Lost Land

auch gesehen, dass du sie weggeworfen hast.«
    Â»Tatsächlich?«, fragte er erneut leise.
    Â»Ja, Benny … das habe ich.« Danach sagte Nix nichts mehr, sagte lange Zeit kein einziges Wort mehr. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und sie saßen einfach nur da und warteten darauf, dass der Tag zur Neige ging.

Am späten Nachmittag schob sich eine dichte, graue Wolkenbank vor die Sonne und verdeckte sie vollständig. Die Temperatur sank, doch die hohe Luftfeuchtigkeit sorgte für eine unerträgliche Schwüle. Benny lehnte gegen eine der Kiefern und döste. In seinen Träumen hörte er ein Geräusch, das wie das Tosen des Wasserfalls vor Lilahs Höhle klang. Das Geräusch begann leise und weit entfernt und Bennys Unterbewusstsein verwandelte es in das Rauschen des Wasserfalls – ein perfektes Hintergrundgeräusch für seinen Traum, in dem er durch den Wald irrte, verfolgt von Charlie und dem Hammer, die beide zu Zombies mutiert waren, es aber irgendwie geschafft hatten, ihre Persönlichkeit zu behalten. Sie riefen mit hohntriefenden Stimmen nach ihm, nannten ihn »Kleiner Benny« und drohten damit, ihm schreckliche Dinge anzutun. In seinem Traum rannte Benny so schnell wie der Wind, doch seltsamerweise zog die umliegende Landschaft kaum an ihm vorbei und es schien, als liefe er auf der Stelle. Die zu Zombies mutierten Kopfgeldjäger torkelten hinter ihm her, kamen ihm so nah, dass sie ihn fast packen konnten.
    Das Tosen schwoll beständig an und Benny glaubte, nun dochnoch voranzukommen und sich dem Wasserfall zu nähern. Als er sich aber umschaute, sah er lediglich das Plateau, auf dem die Kopfgeldjäger ihr Lager aufgeschlagen hatten. Etwas streifte ihn. Er drehte sich zur Seite und bemerkte, dass Nix neben ihm lief. Sie schien etwas zu schreien, doch Benny konnte ihre Stimme nicht hören. Das Tosen des Wasserfalls wurde immer lauter und lauter. Und es klang nun auch tiefer, eher wie ein lautes Dröhnen, nicht wie das Plätschern von Wasser.
    Â»Benny!«, rief Nix ihn beim Namen, doch das Wort passte nicht zu den Bewegungen ihrer Lippen.
    Das Tosen war gewaltig.
    Â»BENNY!«
    Ruckartig erkannte Benny, dass Nix’ Stimme nicht von dem Mädchen stammte, das neben ihm lief – und ebenso plötzlich begriff er, dass er träumte und die echte Nix ihn anschrie. Er riss die Augen auf. Das Lager und die Zombies verschwanden. Dagegen war das Dröhnen weiterhin zu hören. Tief und laut und anschwellend.
    Â»Benny!«, schrie Nix.
    Â»Was … was ist denn?«
    Â»Das musst du dir ansehen!« Nix packte seine Hände, zog ihn auf die Beine und zerrte ihn dann aus dem Versteck unter den Bäumen. Allerdings nicht in Richtung Felsvorsprung, mit dem Blick auf das Lager weiter unten, sondern auf den Pfad, der zurück in den Wald führte. Sie rannte nun und ihr Griff war so fest und beharrlich, dass auch Benny rannte.
    Â»Was ist das? Was ist das für ein Geräusch?«
    Â»Du musst es dir ansehen!«
    Sie liefen über den Pfad auf eine Lichtung zu, wo Nix abruptinnehielt und nach oben zeigte. Das hätte sie gar nicht zu tun brauchen, denn Benny sah es bereits. Seine Augen schienen aus den Höhlen zu treten und sein Kiefer klappte herunter, während er auf das dröhnende Ding am Himmel starrte.
    Es war silbern und weiß und hatte riesige Flügel, die es hoch über die Berge trugen. Benny hob die Hand, als könnte er es berühren. Das Ding schien sich langsam zu bewegen, doch das war eine optische Täuschung, da es in großer Höhe schwebte, höher noch als die höchsten der umliegenden Berge, direkt unter der Decke der grauen Gewitterwolken. Eine Stunde später wäre es nicht mehr hell genug gewesen, um es zu sehen. Und wenn es bereits zu blitzen und donnern begonnen hätte, wäre das riesige Ding nicht nur unsichtbar, sondern auch unhörbar gewesen.
    Nun aber standen Benny und Nix da, hielten sich an der Hand und starrten zum Himmel hinauf, während das Ding über ihnen hinwegdröhnte, mit fremdartiger Erhabenheit von einem Ende des Horizonts zum anderen schwebte, von Westen nach Osten, hoch, hoch über dem Leichenland.
    Â»Das versteh ich nicht«, sagte Benny.
    Nix schüttelte nur den Kopf.
    Â»Wo ist es hergekommen?«
    Â»Von Osten.«
    Â»Nein, es bewegt sich doch nach Osten«, widersprach er.
    Aber Nix schüttelte erneut den Kopf. »Es ist