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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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können, wenn er anstelle des Gymnastikballs gewesen wäre. Nicola war
bereit, ihrer Lustphantasie nachzugeben. Sie wollte sie nicht verdrängen.
Schuldgefühle kannte sie im Kontext der Libido nicht. Gut, vielleicht hatte sie
einen kleinen ödipalen Komplex, schließlich war Adler achtzehn Jahre älter,
hätte also durchaus ihr Vater sein können.
    Sie rollte den Ball beiseite und legte sich mit dem Rücken aufs
Parkett. Dann begann sie rhythmisch ihr Kreuzbein gegen das Holz zu klopfen.
Erst vorsichtig, dann stärker, bis es fast schmerzte. Sie stieß einen spitzen
Schrei aus, dann wurden ihre Beckenbewegungen kleiner und schwangen irgendwann
nur noch unsichtbar, innerlich, gegen das Parkett. Ein wohliger, heißer Strom
breitete sich vom Sakralgelenk über den Rücken aus und strahlte in den gesamten
Körper.
    Das Telefon unterbrach ihre Exerzitien. Sie hätte es klingeln lassen
können, aber sie hoffte, dass Adler ihre Mail gelesen hatte und sie nun
zurückrief. Sie sprang auf und eilte ans Handy.
    Ein fieses, gutturales Stöhnen drang an Nicolas Ohr. »Ich weiß, dass
du es brauchst, und ich bin der Richtige für dich. Komm, sag mir, dass du
meinen Schwanz willst –«
    »Ich häng dir die Eier an Starkstrom, damit du überhaupt einen
hochkriegst, du mieser Wichser!«, brüllte Nicola ins Telefon und drückte das
Ekel weg.
    »Ich wette hundert zu eins, das war der fette Stefan. Wie ich diesen
Typen hasse«, sagte sie in den Spiegel und musterte dabei ihren Körper. »Warum
muss mich dieser debile Chipsfresser anrufen, warum kann es nicht Adler sein?
Warum? Kannst du mir das sagen?«
    Sie betrachtete sich lauernd. Ihr Spiegelbild tat es ihr gleich.
    »Gute Idee. Sehr gute Idee.« Sie wähle eine gespeicherte Nummer und
hoffte, dass er dranging. Aber es meldete sich nur die Mailbox.
    »Vielbeschäftigtes Arschloch!« Nicola feuerte das Handy auf das mit
Kissen überfüllte Sofa. Die bioenergetische Entspannung war dahin.
    * * *
    Valentina wollte nicht in die Porzellangasse, sie musste allein
sein. Aber wo sollte sie hin? Sie konnte in die »Cortez Bar« am Naschmarkt
fahren, dort hatte sie Kredit. An einem der hinteren Tische würde sie auch
halbwegs versteckt sitzen und nachdenken können. Ali würde sie in Ruhe lassen.
Er spürte, wenn man nicht reden wollte.
    Ein dunkelblauer Alfa Romeo fuhr an ihr vorbei, auf dem
Nummernschild konnte sie »Roma« lesen. Alle Wege führten nach Rom. Zufall? Oder
gestreut? Valentina musste aufpassen, dass sie nicht überall Zeichen sah. Sie
hatte eine dunkle Ahnung, dass sie Teil eines Spiels geworden war, aus dem sie
nicht mehr entkommen konnte.
    Mittlerweile war sie sich fast sicher, dass es nicht Zirner gewesen
war, der den Rucksack mit dem Geocaching-Werkzeug zurechtgelegt hatte. Es war
ein Köder für sie gewesen, den sie geschluckt hatte. Was hätte Zirner schon mit
dem Zigarrenrauch und der Gitarre anfangen können? Nichts. Sie aber konnte sehr
viel damit anfangen. Es waren das Lied ihrer Mutter und die Gitarre von Don
Bernardo gewesen; die Familie sollte hier beschworen werden. Aber warum? Don
Bernardo war längst gestorben. Ein Autounfall hatte ihn vor achtzehn Jahren von
der Floridsdorfer Brücke in die Donau katapultiert.
    Valentina war damals mit der Schule auf Stadtreise gewesen.
Ausgerechnet in Rom. Es hatte sie genervt, dass die Lateinlehrerin, Frau
Mikulik, sie zur persönlichen Dolmetscherin erkoren hatte, während die anderen
mit den Jungs knutschen konnten. Und dann kam der Anruf ihrer Mutter. Die
Nachricht von Don Bernardos Tod erhielt sie auf dem Petersplatz, danach hatte
sie auf der ganzen Reise kein Wort mehr gesprochen. Frau Mikulik musste ohne
Dolmetscherin auskommen.
    Valentina schauderte. Sie war nur fünf Schritte von einem Geist
entfernt gewesen. Oder von jemandem, der ihr einreden wollte, dass er der Geist
Don Bernardos sei. Aber wozu? Was hatte Don Bernardo mit dem Fundort des
letzten Frauenkopfes zu tun?
    Valentina fuhr die Linke Wienzeile entlang zum »Cortez« vor. Es war
gewagt. Gleich um die Ecke lag die Stiegengasse, in der sich Zirners Wohnung
befand. Plötzlich war ihr das »Cortez« zu heiß. Man ging nicht in Stammlokale,
wenn man auf der Flucht war. Dort würden sie zuerst Posten aufstellen.
    Einige Meter weiter lag der »Goldene Spiegel«, nur wenige Schritte
von Zirners Wohnung entfernt. In dem einschlägigen Schwulenlokal würde sie
sicherlich niemand vermuten.
    Ein paar Jungs lehnten vor der Eingangstür an der Wand und

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