Loretta Chase
Gegend der
nächste Pfandleiher war, aber Mrs. Briggs wusste es bestimmt. Derweil musste
Bathsheba nur noch etwas finden, das sich verpfänden ließe.
Sie fing
an, die Wohnung auseinanderzunehmen, leerte Schränke und Schubladen, zog die
Laken von den Matratzen. Alles, was sich fand, landete in der Mitte des Zimmers
auf den Boden. Gerade als sie ihre wenigen Stücke Besteck einwickelte, klopfte
es an der Tür.
Sie stand
auf, strich sich das Haar aus dem Gesicht, ging zur 'Tür und hoffte inständig,
dass es ein Wachmann wäre, der Büttel oder ein Konstabier, der Olivia im
Schlepptau hätte. Sie machte die Tür auf.
Der Mann,
der im nur spärlich erhellten Hausflur stand, war weder ein Wachmann noch der
Büttel und auch kein Konstabier.
»Mrs.
Wingate«, sagte Lord Rathbourne und sah über alle Maßen gelangweilt aus.
»Mir scheint, dass Ihre Tochter mit meinem Sohn durchgebrannt ist.«
Die
Wohnung war ebenso
in Auflösung begriffen wie Mrs. Wingate.
Die
rabenschwarzen Locken fielen in ihr in die Stirn und hingen ihr den Nacken hinab. Ihr
Gesicht war erhitzt. Auf der Nase hatte sie einen Schmutzstriemen, auf der
Wange noch einen.
Wütend
funkelte sie ihn an.
Am liebsten
hätte Benedict sie sich geschnappt und ihre erboste Miene weggeküsst. Mühsam
holte er seinen Verstand zurück in die Wirklichkeit. Es galt, nicht zu
vergessen, weswegen er gekommen war: Peregrine.
... der
nicht hier war, wie Benedict auf den ersten Blick erkannte, als er sich in dem
Zimmer umsah. Kein gutes Zeichen. Seine Zuversicht schwand merklich dahin.
Alles hatte darauf hingedeutet, dass sein Neffe versuchen würde, Miss Wingate
aufzuhalten – nicht aber, dass er mit ihr gehen würde.
Dennoch:
Benedict hatte fast zwei Wochen lähmender Langeweile erduldet, und es war
schier unmöglich, Bathsheba Wingate anzuschauen, wie sie so wütend und zerzaust
vor ihm stand, und ganz ohne Hoffnung zu sein.
»Entschuldigen
Sie vielmals, dass ich Sie so ohne Vorwarnung überfalle«, sagte er. »Ich
hätte Mrs. Briggs bitten sollen, mich anzukündigen, aber sie hatte gerade
Besuch. Ich war wenig geneigt, in ihrer Stube zu warten und ihre Gäste in
Verlegenheit zu bringen, während sie hinaufginge und sich erkundigte, ob Sie
einen Besucher empfangen würden. So habe ich sie glauben lassen, kurz in der
Wohnung nach dem Rechten schauen zu wollen. Dürfte ich hereinkommen?«
»Ja, warum
nicht?« Mit einer abwinkenden Geste trat Mrs. Wingate beiseite. »Ich
wollte gerade zum Pfandleiher gehen, aber dieses ...« Sie fuhr sich durch
ihre schwarz glänzenden Locken. »Lord Lisle ist auch verschwunden? Zusammen mit
Olivia? Aber die beiden kennen sich doch kaum.«
»Es
scheint, als hätten sie einander recht gut kennengelernt«, meinte er. »Sie
korrespondieren schon seit Wochen heimlich.«
Nachdem er
kurz und bündig von den Entdeckungen des Tages
berichtet hatte, zog er den jüngsten der Briefe, die er gefunden hatte, aus der
Reverstasche seines Rocks und reichte ihn ihr.
Rasch
überflog sie ihn, hielt inne und rang nach Worten, derweil ihr das Blut in die
Wangen stieg. .»Immer dünner und blasser'«, las sie vor. »Da dürfte wohl
ihre rege Fantasie mit ihr durchgegangen sein.«
Das fand
Benedict keineswegs. Wenngleich Mrs. Wingate augenblicklich alles andere als
blass war, wirkte ihr Gesicht tatsächlich dünner, angespannter. Während sie
weiterlas, ließ er seinen Blick tiefer schweifen. Auch schien sie ihm fülliger
gewesen zu sein, als er sie das letzte Mal gesehen hatte ...
Sie geküsst
hatte.
Sie berührt
hatte.
Denk ans
Wetter, schalt er sich.
Flink
faltete sie den Brief zusammen und gab ihn zurück. »Dann hat sie seine Briefe
wahrscheinlich auch irgendwo versteckt«, sagte sie. »Ich wüsste aber
nicht, weshalb wir Zeit darauf verschwenden sollten, sie zu suchen. Viel
wichtiger ist es, sie zu finden – und Lord Lisle, sollte er wirklich bei ihr
sein, was ich bezweifle. Er ist so ein vernünftiger
Junge. Sie hatten ganz recht, als Sie meinten, er würde alles hinterfragen. Ich
kann mir nicht vorstellen, das er nicht auch Olivias Pläne hinterfragt hat. Ich
hätte ihn für verständiger gehalten, als sich zu einem ihrer aberwitzigen
Abenteuer verleiten zu lassen.«
Benedict
ließ den Brief wieder in seiner Rocktasche verschwinden. »Genau das dachte ich
auch«, meinte er. »Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Peregrine sich
ihr angeschlossen hat. Wie Ihnen gewiss aufgefallen ist, erwähnt sie in ihrem
letzten Brief einen Nat
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