Lost Land
sich in den Schatten, bewegte sich auf die Rückseite des Zelts zu und kauerte sich dort nieder. Aus dem Inneren drangen weder Licht noch Geräusche. Falls Vin Trang im Zelt hockte, verhielt er sich äuÃerst leise. Benny tastete nach einem Stein im Schlamm und warf ihn behutsam über das Zelt, sodass er auf der anderen Seite der Plane auftraf.
Nichts. Keine Reaktion. Kein Kopf, der herausschaute, um die Ursache des Geräuschs zu überprüfen.
Grinsend setzte Benny sich vorsichtig in Bewegung und hielt sich dabei im Sichtschutz des Zelts. Als er die Zeltklappe erreicht hatte, warf er einen feuchten Stein hinein.
Noch immer keine Reaktion.
Benny holte Luft und schlüpfte hinein. Im Inneren des Zelts war es stockdunkel und er vergeudete kostbare Sekunden damit, nach dem zu tasten, was er suchte. Doch er stieà nur auf Socken,ein zerlesenes Buch und einige Toilettenartikel. Nichts, was er brauchen konnte.
Er musste es riskieren, Licht zu machen.
»Mist«, flüsterte er, während er in seinen Taschen nach seiner Streichholzdose tastete. Er fand sie, schüttelte sie kurz und wischte dann hastig seine Finger an Vins zusammengerolltem Schlafsack trocken. Benny öffnete die Dose, nahm eines der noch verbliebenen drei Streichhölzer heraus, schloss die Augen und holte tief Luft. Dann entzündete er das Streichholz an der Reibfläche. Es flammte sofort auf und das Licht erfüllte das gesamte Zelt. Benny entdeckte zwei Schlafsäcke und jede Menge verstreut herumliegenden Krempel. Auf einem der Schlafsäcke lagen zwei Schrotflinten. Einen Moment glaubte Benny, er würde nicht finden, wonach er suchte â womit sein ganzer Plan zunichte gewesen wäre. Doch dann sah er, dass das dünne Kissen auf einem der Schlafsäcke einen kleinen Lederbeutel verdeckte. Und in dem Beutel wurde er fündig. »Perfekt â¦Â«, murmelte er mit angehaltenem Atem.
»Hey!«
Benny hörte den Schrei und erkannte die Stimme sofort. Joey Duk.
Die Zeltklappen waren geschlossen, sodass Joey ihn nicht gesehen haben konnte, aber der Lichtschein des Streichholzes hatte das ganze Zelt erleuchtet. Von drauÃen waren Rufe und das Patschen von Schritten zu hören, die rasch näher kamen. Benny blieb keine Zeit, um lange nachzudenken â er musste handeln, und zwar sofort! Geistesgegenwärtig lieà er das brennende Streichholz auf einen der Schlafsäcke fallen, warf sich den Beutel über die Schulter und zog sein Messer.
Das brennende Streichholz entzündete die Bettwäsche und das Feuer breitete sich mit erschreckender Geschwindigkeit aus. Eilig schlitzte Benny mit seinem Messer die Rückwand des Zelts auf. Trotz seiner Hast ging er dabei durchdacht vor: Er durchtrennte die Zeltplane am unteren Rand, genau dort, wo die Spannleinen um den Alurahmen griffen. Dann schob er die Plane hoch und glitt hinaus wie eine Schlange. Das Zelttuch fiel wieder zurück, sodass die Rückseite des Zelts unbeschädigt wirkte.
Die Rufe kamen nun aus unmittelbarer Nähe und Benny robbte durch den Schlamm und schob sich über die leicht abschüssige Kante des Plateaus. Dort blieb er stocksteif liegen und versuchte, mit der Landschaft zu verschmelzen â als wäre er nur eine kleine Erhebung auf einem groÃen, feuchten, schlammigen Berg.
Die Rufe wurden immer lauter und er riskierte einen raschen Blick. Das Zelt brannte lichterloh! Vin Trang und Joey Duk starrten auf die Feuersbrunst. Andere Kopfgeldjäger rannten aus allen Richtungen herbei, wobei manche etwas riefen, während andere nur lachten. Niemand gab einen Schuss ab. Niemand schien den Wald oder den Hang abzusuchen.
Vin wandte sich wütend an Joey, schrie ihn laut auf Vietnamesisch an und stieà seinen Freund dann heftig gegen die Brust. Joey taumelte rückwärts, rutschte auf dem Schlamm aus und fiel unsanft auf den Hintern. Die anderen Kopfgeldjäger brachen in schallendes Gelächter aus. Aber offensichtlich war Vin noch nicht zufrieden, denn er stürzte sich fauchend auf Joey, der weiterhin auf dem Boden lag, und schlug wie wild auf ihn ein, während hinter den beiden das Zelt abfackelte.
Das war sogar noch besser, als Benny erhofft hatte: Vin schienzu glauben, dass Joey etwas Brennendes im Zelt zurückgelassen hatte, und prügelte nun auf ihn ein, weil sein gesamtes Hab und Gut in Flammen aufgegangen war.
»Offenbar gibt es doch einen Gott«, murmelte Benny,
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