Lost Land, Der Aufbruch
offene Wunde.
»Okay, dann mal weiter«, meinte Nix, und sie setzten sich wieder in Bewegung. Es war zwar erst Anfang April, und sie befanden sich auf höher gelegenem Gelände, aber trotzdem brannte die Sonne vom Himmel. Die meisten Wolken waren verschwunden und keiner von ihnen hatte einen Hut.
»Wow«, keuchte Benny und griff erneut nach seiner Feldflasche. »Ich schlag vor, wir warten ein Weilchen und gehen erst weiter, wenn die Sonne nicht mehr direkt über unseren Köpfen steht.«
»Von mir aus«, willigte Nix mürrisch ein, aber dann hellte sich ihre Miene auf, und sie zeigte nach vorn. »Sieh mal! Ãpfel.«
Sie verlieÃen die StraÃe, überquerten ein Feld und gelangten auf eine überwucherte Obstwiese. Nachdem jeder einen Arm voll Ãpfel gesammelt hatte, setzten sie sich und lehnten sich mit dem Rücken an eine von Einschüssen übersäte Mauer. DieSteine waren kühl und die Ãpfel süÃ. In der Nähe stand eine ausgebrannte Farm und dahinter eine Scheune, die einst leuchtend rot gewesen sein musste. Aber in 14 Jahren war aus dem Rot ein Rostton geworden, der an getrocknetes Blut erinnerte. Auf dem Dach saÃen ein paar Krähen, die in der Nachmittagssonne dösten.
Benny und Nix zogen ihre drückend heiÃen Teppichmäntel aus, denn beide waren schweiÃnass. Benny war so erschöpft, dass er beinahe â beinahe! â nicht bemerkt hätte, dass Nix die Kleider am Körper klebten. Er schlug ein paarmal mit dem Kopf leicht gegen die Steinmauer, schloss die Augen und versuchte, bis 50  000  000 zu zählen. SchlieÃlich öffnete er die Augen wieder und beschäftigte sich damit, für sie beide Ãpfel in Stücke zu schneiden. Nach einer Weile zog Nix ihr Tagebuch aus der Tasche und begann zu schreiben.
»Was machst du da?«, fragte Benny, während er ein Stück Apfel kaute.
»Ich erstelle eine Liste.«
»Wovon?«
»Von den Dingen, die passiert sind und die ich nicht verstanden habe.«
»Das wird aber eine lange Liste. Was hast du denn bis jetzt notiert?«
Nix knabberte nachdenklich am Ende ihres Bleistifts. »Also, das mit dem Rhinozeros verstehe ich ja. Zoos und Zirkusse und so weiter. Das ergibt ja noch Sinn ⦠aber was ist mit dem Typ, der an den Laster gefesselt war? Wer war er und warum wurde er an die Zombies verfüttert? Und von wem? Aber vor allem: Warum ist er nicht wieder aufgewacht?«
Benny schüttelte ratlos den Kopf.
»Was hat das zu bedeuten?«, fuhr Nix fort. »Was könnte es bedeuten? Lässt die Seuche oder die Strahlung â oder was auch immer die Ursache ist â langsam nach? Oder entdecken wir gerade erst, dass einige Menschen dagegen immun sind?«
»Meinst du nicht, dass wir das dann schon längst wüssten?«, erwiderte Benny skeptisch.
»Bei 300  000  000 Zombies in Amerika? Wie sollte das jemand wissen, vor allem wenn diese Immunität selten ist?«
»Die Kopfgeldjäger würden es wissen«, beharrte Benny. »Tom wüsste es. Er kommt überall herum, hört alles Mögliche. Wenn das der Fall ist, weià er es.«
»Okay«, sagte sie nachdenklich. »Das sehe ich ein ⦠aber würde das nicht bedeuten, dass die andere Vermutung wahrscheinlicher ist?«
»Dass sich die Toten nicht mehr erheben, weil das, was sie dazu veranlasst hat, allmählich abklingt?« Benny dachte darüber nach. »Das wäre ziemlich erstaunlich.«
»Falls es stimmt â¦Â«, gab Nix zu bedenken. »Und dann ist da noch das groÃe âºRätsel an der Raststätteâ¹. Wo sind Bruder David, Shanti und Sarah? Und all das Zeug, das Tom für unsere Expedition hingeschickt hat?«
»Und die Zombies«, ergänzte Benny. »Tom hat mir erzählt, dass ein Haufen Zombies manchmal irgendeinem beweglichen Ziel hinterherläuft, etwa einer Herde wilder Pferde oder einem Bär. Er nennt es âºSchwarmbildungâ¹. Haben wir das vielleicht letzte Nacht erlebt?«
»Auf gar keinen Fall«, antwortete Nix bestimmt. »Was letzte Nacht passiert ist, war kein Zufall. Es sah aus wie ein geplanter Angriff. Ich glaube, irgendwer hat sie von den Bergen hinuntergetrieben, wie Lilah damals die Zombies aus dem Hungrigen Wald gelockt hat.«
Eine Weile kauten sie schweigend ihre Ãpfel.
»Nix«, setzte Benny dann vorsichtig an, »ich â¦
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