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Lost Land, Der Aufbruch

Lost Land, Der Aufbruch

Titel: Lost Land, Der Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Maberry
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oder schon saß. Oder vielleicht träumte. Die Welt um ihn herum drehte sich so schnell, dass ihm schlecht wurde und er am liebsten laut geschrien hätte.
    Dieser Mann war nicht von Zombies angegriffen worden – man hatte ihn den Zombies zum Fraß vorgeworfen.

»Warum?«
    Das war das vierte Mal, dass Chong diese Frage stellte. Vielleicht auch das fünfte Mal – Benny konnte sich nicht mehr genau erinnern. Chong entfernte sich ständig ein paar Schritte, kehrte dann um und ging wieder weg. Jedes Mal, wenn er zurückkam, verlangte er eine Antwort – als gäbe es eine, die das hier erklären konnte.
    Benny fühlte sich wie betäubt, brachte es aber einfach nicht über sich, wegzuschauen. Irgendetwas tief in seinem Inneren verlangte, dass er stocksteif stehen blieb und sich jeden Zentimeter des toten Mannes einprägte. Dieser innere Drang ließ ihn die Bisse zählen und all das registrieren, das diesem Mann genommen worden war.
    Stopp. In seinem Kopf meldete sich eine Stimme zu Wort, die sich nicht anfühlte wie seine eigene und gegen das Wort »genommen« protestierte. Die kalte Distanziertheit verlangte eine ehrliche Analyse. Belüg dich nicht selbst, mahnte die Stimme. Wenn du dich hinter schwachen Worten vor der Wahrheit versteckst, bist du selbst schwach. Und dann bist du so gut wie tot. Dem Mann war nichts genommen worden. Man hatte Teile von ihm verzehrt. Gegessen.
    Das ist die Wahrheit. Das ist das, was du da siehst. Das ist das, was Zombies tun.
    Als Benny dieser Stimme lauschte, hörte er gleichzeitig ein Geräusch. Ein Schluchzen. Er blinzelte und schaute sich um. Chong war wieder weggegangen und hockte jetzt zusammengekauert am Straßenrand. Er hatte den Kopf in den Armen vergraben und zitterte am ganzen Körper.
    Benny warf dem toten Mann einen letzten Blick zu, wandte sich dann ab und ging hinüber zu Chong – dankbar, dass er einen Grund hatte, wegzusehen. Es würde sich nicht wie Feigheit anfühlen, wenn er sich jetzt um Chong kümmerte, statt den Leichnam anzustarren. Sei stark, flüsterte seine innere Stimme und verstummte dann. Er hockte sich neben Chong und legte ihm den Arm um die Schultern. Er wollte etwas sagen, fand aber keine Worte, die in diesem Moment irgendeinen Sinn ergeben hätten.
    Â»Es … es tut mir leid«, murmelte Chong. Er hob den Kopf und starrte vor sich hin. Sein Gesicht war tränenüberströmt und ihm lief die Nase. »Ich … ich meine, ich kann nicht …«
    Â»Nein«, warf eine leise, raue Stimme ein, und beide drehten sich zu Lilah um, die plötzlich hinter ihnen aufgetaucht war. Der Wind spielte in ihrem schneeweißen Haar und ließ es aussehen wie blasse Rauchfahnen. »Tränen bedeuten nicht, dass man schwach ist.«
    Chong schniefte und wischte sich die Nase an seinem Unterarm ab, sagte aber nichts.
    Lilah kniete sich vor Chong und legte ihren Speer in das staubige Gras. »Benny«, sagte sie.
    Â»Ja?«
    Â»Geh weg.«
    Benny wollte etwas erwidern, verzichtete dann aber darauf. Stattdessen nickte er nur und stand auf. Er hatte keine Ahnung, was Lilah Chong sagen würde, was sie sagen konnte. Mitgefühl, Zärtlichkeit und die meisten anderen menschlichen Gefühle schienen ihr fremd zu sein. Oder irrte er sich?
    Benny nickte kurz und kehrte zu Nix und Tom zurück.
    Â»Tom … weißt du, was passiert ist? Wer das getan hat?«
    Â»Nein«, erklärte Tom, aber irgendetwas in seinem Tonfall veranlasste Nix, ihn prüfend anzusehen.
    Â»Was hast du?«, fragte sie.
    Er zögerte.
    Â»Komm schon, Tom«, beharrte Benny. »Wenn wir zusammen hier draußen unterwegs sind, darfst du uns nicht so behandeln. Du kannst uns vor so einem Anblick nicht beschützen.«
    Â»Darum geht es nicht«, entgegnete Tom bedächtig. »Aber … zuerst musst du mir eine Frage beantworten.«
    Â»Okay.« Benny nickte.
    Â»Letztes Jahr, in jener Nacht, als wir die Kinder vor den Kopfgeldjägern gerettet haben … Wie sicher bist du dir, dass du Rotaugen-Charlie wirklich getötet hast?«
    Es hätte Benny kaum mehr geschockt, wenn Tom ihm einen Schlag ins Gesicht verpasst hätte.
    Â»W…was?«, keuchte er.
    Â»Was willst du damit sagen?«, hakte Nix nach.
    Â»Noch gar nichts. Beantworte meine Frage, Benny.«
    Benny schloss die Augen und die Erinnerung an diese schreckliche Nacht kehrte

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