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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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er.
    »Was?«, fragte Valentina, die ihn wegen der lauten Musik nicht
verstanden hatte.
    »Gethsemane-Garten!«, wiederholte Adler lauter.
    »Ich verstehe nicht. Was heißt das?«
    »Es heißt ursprünglich: ›Alle im Gethsemane-Garten im blutigen
Schweiß.‹ Unser Robespierre hat es aber gestrichen. Vermutlich wussten die
Dramaturgen nicht, was der Gethsemane-Garten bedeutet.«
    »Ach so. Das kann gut sein.« Valentina nickte. Auch sie wusste
nicht, wo sie den Gemüsegarten hinstecken sollte, aber sie verzichtete darauf,
nachzufragen.
    * * *
    Parizek hatte zweimal geklingelt. Das fand er nicht
aufdringlich. Bauer blickte überrascht, als er ihn vor seiner Haustür stehen
sah. Er sei in der Nähe gewesen, behauptete Parizek, und da habe er gedacht, er
sehe mal kurz vorbei. Sogar einen Blumenstrauß für die Frau Gemahlin hatte er
sich in dem kleinen, aber feinen Blumenladen an der Ecke der Auhofstraße noch
binden lassen. Diesbezüglich wusste er, was sich gehörte.
    »Kommen Sie rein«, sagte Bauer und kaute weiter an der Pfeife, die
er sich zwischen die Zähne gesteckt hatte. Mit den Blumen schien er
überfordert. »Meine Frau ist nicht da. Sie ist übers Wochenende zu ihrem Vater
gefahren. Es geht ihm nicht gut. Genauer gesagt, er liegt im Sterben.
Metastasen überall. Wo der Herd lag, will jetzt keiner wissen. Leber oder
Lunge, wen kümmert das am Ende? Wenn eine Zelle mal mutiert, geht es ganz
schnell.«
    »Und ich wette, er hat nie geraucht«, sagte Parizek.
    »Oh doch, wie ein Schlot. Ich glaube, er raucht sogar jetzt noch.
Wozu sollte er es auch sein lassen? Ob ich die Blumen ins Waschbecken lege? Ich
weiß nicht, wo hier die Vasen sind. Ich weiß überhaupt nichts von dem Haushalt.
Ich bin ja nur am Wochenende wirklich hier. Den Rest verbringe ich im Büro oder
bei irgendwelchen Empfängen. Aber wem erzähle ich das? Parizek, ist es nicht
sonderbar? Da rackert man sich ab, um sich so eine Hütte hinzustellen, und dann
findet man keine einfache Blumenvase. Vermutlich könnte ich Ihnen noch nicht
einmal meine Frau vorstellen, weil ich nicht mehr wüsste, ob sie nicht doch die
Haushälterin ist, die dreimal die Woche kommt. Aber sie ist ja nicht hier, das
ist mein Glück, das erspart mir ein mögliches Dilemma.«
    »Sind Sie sich denn sicher, dass sie zu ihrem Vater gefahren ist?«,
fragte Parizek.
    »Oh ja, absolut sicher. Es geht ums Erbe. In solchen Dingen ist auf
meine Frau Verlass. Sie muss jetzt beweisen, dass sie die bessere der beiden
Töchter ist. Der Alte hält sich mit seinem Testament nämlich noch bedeckt. Und
er ist steinreich. Mich interessiert das überhaupt nicht, aber meine Frau kennt
nur Geld. Sie ist eben so aufgewachsen. Sie sehen ja selbst, wie es hier
aussieht. Und ich finde noch nicht einmal eine Vase, weil ich Angst habe, ich
könnte das Kraut aus Versehen in ein Kunstobjekt stopfen.«
    Bauer lachte wieder. Dann ging er mit Parizek in die Küche, öffnete
den Mülleimer und warf die Blumen dort hinein.
    »Nehmen Sie es mir nicht übel. Aber ich mache mir nichts aus
Grünzeug. Meiner Frau hätten Sie damit vermutlich imponiert. Sie haben
sicherlich nicht die billigsten gewählt, immerhin legen Sie selbst auch Wert
auf das Feinste.« Bauers Lippen wurden dünn. »Sie würden vermutlich besser zu
meiner Frau passen als ich.« Er kramte in der Tasche seiner Weste nach
Streichhölzern und zündete die Pfeife an, paffte, bis eine kleine Stichflamme
aus dem dunkelbraunen Pfeifenkopf stach, dann lächelte er zufrieden und wandte
sich wieder an Parizek.
    »Was führt Sie am heiligen Sonntag zu mir?«
    Parizek stand unbeholfen in der Küche und wusste nicht mehr, was er
sich von seinem Besuch hier erhofft hatte. Er hätte sich gerne gesetzt und sich
an einem Glas Alkohol festgehalten. Bauer schien das zu registrieren.
    »Tut mir leid, ich weiß zwar, wo der Whisky steht, aber ich habe
keine Ahnung, wo die Gläser sind. Ich habe nur eine Tasse, auf der ›Polizist‹
steht, daraus trinke ich alles.«
    »Wir könnten ja mal nachsehen?«, sagte Parizek. Ihm war die
Sonntagsstimmung seines Chefs unangenehm. Er fürchtete, Bauer würde ihm gleich
sein ganzes Elend vorplärren oder ihm die Dienstwaffe an die Schläfe drücken,
weil er ein paarmal seine Frau gevögelt hatte. Daher wusste Parizek auch, wo
sich die Gläser befanden. Er hätte Bauer auch sagen können, wo es Vasen gab.
Aber er wäre ein Idiot gewesen, wäre er Bauer auf den Leim gegangen. Der schien
nur auf eine Unachtsamkeit von ihm

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