hoffen gewagt hätte. Olivia war
gesund und munter und schien sich nicht den Tod
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