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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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zu warten.
    Also öffnete er erst einmal die falschen Wandschränke und hoffte
darauf, dass Bauer bald die richtige Tür finden würde. Aber der mauerte ebenso.
Parizek drückte sich geschickt um den Schrank, in dem sich nach seiner
Erinnerung die Trinkgläser befanden, und öffnete sogar die Schubladen mit dem
Besteck und dem Backpapier, nur um nicht auf die Gläser zu stoßen. Er war sich
noch nicht einmal zu blöd, wiederholt in die falschen Kästen zu gucken.
    »Da bleibt ja dann nur noch der hier übrig«, sagte er irgendwann und
deutete auf den Hängeschrank.
    Bauer sah ihn verdutzt an. »Habe ich da nicht schon nachgesehen?« Er
schüttelte ungläubig den Kopf und öffnete dann die Tür des Schränkchens. Eine
stattliche Auswahl an Gläsern blinkte ihm entgegen.
    Er lachte auf: »Sie müssen mich für leicht vertrottelt halten,
Parizek. Aber ich bin nicht im Dienst. Und das ist sehr gefährlich, wissen
Sie.«
    Er nahm ein Whiskyglas aus dem Fach und schlurfte damit aus der
Küche. Parizek schloss die Tür des Schrankes. Er mochte weder halb offene
Schubladen noch gähnende Türen.
    »Kommen Sie«, drang es aus dem Flur. Parizek folgte Bauers
Aufforderung und ging mit ihm in den Wintergarten.
    »Setzen Sie sich«, sagte Bauer und schenkte aus der Whiskyflasche
ein, die zwar schon angebrochen war, aber noch einige Gläser hergab. »Ich habe
noch Nachschub, falls uns danach sein sollte.« Er setzte sich Parizek gegenüber
in einen alten, aber sorgfältig restaurierten Ledersessel und goss nun auch
sich ein. Dann hob er die Tasse mit der Aufschrift »Polizist« und streckte sie
Parizek entgegen. Der nahm sein Glas und stieß an.
    »Auf die Polizei«, sagte Bauer.
    Parizek nickte stumm und schüttete den guten Tropfen hinunter. Bauer
nippte nur an der Tasse, goss aber Parizek großzügig nach. Er blickte ihn
unbeteiligt an.
    Das zweite Glas ließ auch er langsamer angehen. Er nippte, leckte
sich mit der Zunge kurz über die schmalen Lippen und begann zu reden.
    »Wie ist die Stimmung in den höheren Etagen?«
    Bauer versteckte sein Gesicht hinter der großen Tasse. Nur seine
grauen Augen blickten wässrig hervor. Er murmelte etwas, was aber nicht bis zu
Parizek durchdrang, dann nahm er die Tasse vom Gesicht und knallte sie laut auf
den antiken Glastisch. Ein Riss brach sich durch die Scheibe und verzweigte
sich dann in drei Arme. Nur einer davon gelangte bis zur anderen Seite, an der
Parizek saß. Er hatte den Lauf des Glassprungs verfolgt und fühlte sich
getroffen.
    »Ach du meine Güte! Das wollte ich nicht. Entschuldigen Sie,
manchmal habe wohl auch ich Temperament. Ich werde eine Tischdecke darüberlegen
müssen, damit meine Frau es nicht merkt. Jetzt müsste ich nur wissen, wo sich
hier im Haus die Tischdecken befinden.« Bauer lachte gezwungen, dann
umklammerte er die Polizeitasse und presste die nächsten Worte durch die Zähne:
    »Die Stimmung könnte besser nicht sein. Die ganze Angelegenheit
könnte unter dem Motto ›Kopf ab!‹ geführt werden. Wenn nicht bald Ergebnisse
auf dem Tisch liegen, werden Köpfe rollen. Sie können sich denken, dass nicht
nur meiner bereits auf dem Hackklotz liegt. Ich weiß nicht, was da tatsächlich
gespielt wird, Parizek. Ich weiß nur, dass man endlich Valentina Fleischhacker
in Handschellen sehen will. Ob sie die drei Frauen, Zirner und den Stricher
tatsächlich ermordet hat, das scheint niemanden ernsthaft zu interessieren. Man
will ihren Kopf. Denn ihr Kopf rettet unzählige andere. Fragen Sie mich nicht,
warum, ich weiß es nicht. Und wenn ich es ahnte, ich wollte es nicht wissen.
Verstehen Sie, Parizek?«
    Parizek leerte sein Glas und goss auf eigene Faust nach. Bauer
registrierte es kommentarlos, leerte seine Tasse und streckte sie ihm hin,
damit er auch ihm nachfüllte.
    »Wenn ich allem, was ich ahne, auf den Grund gehen würde, wäre ich
ein verlorener Mann. Ich ahne, wo hier die Vasen sind, ich ahne auch, wo die
Gläser stehen – und ich habe eine Ahnung, wer meine Frau vögelt, während ich
versuche, ein guter Polizist zu sein.« Bauer nahm einen kräftigen Schluck aus
der Tasse. »Versuchen Sie es zur Abwechslung auch mal, Parizek. Dann bleibt
Ihnen die Dienstaufsicht vielleicht erspart.«
    Das wässrige Grau von Bauers Augen wandelte sich zu Stahl. Parizek
wandte den Blick ab und starrte auf das leere Whiskyglas in seiner Rechten, um
es dann vorsichtig auf dem gesprungenen Glastisch abzusetzen. Er fürchtete, der
Riss könnte sich im Whiskyglas fortpflanzen

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