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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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trug, duckte
sich und lauschte.
    Es war wieder ruhig. Noch drei Autos, dann war sie auf Höhe ihrer
Wohnung. Sie pirschte sich hinter das letzte und lugte hinein. Es war leer.
Dann huschte sie zum nächsten und erschrak. Zwei Personen saßen darin.
    Valentina kauerte am hinteren Kotflügel, ihr Herz pochte laut. Wenn
einer der beiden sie im Rückspiegel gesehen hatte, war sie verloren. Sie konnte
sich höchstens zwischen den parkenden Autos verstecken und mit der nächsten
Straßenbahn der O-Linie flüchten. Aber es wäre ein Leichtes, sie an der
nächsten Station abzugreifen. Vielleicht in Richtung Jacquingasse rennen und
dann über das Seitentor des Botanischen Gartens klettern? Von dort aus könnte
sie hinüber ins Belvedere. Weiter dachte sie nicht.
    Die Tür des Wagens öffnete sich, ein Mann im Trenchcoat stieg aus.
Valentina zwängte sich zwischen die Stoßstangen der parkenden Autos und hielt
den Atem an.
    »Ich liebe dich wirklich, und das weißt du. Ich brauche nur etwas
Zeit«, sagte der Mann ins Wageninnere.
    »Arschloch!«, schrie eine verheulte Frauenstimme, startete den Wagen
und legte einen Kavaliersstart hin, dass die Reifen quietschten. Für einen
Moment reflektierten die Rücklichter des Wagens auf Valentinas Gesicht, dann
war sie wieder nur ein buschähnliches Gebilde zwischen Nebel und Asphalt.
    Der Mann im Trenchcoat sah dem Auto nach, schüttelte dann den Kopf
und steckte sich eine Zigarette an. Der Schein der Flamme ließ Valentina
erkennen, wer er war. Er wohnte mit seiner Frau und drei Kindern einen Stock
über ihr. Sie kannte ihn als freundlichen und zurückhaltenden Nachbarn. Er
meckerte auch nicht, wenn sie mal zu laut Gitarre spielte. Einmal hatte sie
sich sogar im Flur mit ihm über die Musik der Spencer Davis Group unterhalten,
nachdem sie sich lautstark an den Riffs von »Gimme some Lovin’« versucht hatte.
Valentina dachte unwillkürlich an den ersten Hit, den die Band 1965 gelandet
hatte: »Keep on Running«.
    Sie katapultierte sich aus ihrer Kauerhaltung nach oben und schoss
wie ein farbenfroher Pilz aus dem Boden des nebligen Asphalts.
    Der rauchende Mann erschrak.
    »Hallo, Herr Haspel. Lange nicht mehr gesehen. Sie wollten mir doch
mal Ihre alten Platten zeigen.« Valentina hakte sich bei ihm unter, sodass bei
einem Beobachter der Eindruck entstehen würde, ein Pärchen beträte das Haus.
Parizek rechnete sicherlich nicht damit, dass sie in Begleitung ihre Wohnung
aufsuchen würde.
    Haspel lachte erschrocken und irritiert zugleich, wusste offenbar
überhaupt nicht, wie ihm geschah. Vermutlich hingen seine Gedanken noch bei der
Geliebten, die er vor wenigen Augenblicken mit fadenscheinigen
Lippenbekenntnissen zu vertrösten gesucht hatte. Nervös blickte er an der
Hauswand nach oben, vermutlich aus Furcht, seine Frau könnte ihn mit Valentina
Arm in Arm sehen.
    Erst im Türeingang wagte Haspel zu reden. »Natürlich, gerne. In
letzter Zeit habe ich aber viele Überstunden zu machen.« Er suchte im
Trenchcoat nach den Schlüsseln.
    »In einem silbergrauen Toyota?«, rutschte es Valentina heraus.
    Haspel sah sie entgeistert an. »Das, was, äh, was meinen Sie damit?
Das ist eine Kollegin, die mich mitnimmt. Frau Körbel, sie hat denselben Weg«,
rechtfertigte er sich.
    »Nicht ganz. Sie sind schon zu Hause. Frau Körbel muss
weiterfahren.«
    Haspel blickte sie verloren an. »Ja, sie muss weiterfahren. Aber es
geht nicht anders. Eine Scheidung kann ich mir nicht leisten.« Er öffnete die
Haustür und suchte den Lichtschalter.
    »Eine Geliebte ist da günstiger?« Valentina konnte es nicht lassen,
zu bohren.
    Haspel schien den Lichtschalter nicht zu finden. Dafür spürte
Valentina, wie sich zwei Hände um ihren Hals legten und zuzudrücken begannen.
Erschrocken über den unerwarteten Angriff fuchtelte sie mit den Armen, dann
ließ sie sich mit ihrem Gewicht nach hinten fallen, um so Haspels Griff zu
entkommen. Dieser hatte sich mit seinen Fingern festgeschraubt und stolperte
mit Valentina zu Boden. Dabei prallte er mit dem rechten Knie auf den
Steinboden und schrie laut auf. Valentina nutzte den Moment und jagte Haspel
ihre gestreckten Fingerspitzen unter die Achselhöhlen, dass er abermals aufschrie
und sie losließ. Sie stieß ihn von sich und sprang auf die Füße.
    Eine Tür im oberen Stockwerk öffnete sich, das Licht wurde
angeschaltet. Valentina wusste, dass es ihre Etage war. Da sie nebenan kein
Licht im Fenster gesehen hatte, vermutete sie, dass es die Schnüffler

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