Lost on Nairne Island
denken also wirklich, es könnte so sein?« Fast blieb mir das Herz stehen.
»Das habe ich nicht behauptet. Ich habe dich nur gebeten, mir zu sagen, was es für dich bedeuten würde, wenn es so wäre. Manchmal ist es das Beste, sich mit den Dingen direkt auseinanderzusetzen. Sag mir, was es für dich heiÃen würde, wenn man eine psychische Krankheit bei dir diagnostizieren würde.«
»Es würde bedeuten, dass mein Leben vorbei ist.«
»Ist denn das Leben von deinem Vater vorbei?«
»Nein.« Ich sackte im Sessel in mich zusammen und war aus irgendeinem Grund plötzlich schlecht gelaunt.
»Du hast mir doch erzählt, dass dein Vater als Künstler einigermaÃen erfolgreich ist. Sein Zustand ist unter Kontrolle, und das schon â¦Â«, er blickte auf seine Notizen, »seit mindestens dreizehn Jahren. Er hat Freunde, nehme ich an? Ein Sozialleben?«
»Na ja, er ist kein Einsiedler oder so was.«
Dr. Mike erwiderte nichts. Er sah mich einfach nur mit diesem nervigen Lächeln im Gesicht an. Ich schaute zum Fenster raus und ignorierte ihn, doch der Typ war ein echter Profi. Irgendwann gab ich mich geschlagen und brach das Schweigen. »Okay, meinem Dad geht es recht gut, aber Sie können doch unmöglich der Ansicht sein, es wäre okay, verrückt zu sein.«
»Ich will damit nicht sagen, dass es gut wäre, psychisch krank zu sein, aber ich möchte dich bitten, deine Bemerkung, es würde deinem Leben ein Ende setzen, noch einmal zu überdenken.«
Ich lehnte meinen Kopf zurück und blickte zur Decke. »Bei diesem Gespräch krieg ich echt Gehirnkrämpfe.«
»Dann machen wir ja Fortschritte«, meinte Dr. Mike, wobei er für meinen Geschmack viel zu fröhlich klang. »Du sagst, deine Mom macht sich Sorgen, du könntest eine psychische Störung entwickeln, doch was ich gerne wüsste, ist, ob du dich deswegen sorgst.«
Ich zuckte mit den Achseln, meine Schultern fühlten sich verspannt an. Ich schluckte, um nicht in Tränen auszubrechen. Das war wohl das Problem. Es war im Grunde einerlei, was Dick oder meine Mom dachten. Was mich wirklich fertig machte, war die Tatsache, dass ich es selbst nicht abwegig fand, ich könnte eines Tages durchdrehen.
»Du brauchst mir nicht zu antworten. Wir machen einfach einen Schritt nach dem anderen. Ich möchte dich bitten, dich für den Anfang mit deinem Dad in Verbindung zu setzen. Du könntest ihm einen Brief schreiben oder ihn anrufen. Es wäre gut für dich, wenn du mit ihm reden würdest.«
»Worüber denn?«
»Das ist dir überlassen.«
»Ich hab ihm aber nicht wirklich was zu sagen.«
»Vielleicht ist es an der Zeit, dass ihr wieder ins Gespräch kommt. Erkundige dich nach seinem Befinden, frag ihn, wie sein Leben so läuft, wie er mit seiner Erkrankung klarkommt. Und jetzt überlegen wir uns eine Hausaufgabe für dich bis zu unserer nächsten Sitzung.«
»Ich krieg Hausaufgaben auf?« Ãberrascht richtete ich mich auf. »Ich hab doch eh schon mehr als genug um die Ohren mit der Schule. Sind Sie sich sicher, dass es so gut ist, wenn Sie mir noch mehr aufhalsen? Ich könnte durchdrehen. Ich möchte doch meinen, dass das kein gutes Licht auf Sie werfen würde. Könnten Sie denn mit dieser Schuld leben?«
»Ich werde mein Bestes geben. Mach dir keine Gedanken, du musst als Hausaufgabe ja keinen Aufsatz schreiben. Aus deinen Erzählungen über deinen Gesundheitszustand ging hervor, dass du das Gefühl hast, keine Kontrolle zu haben.«
»Tja, stimmt. Wie soll man denn auch seine Gene überlisten? Ist ja fast so, als würde man erzwingen wollen, blaue Augen zu bekommen. Wenn ich diese Erkrankung habe, kann ich nichts dagegen tun.«
»Forschungen haben ergeben, dass Menschen, die Kontrolle über ihr Leben verspüren, glücklicher sind. Ich möchte, dass du einen Aspekt in deinem Leben herausgreifst, bei dem du das Gefühl hast, dass du hilflos zuschauen musstest, wie es passiert. Ich möchte, dass du den Spieà umdrehst und dir die Kontrolle zurückeroberst. Du musstest in letzter Zeit einige erhebliche Veränderungen über dich ergehen lassen; es wird dir guttun, wenn du sie nacheinander angehst und die Kontrolle wiedererlangst.«
»Was denn zum Beispiel?«
»Das kannst du dir aussuchen.«
Ich rieb mir über die Stirn. »Können Sie mir nicht
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