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Lost Land

Lost Land

Titel: Lost Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Maberry
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dicker Regentropfen klatschte ihm direkt ins Auge.
    Nur in das eine.
    Leise fluchend wischte Benny sich den Tropfen aus dem Auge. Dann wandten Nix und er sich wieder dem Lager zu. DieKopfgeldjäger sammelten inzwischen hastig ihre verstreuten Habseligkeiten ein, lachten und machten unanständige Bemerkungen über Mutter Natur, während sich die Kinder in dem Pferch aneinanderdrängten. Benny beugte sich so weit vor, wie er konnte, ohne dabei die eigene Deckung aufzugeben, aber er musste den nächsten Schritt sorgfältig vorbereiten.
    Am Rand der verängstigten Schar kniete das älteste der Kinder – ein Mädchen von etwa zwölf Jahren, das die Arme um die Schultern der Jüngsten geschlungen hatte. Ihr Gesicht war tränenüberströmt, doch sie sprach tröstend auf die anderen ein, besänftigte sie mit ihrem ruhigen Tonfall. Dann hob sie den Kopf und schaute Benny direkt in die Augen. Da sie kniete, war sie, im Gegensatz zu den anderen, in der Lage, zwischen den Felsen hindurchzublicken – nur sie konnte Benny sehen, der hinter dem rissigen Felsblock kauerte. Ihre Augen weiteten sich und sie öffnete den Mund, um die anderen Kinder zu informieren, doch Benny legte rasch einen Finger auf die Lippen und schüttelte den Kopf.
    Das Mädchen klappte den Mund wieder zu. Dann hob Benny einen Finger und formte mit den Lippen: »Haltet euch bereit!«
    Er sah, wie sich ihr Mund bewegte, während sie ihm die Worte von den Lippen ablas. Sie nickte rasch und dann tat das Mädchen etwas, das es wahrscheinlich nicht mehr für möglich gehalten hatte … nicht in diesem Leben: Es lächelte.
    Im nächsten Moment setzte der Regen ein. Es schien, als öffneten sich die Schleusen des Himmels und ein ganzes Meer ergoss sich auf die Berge.
    Â»Perfekt«, sagte Benny in normaler Lautstärke, aber das spielte keine Rolle mehr. Denn der Regen prasselte so heftig herunter, dass nicht einmal Nix ihn hörte – und sie stand direkt neben ihm.

Benny zog Nix näher an sich und brüllte ihr hastig ins Ohr: »Wir können nicht länger warten! Ich glaube nicht, dass Lilah wiederkommt.«
    Â»Sag doch nicht so was!«
    Â»Okay … aber sie ist nun mal nicht hier und deshalb sind wir jetzt auf uns allein gestellt. Ich hab allerdings eine Idee. Du musst Folgendes tun …«
    Der Regen prasselte heftig und beständig, doch der Himmel über ihnen war noch immer nicht so dunkel, wie Benny es sich gewünscht hätte. Er hatte keine Ahnung, wie lange dieser Platzregen anhalten würde. Falls er nicht andauerte, bis Lilah zurückkam, würde das hier wohl die kürzeste Rettungsaktion aller Zeiten werden.
    Â»Sei vorsichtig!«, bat Nix.
    Â»Und du erst!«, erwiderte er.
    Sie lächelten einander an. Dann zog Benny Nix an sich und sie küssten sich. Obwohl sie dafür eigentlich keine Zeit hatten, nahm Benny sich einfach diese eine Minute. Denn falls dies ihr letzterKuss sein sollte, dann sollte der zumindest in die Geschichte eingehen. Zwar wechselten sie keine Worte und sagten einander nicht »Ich liebe dich«, aber es handelte sich auch nicht um einen Abschiedskuss. Als Benny Nix nach diesem Kuss freigab und sie beide zurücktaumelten, wusste er, dass er verdammt gern weiterleben wollte. Wortlos drehte er sich um und marschierte los.
    Hastig verschwand er im Wald und umrundete das Lager, wobei er ab und zu im Schlamm ausrutschte. Doch das spielte keine Rolle, da jedes Geräusch im Toben des prasselnden Regens unterging.
    Innerhalb weniger Minuten war er vollkommen durchnässt und seine Kleidung und seine Waffen hingen schwer an ihm herunter, aber ein Bild trieb ihn unermüdlich voran: der Anblick der zusammengedrängten Kinder und das hoffnungsvoll lächelnde Gesicht des ältesten Mädchens. Erfüllt von dem Glauben, dass es entgegen allem Anschein doch noch jemanden auf dieser Welt gab, dem es nicht egal war, was mit ihr und den anderen Kindern passierte. Wenn Benny stürzte, half dieses Bild ihm wieder auf die Füße. Wenn seine Lungen brannten, weil er sich durch den Schlamm kämpfen musste, stählte dieses Bild seine Beine und stärkte seine Muskeln. Wenn die Angst ihn zu überwältigen drohte, ließ ihn dieses Bild weitergehen, einen zitternden Schritt nach dem anderen.
    Endlich erreichte er den letzten der Pfade, die zum Lager führten, und hielt abrupt zwischen zwei

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