Lost Land
Kopf.
1000 scharfe Knallgeräusche zerrissen die Stille der Nacht und sämtliche Kopfgeldjäger duckten sich und hechteten in Deckung, in dem Glauben, sie wären das Ziel eines bewaffneten Angriffs. Sie wirbelten herum, schossen in alle Richtungen und erfüllten die Luft mit dem lauten Krachen ihrer Schrotflinten und schweren Pistolen, die Feuer und Rauch spuckten. Ein Dutzend Kugeln schlug klaffende Löcher in die blechverkleideten Seiten des Wagens, neben dem Benny kauerte, und als er sich duckte und unter den Wagen rollte, konnte er spüren, wie das Sperrfeuer Holz und Metall aufriss.
Nix zog ihr Messer aus der Brust des Kopfgeldjägers, rannte zum Gatter und kletterte hinüber, um mit erhobener Klinge auf Charlie einzustechen. Doch der groÃe, schwere Mann erwischte sie mitten in der Bewegung: Der Schlag traf sie derart heftig an der Schulter, dass sie das Gleichgewicht verlor. Sie schlug auf dem Boden auf und rutschte noch eineinhalb Meter durch den Schlamm, wobei ihr das Messer aus den Händen flog.
Benny beobachtete das Geschehen aus seinem Versteck heraus und der Anblick seiner am Boden liegenden Freundin zerbrach etwas in ihm. Hastig rollte er unter dem Wagen hervor, rannte um dessen Rückseite herum und umrundete das Lager so schnell er konnte, um Charlie von hinten, aus dem Schatten heraus, anzugreifen.
Die Kopfgeldjäger feuerten noch immer wie wild um sich unddie Bleikügelchen einer Schrotflinte trafen die Flanken eines kräftigen Clydesdale im Gehege. Der riesige Kaltblüter wieherte vor Schmerz, bäumte sich auf und zerrte mit seinem ganzen Gewicht aus 2000 Pfund Muskeln und Knochen an seinem Haltestrick, der daraufhin zerriss wie ein Baumwollfaden. Die wirbelnden Hufe des Tiers trafen ein anderes Pferd und wenig später wieherte die ganze Herde, trat in alle Richtungen aus und riss sich los. Vom Schmerz und dem fortwährenden Krachen der Feuerwerkskörper angetrieben, preschten die Pferde durch das Lager und jagten die Kopfgeldjäger auseinander, die rasch in Deckung gingen. Einer der Männer zögerte zu lange, schwankte unentschlossen hin und her, bis ihm keine Wahl mehr blieb: Die Herde galoppierte über ihn hinweg und zertrampelte ihn im Schlamm.
Benny sah, dass der Hammer den Versuch unternahm, nach ihren Zügeln zu greifen, doch eines der Tiere rammte ihn und schleuderte ihn in Joey Duks brennendes Zelt. Obwohl der Kopfgeldjäger unsanft aufkam, rollte er sich instinktiv aus dem Feuer und schlug brüllend um sich. Schlamm und Regen erstickten die Flammen, doch der Hammer blieb benommen und qualmend auf dem Boden liegen.
In der Zwischenzeit half die Zwölfjährige den anderen Kindern über das Gatter. Sie selbst kletterte als Letzte hinüber und dann rannten sie gemeinsam in den dunklen Wald. Im selben Moment erkannte Benny, dass er sich genau auf dem Pfad befand, den Nix den Kindern gezeigt hatte. Er wollte gerade hinter einen Baum verschwinden, als die gesamte Kinderschar ihn erblickte ⦠und laut aufschrie.
Sofort wirbelte Charlie herum, in der Annahme, dass einer seiner Männer den Kindern den Weg abschnitt. Stattdessen starrteer Benny Imura direkt in die Augen und sah, dass sämtliche seiner 19 Gefangenen an ihm vorbei in die Dunkelheit entflohen.
Rotaugen-Charlies Gesicht verfinsterte sich vor nackter Wut und er hob seine Pistole.
Und Benny Imura hob seine eigene Waffe.
»Der Spaà hört ja gar nicht mehr auf«, knurrte Charlie Matthias.
»BENNY!«, schrie Nix, doch der Hammer stand bereits hinter ihr und schnürte ihr mit stählernem Arm die Kehle zu. Die anderen Kopfgeldjäger lachten â diese üble Nacht schien plötzlich doch noch lustig zu werden.
»Wenn du glaubst, es macht SpaÃ, erschossen zu werden, dann wirst du mit einem Lächeln im Gesicht sterben«, erwiderte Benny.
Charlie lachte. »Den Scherz hätte dein Bruder reiÃen können, Kleiner. Aber er kommt nicht ganz so an, wenn deine Stimme dabei quiekt wie ein abgestochenes Schwein.«
Die Waffe war schwer, doch Benny zwang sich, die Hand ruhig zu halten. Charlie schien unbeeindruckt. Der Regen lieà nach und die letzten Feuerwerkskörper explodierten und verstummten dann. Benny fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und schmeckte Schlamm und AngstschweiÃ.
»Wenn du den Abzug betätigen willst, Grünschnabel, dann tu es, solange du noch den Mumm dazu hast.«
»Keine Sorge, ich
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