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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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sein, dass es tatsächlich
die Mafia war, die dieses perfide Spiel mit ihr trieb. Vielleicht war es auch
nur ein Psychopath, der sich den Mantel der Mafia überstreifte, um so seine
theatralische Perversion auszuleben. Ihr schienen all die italienischen
Puzzleteile zu offensichtlich und klischeehaft, als hätte jemand zu viele
Bücher von Mario Puzo gelesen. Und trotzdem bekam sie es mit der Angst zu tun.
Sie wurde beobachtet. Wie sonst hätte diese Mail gerade jetzt an sie gelangen
können? In der fremden Wohnung eines Toten?
    Sie schrie laut und hielt sich sogleich die Hand vor den Mund. Dann
schluckte sie Angst und Wut hinunter. Wenn er es wirklich war? Durch den
Hochzeitsschleier hatte er den Zusammenhang zu ihrer Mutter hergestellt. Aber
auch zu ihrem unbekannten Vater. Wer war ihr Vater? Vielleicht sogar Il Cervello
selbst?
    Nein, Blödsinn. So konstruierte man nur Trash-Geschichten. Il Cervello
war jünger, viel jünger. Man schätzte ihn auf Ende vierzig und vermutete, dass
er als seriöser Jurist unauffällig seiner Arbeit nachging. Womöglich war er
sogar ein Staatsanwalt, der Höchststrafen für Mitglieder der ehrenwerten
Familie forderte und in politischen Kreisen als loyaler Berater fungierte.
    Aber vielleicht war er auch nur ein Hirngespinst, eine Legende, die
sich die Medien gebastelt hatten, um dem Mythos Mafia eine neue und höhere
Auflage zu bescheren. Eine Zeit lang war auch die Idee kursiert, dass nicht nur
eine Person hinter dem Begriff »Cervello« stand, sondern eine ganze Gruppe;
schließlich unterteilten die Neurologen das Hirn auch in mehrere Segmente.
    Doch es war müßig, darüber zu spekulieren. Irgendein Verrückter, der
sie auf eine Hetzjagd geschickt hatte, gab sich für das Hirn der Mafia aus und
wollte sie als deren Herz gewinnen. Aber worin lag der Zusammenhang mit den
getöteten Frauen? Wenn Buraks Informationen stimmten, hatten sie ebenfalls für
die Mafia gearbeitet. Warum hatten sie sterben müssen? Und warum auf diese Art?
Der abgetrennte Kopf als Zeichen der Loslösung von Hirn und Herz?
    »Aber ohne Herz ist ein Organismus nichts wert, er wird seelenlos.
Du kannst ihm das Herz geben, sei du unser ›Il Cuore‹«, wiederholte sie die
letzten Zeilen der Mail.
    Valentina begann am ganzen Leib zu zittern. Sie musste hier raus.
    * * *
    Alberto musste nun vorsichtiger sein. Nachdem Valentina ihn im
Taxi mitgenommen hatte, würde sie sein Gesicht wiedererkennen. Eigentlich hätte
er den Vorfall melden müssen, aber dann hätte man ihn abgezogen; das wollte er
nicht. Er wusste, dass es unprofessionell gewesen war, aber er fühlte sich für
Valentinas Wohl persönlich verantwortlich. Wenigstens so lange, bis der Befehl
einging, sie zu töten.
    Sein Handy brummte; es war Parizek. Alberto nahm den Anruf entgegen,
beobachtete aber weiterhin von seinem Posten aus den Hauseingang Grubers.
    »Sie ist in Simmering, Geiselbergstraße. Ich muss auflegen. Sie
kommt raus.«
    Alberto steckte das Handy ein und sah, wie Valentina sich auf ihr
Fahrrad schwang und davonfuhr. Er stieg ebenfalls auf ein Fahrrad, ein
Bianchi-Rennrad. Die Kluft, die er trug, war ihm erst übertrieben erschienen,
aber sie war eine glaubwürdige Tarnung. Mit dem Helm und der Sonnenbrille würde
ihn Valentina nicht gleich erkennen; die Radlerhose nebst Schuhen und rosa
Trikot ließen ihn während der Fahrt vom Giro d’Italia träumen.
    Valentina fuhr langsam, das war ihm recht. Auf der Hinfahrt hatte
sie kräftiger in die Pedale getreten, und Alberto hatte erkennen müssen, dass
er nicht mehr so gut in Form war, wie er sich gerne einredete. Er hatte zwar
noch keinen Bauch wie viele andere, die die vierzig bereits überschritten
hatten, aber konditionell war er weit von seiner Bestform entfernt. Er war sehr
gut über die kurze Distanz. Die Aktion über die Mauer im Hinterhof des
»Goldenen Spiegel« war ein Kinderspiel gewesen; hätte er Valentina aber länger
hinterherrennen müssen, sie hätte ihn wohl abgehängt.
    Die Ampel vor dem Zentralfriedhof begann zu blinken. Valentina würde
es noch hinüberschaffen, er nicht.
    Alberto trat in die Pedale. Er wusste, dass jede Ampelphase eine
Zeit besaß, in der beide Richtungen auf Rot standen. Die würde er erwischen. Er
schaltete langsam hoch, jagte über die Straße und riss die Arme hoch, nachdem
er die Straße überquert hatte, als hätte er ein Zeitfahren gewonnen.
    Doch statt der jubelnden Fans am Straßenrand hörte Alberto die
Sirene einer Polizeistreife. Er blickte

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