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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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alles zu erzählen. Die Sache mit dem Schleier, Stefans
Selbstmord, die faulen Witze der Kommilitonen. Mitleid hatte sie gewollt. Und
auch Hilfe. Vielleicht konnte sich daraus ja mehr entwickeln. Aber hatte sie
sich tatsächlich eingebildet, er würde kommen, um sie auf dem Küchentisch
flachzulegen? Ja, das hatte sie. Mindestens unbewusst, wenn nicht sogar
vorbewusst. Ach Schmarrn! Bewusst! Am liebsten hätte sie ihm jetzt die Tasse
aus den Händen gerissen und ihn angebrüllt: »Fick mich endlich!« Aber
stattdessen hörte sie wieder nur wie von ferne seine Worte:
    »Pfefferminztee schmeckt auch kalt ausgezeichnet.«
    Wie unter Hypnose stand sie auf und verließ die Küche in Richtung
Salon, wo das Sofa stand, auf dem sie von Stefan wie Schneewittchen im Sarg
drapiert worden war. Es widerstrebte ihr, sich dorthin zu legen.
    »Können wir nicht ins Bett, ich meine: Kann ich mich nicht auf mein
Bett legen? Das Sofa erinnert mich zu sehr an gestern.«
    »Wie Sie wollen. Aber ich glaube, dass das Sofa auch eine Chance zur
Retraumatisierung bietet.«
    »Ich dachte, man geht heute von Retraumatisierung ab?«
    »Nicht generell. Nur in Händen von laienhaften Systemaufstellern ist
es eine Gefahr. In professioneller Obhut ist es noch immer eine adäquate
Möglichkeit, sich den eigenen Ängsten zu stellen.«
    »Wie Sie meinen. Nehmen wir das Sofa.«
    Nicola legte sich so hin, wie sie die Nacht zuvor von Valentina
gefunden worden war.
    Adler setzte sich so auf einen Stuhl ans Kopfende, dass Nicola ihn
nicht sehen konnte. Aber sie roch sein dezent aufgetragenes Rasierwasser und
inhalierte es mit tiefen Atemzügen, als würde sie Adler in sich aufsaugen.
    »Wollen wir mit einer Muskelrelaxation beginnen?«, fragte Adler
sanft, und sein Timbre summte wie ein Schwarm übermütiger Bienen auf ihrem
ersten Frühlingsausflug.
    Nicola seufzte, schloss die Augen und hauchte ein gutturales »Ja«.
    Sie spürte, wie Adler ihr die Hand zwischen Bauchnabel und Schambein
legte. Die Hitze, die von seiner Hand durch den Stoff ihrer Bluse drang, wollte
Nicola verbrennen. Sofort reagierte ihr Körper und jagte den Atem in die
Bauchzone.
    »Das ist gut. Sehr gut. Lassen Sie es zu. Entspannen Sie sich«,
sagte Adler.
    Zulassen? Am liebsten hätte sie Adlers Hand gepackt und sie zwischen
ihre Schenkel gedrückt. Sollte sie wirklich zulassen? Ihr Becken begann zu
zittern; die sexuelle Energie, die sich in ihr staute, drohte sich zu entladen.
    Adlers Hand glitt einige Zentimeter tiefer. Nicola hoffte, er würde
es tun. Sie bog sich ins Hohlkreuz, Adlers Hand stoppte, Nicola stieß einen
zornigen Schrei der Ungeduld aus. Adler schien sich nicht daran zu stören und
ließ seine Hand in der Position verharren, die sie erreicht hatte.
    »Spannen Sie die Gesäßmuskulatur an. So fest Sie können«, befahl er.
Nicola gehorchte und spannte die Muskeln an, bis ihr Hintern vor Schmerz
kitzelte.
    »Und loslassen.«
    Nicola spannte weiter an. Sie konnte nicht loslassen, wollte nicht
entspannen. Sie spannte und spannte und bibberte vor Angst, dass sie beim
Loslassen in der Unendlichkeit versinken würde.
    »Lassen Sie los! Trauen Sie sich und lassen Sie los. Sie können
das.«
    Adlers Stimme massierte Nicolas Seele, und ihr Atem wurde noch
schneller. Sie hielt die Spannung im Gesäß nicht mehr aus, ließ los und schrie.
Dann bäumte sie sich auf und begann ihre Eltern zu beschimpfen. Sie zeterte
über die finanzielle Abhängigkeit, in die sie gepresst war, den Käfig der
Konventionen, die Rituale des guten Tons und der Etikette. Nicola fluchte,
schimpfte, forderte und klagte an. Der Schweiß tropfte ihr von der Stirn, sie
biss sich die Lippen blutig, endlich schrie sie: »Nimm mich doch endlich!«,
sprang vom Sofa und stürzte sich auf Adler.
    Er war gewappnet und wich ihrem Ansturm mit der Flinkheit eines
Aikidokämpfers aus, packte sie an den Armen, wirbelte sie einmal durch den
Raum, dann stieß er sie mit den Fingerkuppen der rechten Hand so an, dass
Nicola rückwärts taumelte und wieder auf dem Sofa landete. Mit einem Satz war
er bei ihr und brachte sie wieder in Liegeposition.
    Nicola blieb liegen und begann zu schluchzen.
    »Gut, sehr gut, Nicola. Und jetzt arbeiten wir lösungsorientiert,
einverstanden?«
    Nicola konnte nichts sagen, sie nickte nur und schämte sich.
Gleichzeitig spürte sie aber auch eine Befreiung.
    »Keine Scham, keine Scham«, beruhigte sie Adler. »Es sind Gefühle,
die eine Berechtigung haben. Lassen Sie sie zu, gehen Sie mit

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