Lost on Nairne Island
mich gezwungen mitzukommen.« Ich marschierte mit dem Telefon am Ohr auf und ab.
»Soll ich jetzt etwa Mitleid mit dir haben? Du lebst auf einem krassen Anwesen und hast dazu den schärfsten Typen der Welt bei dir unter einem Dach, und, ach so, ja, du bist auch noch Cheerleader.«
»Ich wollte nie hier leben. In dem Anwesen spukt es, der schärfste Typ der Welt steht auf meine Freundin Nicole, und, ach so, ja, klar bin ich Cheerleader. Denn auf deine Gesellschaft kann ich ja offensichtlich nicht zählen.« Anita wollte noch etwas erwidern, doch ich fiel ihr ins Wort. »Und noch was! Ryan steht nicht auf dich. Da wird nichts draus, der verarscht dich nur.«
Ohne ein weiteres Wort legte Anita auf. Ich stellte mein Handy ab und warf es aufs Bett. Dann brach ich in Tränen aus.
18
W ie wärâs, wenn wir uns âne Pediküre gönnen«, schlug Jenni vor.
»Ich hab keinen Nagellack«, gab ich zu.
Brits Augen weiteten sich, als hätte ich soeben verkündet, dass ich nicht gern Wasser und Essen im Haus hatte. Ich hatte das Gefühl, Brit war eins von diesen Mädchen, die eine ganze Schminkschatulle voller Make-up zu Hause hatten, und zwar die Sorte, bei der sich beim Aufklappen ein ganzes Akkordeon an Fächern vor einem ausbreitete, voll mit Tinkturen und Lotionen und mit einem Gesamtgewicht von mehreren Tonnen. Ich würde sogar wetten, dass Brit ein ganzes Badregal voller Nagellack besaÃ, in jeder Farbschattierung einen, und die albernen Namen konnte sie sicher alle auswendig, wie beispielsweise Tomato Kiss Sunrise oder so.
»Ich könnte nachsehen, ob meine Mom welchen hat«, schlug ich vor, obwohl mich allein die Vorstellung, die FüÃe von jemand anderem berühren zu müssen, ziemlich anwiderte. Ich hatte ja nichts gegen eine gute Pediküre einzuwenden, aber da, wo ich herkomme, ging man dafür in ein Nagelstudio, wo es nur ausgebildetem Fachpersonal erlaubt war, einem die tote Haut von den FüÃen zu schaben. Um so etwas bat man nicht seine besten Freundinnen.
Ich war nicht mehr auf einer Pyjamaparty gewesen, seit ich ein Kind war, und so wie das alles hier bislang lief, würde dies sicher auch meine letzte sein. Brit, Sam, Jenni und Nicole saÃen auf dem Boden in meinem Zimmer, und mir entging nicht, dass ihnen langweilig war. Wenn Anita bei mir übernachtete, gingen uns nie die Gesprächsthemen aus. Wir waren dann immer die ganze Nacht wach und lachten und machten Witze. Aber in dieser Konstellation kam einfach kein einziges anständiges Gespräch zustande. Wenn das so weiterging, würden wir bald schon ganz ähnlichen seltsamen Smalltalk führen, wie man das mit älteren Verwandten immer tat: über das Lieblingsfach in der Schule oder was man mal studieren will. Ich konnte es ihnen ja nicht verdenken, dass sie nicht gern hier waren. Ich wäre schlieÃlich auch gern woanders gewesen, aber da ich nun mal hier wohnte, konnte ich schlecht einfach abhauen. Ich warf einen verstohlenen Blick auf die Uhr. Es war erst zehn, ein bisschen früh, um vorzuschlagen, das Licht auszumachen und uns schlafen zu legen. Ich fragte mich, ob Dick wohl abgesehen von Scrabble noch irgendwelche anderen Brettspiele im Haus hatte.
»Ich weiÃ, was wir machen.« Nicole erhob sich und begann in der Tasche zu wühlen, die sie mitgebracht hatte. Sie zog ein flaches Brett heraus und drehte es um, sodass wir alle sehen konnten, dass es sich um ein Ouija-Brett handelte. Sie wedelte damit in der Luft herum.
»Ich weià nicht recht«, meinte Jenni. »Bin mir echt nicht sicher, ob das eine so gute Idee ist. Ich meine, ausgerechnet hier.« Sie sah zu mir rüber und wurde rot. »Tut mir leid.«
Ich zuckte mit den Schultern. Wie sollte ich denn sauer sein, wo ich doch genau dasselbe dachte? Ausgerechnet hier in diesem Haus mit einem Ouija-Brett herumzuexperimentieren, war ungefähr genau so, als würde man mit einem Flammenwerfer durch einen supertrockenen Wald laufen. Echt kein guter Plan. Da konnten wir später auch gleich noch mit höllisch scharfen Messern jonglieren oder im Fischkostüm mit den Haien schwimmen.
»Jetzt macht euch mal nicht in die Hosen.« Nicole pflanzte sich wieder auf den Boden und legte das Brett genau in unsere Mitte.
»Warte mal kurz. Ich glaube, Jenni hat recht«, sagte ich.
»Und ich glaube, dass es ein Riesenspaà wäre«, beharrte Brit, wobei sie näher an das
Weitere Kostenlose Bücher