Lost on Nairne Island
Nachteilen mit sich. Und dass ich dann stundenlang (drei Stunden und siebenundvierzig Minuten, um genau zu sein) in meiner eigenen Pisse würde sitzen müssen, war wohl so ungefähr das Schlimmste dabei. Mal abgesehen davon, wie peinlich das dann morgen Früh werden würde. Dicks UrgroÃmutter hatte die Federn für dieses Bett wahrscheinlich noch höchstpersönlich ihrer Hausgans ausgerupft. Er würde ausrasten, wenn ich da reinpinkelte. Und er würde mich mit Sicherheit zwingen, für den Rest meines Lebens auf einem wasserdichten Gummilaken zu schlafen. AuÃerdem würde es auch Nathaniel nicht verborgen bleiben. Dann wäre ich für ihn nur noch die spastische Stiefschwester, die ein Problem mit ihrer Inkontinenz hatte.
(b) Ich konnte aus dem Bett steigen und so schnell wie möglich zum Badezimmer rennen. Das hatte wenigstens den Vorteil, dass ich mir keine Mitgliedschaft bei den Anonymen Bettnässern einhandelte. Der Nachteil war offensichtlich. Ich musste den Schutz meines Bettes verlassen und das Risiko eingehen, dass das tote Mädchen mich zu fassen bekam.
Ich schaffte es noch ganze drei Minuten, indem ich die Beine zusammenkniff und eine komplizierte Yogahaltung einnahm, von der ich noch nicht mal gewusst hatte, dass ich sie beherrschte. Als ich es nicht länger aushielt, streckte ich die Hand aus und riss an der Kette meines Nachttischlämpchens. Das Licht ging an und keiner berührte mich. Ich zählte bis drei und schlug die Augen auf. Das Zimmer war leer. Nur auf der Fensterbank saà Mr Stripes noch immer dort, wo ich ihn hingesetzt hatte.
»Hör auf, mich so anzustarren.« Doch ich war echt froh, dass er nicht gehorchte. Er saà einfach weiter da und rührte sich nicht, so wie man das von einem braven, leblosen Stofftier eben erwartete. Mein Atem ging allmählich wieder langsamer. Ich war mir fast hundertprozentig sicher, dass ich allein war. Also sprang ich aus dem Bett (ganz weit, nur für den Fall, dass Evelyns Hände doch noch unter dem Bett hervorschossen und meine FuÃgelenke zu packen versuchten) und tänzelte ins Bad. Hach, was für eine Erleichterung!
Ich trank ein wenig Wasser aus dem Hahn und rieb mir dann mit den nassen Händen über das Gesicht. Es war alles nur ein schlimmer Traum gewesen. Ein total krasser, gruseliger Traum, der einem nahelegte, nach zehn keine Schokolade mehr zu essen. Aber mehr war es auch nicht. Albträume waren etwas völlig Normales. Letztes Jahr haben wir in der Schule in Bio gelernt, dass die Hälfte aller Erwachsenen gelegentlich von Albträumen heimgesucht wird. Die Hälfte! Das war fast schon die Mehrheit. Oder zumindest wäre es die Mehrheit, wenn noch ein paar von den anderen fünfzig Prozent zugeben würden, dass es ihnen genauso ergeht. Ich würde jetzt wieder in mein Zimmer gehen, zurück ins Bett kriechen und einfach einnicken. Und dann würde ich irgendwas total Schönes träumen. Ich hab mal gehört, wenn man sich beim Einschlafen auf etwas ganz fest konzentriert, träumt man auch davon. Ich würde mich also auf schöne Gedanken konzentrieren. Qietschbunte, glückliche Märchenprinzessinnen-Gedanken. Zwitschernde Vögelchen, tanzende Tiere, ein echter Disney-Traum, tralalala.
Ich war schon fast wieder beim Bett angekommen, als ich auf etwas Spitzes trat, das unter meinem Fuà zerbrach und zerbröselte. Scharf sog ich die Luft durch die Zähne ein, warf mich aufs Bett und nahm rasch den Fuà hoch. Ãber meinen FuÃballen lief ein dünnes Blutrinnsal. Ich blickte zu der Stelle am Boden, um herauszufinden, worauf ich getreten war.
Direkt neben dem Bett lag ein kleiner Haufen Muscheln. Und tatsächlich, eine der gröÃeren Muscheln, die rosa und braun gesprenkelt waren, war in drei Teile zerbrochen.
17
W as hast du denn mit den Muscheln gemacht?«
»Willst du mich verarschen? Ist doch egal, was aus den Muscheln geworden ist. Entscheidend ist doch, dass sie überhaupt da lagen. Ich bin mir sicher, dass sie noch nicht da waren, als ich ins Bett gegangen bin. Und nachdem ich diesen gespenstischen Traum vom Meer hatte, lagen sie plötzlich da. Muscheln spazieren nicht einfach so von allein irgendwo rein. Die haben ja noch nicht mal so was wie Beine.«
»Du hast sie aber doch nicht weggeworfen, oder?«, wollte Anita wissen.
Ich kaute auf einem Fingernagel herum. Mittlerweile hatte ich schon ein ganzes
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